Aktien aus dem Baubereich sind nicht eben das, was Investoren als «sexy» bezeichnen. Die Branche umgibt ein Dunst von Staub, Lärm und Arbeiterschweiss. Auch bei der Performance war lange Zeit Stillstand. Doch noch immer sind die Aktien der Baufirmen und der Bauzulieferer Spitzenreiter an der SWX Swiss Exchange: 27% hat der Sektorenindex in diesem Jahr zugelegt. Der SPI dagegen kam nicht vom Fleck. Das Phänomen beschränkt sich nicht nur auf die Schweiz: Der Dow-Jones-Stoxx-Bauindex verzeichnete in diesem Jahr ein Plus von etwa 15%. Aktien wie die der französischen Baugiganten Vinci und Bouygues konnten nach den Semesterabschlüssen schöne Avancen verbuchen.

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Boom bei den Small Caps

Warum die Hausse? In den letzten eineinhalb Jahren bestand rege Nachfrage nach unterbewerteten Small und Mid Caps, und darunter befanden sich auch viele Titel aus der Baubranche. Eine weitere Erklärung: Baufirmen sind im konjunktursensitiven Hoch- und Tiefbau tätig. Deshalb nehmen die Titel den Aufschwung oft vorweg. Die Holcim-Aktie etwa hat sich seit Anfang 2003 verdoppelt: Seit dem Zeitpunkt also, als erste Konjunkturknospen zu wachsen begannen. Der Bauindex legte bereits im Jahr 1999 nach einem zweijährigen wirtschaftlichen Zwischentief etwa 50% zu. Ein Performancetreiber der Firmen waren aber auch die Auslandgeschäfte, speziell in den Emerging Markets, die überproportional vom Aufschwung profitieren.

Um die gute Performance der Bausektoraktien zu erklären, muss allerdings eine Dreiteilung vorgenommen werden. Da ist zum einen das Indexschwergewicht Holcim, der drittbeste Performer des SMI in diesem Jahr. «Das Zementgeschäft läuft extrem gut, vor allem in Nordamerika und in den Schwellenländern. Holcim hat enorme Effizienzsteigerungen vollbracht», sagt Christian Arnold, Analyst bei der Bank Vontobel.

Tatsächlich profitierten Firmen wie Holcim, der zweitgrösste Zementhersteller, und sein grösserer Konkurrent Lafarge vom Wirtschaftswachstum in den USA, dessen Auswirkungen, so die Hoffnungen der Anleger, nächstes Jahr auch auf Europa überschwappen müssten. Holcim, die in über 70 Ländern aktiv ist, und die irische Baumaterialiengruppe CRH gaben einen überaus guten Ausblick auf das zweite Halbjahr und 2005. Zusätzlich verlockend scheint die Tatsache, dass sich der Holcim-Kurs noch immer 40% unter dem Spitzenwert von Mitte 2000 befindet.

Die zweite Gruppe der Outperformer sind die Bauzulieferer im Small- und Mid-Cap-Bereich. Sie profitierten nicht nur vom ökonomischen Aufschwung. Der Kurszuwachs erklärt sich auch dadurch, dass viele der Firmen in Nischenmärkten eine fast markt-dominierende Stellung einnehmen, wie zum Beispiel der Sanitärtechniker Geberit. Mitte der 90er Jahre noch unter einem enormen Schuldenberg leidend, wurde die Firma 1999 an die Börse gebracht. Das Unternehmen gehört heute zu den Preisgestaltern in seinen Geschäftsbereichen. Nach drei kleineren Übernahmen setzte Geberit im Dezember mit der Akquisition der deutschen Mapress zum grossen Wurf an. Der 577 Mio Fr. teure Kauf erhöht den Umsatz um einen Viertel.

Für Arnold von der Bank Vontobel ist klar: «Geberit ist ein Anwärter für den SMI im nächsten Jahr. Wie bei Holcim ist das Kurspotenzial noch nicht ausgereizt.» Dasselbe gelte auch für die in der Bauchemie tätige Sika. Das Unternehmen ist in fast so vielen Ländern wie Holcim tätig, regionale Konjunkturschwächen können durch die globale Präsenz besser ausgeglichen werden. Die Wachstumskadenz kann laut Konzernleitung in diesem Jahr beibehalten werden.

Es plagen Preisdruck und Überkapazitäten

Etwas anders sieht die Situation in der dritten Gruppe der Baubranche aus: Die Bauunternehmen Zschokke und Batigroup lieferten etwas solidere Halbjahresresultate als in der Vorjahresperiode und haben auch besser rentiert als der SPI in diesem Jahr. Und doch liegen sie mit ihrer Performance deutlich hinter den meisten Bauzulieferern zurück.

Der Grund: Die Branche kämpft mit den alten strukturellen Problemen wie Überkapazitäten und Preisdruck. «Es gibt fast keine Eintrittsschwelle in die Branche», sagt ein Betroffener aus der Branche und klagt über die etwa 600 Neugründungen in der Schweizer Baubranche im letzten Jahr. Eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht. Damit nicht genug: Die Branchenvereinbarung über die Frühpensionierung der Angestellten führte zu einem Kostenschub. Bei der Basler Batigroup machte dieser Posten im ersten Halbjahr 3,4 Mio Fr. aus.

Bauaktien? Fondsmanager sind geteilter Meinung

Auf Grund dieser Situation darf man von Bauunternehmen in den kommenden Jahren weder Umsatz- noch Kursexplosionen erwarten. Die Reise der Aktien geht eher in Richtung Value-Stock mit regelmässigen Dividendenzahlungen. Zschokke ist aus diesem Grund auch in einigen Small- und Mid-Cap-Fonds mit Valueansatz vertreten, so zum Beispiel im Saraselect-Fonds der Bank Sarasin.

Es gibt indes Fondsmanager, welche die Finger von der Baubranche lassen. Für Philipp Baumgartner von der Swiss Small Cap Invest gibt es bei einigen Unternehmen in der Baubranche viele dominante Einzelaktionäre. Viele Titel seien auch bereits zu stark gestiegen. Sein Fazit: «Wir sehen keine Story in der Baubranche.» In der Tat könnten einige Aktien den Zenith schon überschritten haben. Weitere Gefahren sind die anhaltend hohen Rohstoffkosten, insbesondere die Stahlpreise. Sie sind noch nicht quantifizierbar, könnten aber gegen Ende Jahr noch einiges Bauchgrimmen bereiten. Und was die Konjunkturaussichten für das nächste Jahr betrifft, sind die Meinungen längst nicht gemacht.

Bewertung von Bauunternehmen und Bauzulieferern

KGV 2004E KBV 2004E Performance Dividenden-

12 Monate rendite

(in %) 2004E (in %)

Holcim 17 2.0 21 1.6

Geberit 19 4.5 94 2.4

Forbo 0.8 28

Zehnder 8 1.7 43 4.3

Arbonia 10 1.1 69 3.2

Zschokke 8 0.9 24 3.8

Batigroup 8 0.6 19 3.0

Gétaz Romang 14 0.6 23 2.4

Sika 14 2.0 53 2.2

KGV = Kurs/Gewinn-Verhältnis, KBV = Kurs/Buchwert-Verhältnis,

E = geschätzt

Quelle: Diverse Banken

Daniel Hügli
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