Bollywood gilt als Goldgrube. Die grösste Filmindustrie der Welt hat Hunderte von Millionen treue Fans, die die neuesten Schmachtfetzen aus den indischen Studios gierig verschlingen. Doch die Kinokassen klingeln vergleichsweise leise, die Branchengewinne sind mässig. Denn das filmverrückte Milliarden-Volk ist mit Kinos drastisch unterversorgt.

Nach Erhebungen des Filmvertriebs UFO Moviez kommen auf eine Million Inder nur acht Kinos. Zum Vergleich: In den USA sind es 120, im noch bevölkerungsreicheren China immerhin 30. Viele Inder können sich Filme nur als Raubkopien anschauen. Damit entgehen der Branche schätzungsweise etwa 30 Prozent an Umsatz. Auch mit DVD-Verkäufen verdienen die Produktionsfirmen wenig.

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Massive Investitionen in drahtlose Netze

Ihre Hoffnungen ruhen daher auf dem Siegeszug der Smartphones und auf der neuen Mobilfunktechnik (4G). In dem Schwellenland wird massiv in drahtlose Netze investiert. In diesem Jahr sollen weitere Millionen Menschen Zugang zu günstigem und schnellem mobilen Internet erhalten.

Sie alle erhöhen für Bollywood das Potenzial zahlender Kunden. Sie sollen sich die - häufig mit Gesangs- und Tanzeinlagen garnierten - Streifen über ihre Smartphones anschauen und dafür einen kleinen Obolus entrichten. «Selbst wenn wir nur einen geringen Teil der Leute dazu bringen, mit Hilfe ihrer Handys zu zahlen, wäre das ein Markt, der grösser werden könnte als das Geschäft an den Kinokassen», sagt Manager Girish Johar von der Firma Essel Vision Production, die zum indischen Medienriesen Zee Entertainment Enterprises gehört.

Bereits jetzt schauen sich sieben von zehn Indern wenigstens einmal im Monat einen Film online an. Sehr gefragt seien auch Filmclips und einzelne Musikstücke aus den Kinostreifen, sagt Youtube-Manager Gautam Anand.

Geschäft mit digitalen Anzeigen wächst rasant

Die grosse Frage ist nun: Wie bringen die Produzenten die Inder dazu, fürs Anschauen auch Geld auszugeben. Ihre Hoffnung ist, die Inhalte so günstig anbieten zu können, dass Piraterie überflüssig wird. Aber das wird nicht einfach. «In den USA zahlt jeder für Inhalte, aber in Indien sitzt das Geld der Leute nicht so locker», sagt Gaurav Gandhi, Vorstandsmitglied der Medienfirma Viacom18.

In die Hände spielen dürfte der Branche auch hier der Smartphone-Boom. Denn immer häufiger werden kleinere Einkäufe über Handys abgewickelt. Ferner sollen die Kunden mit spezifischen Angeboten geködert werden, die nur online abgerufen werden können. Auch wenn mit Abonnement-Modellen kein Durchbruch zu erzielen wäre, ist der Branche nicht bange. In diesem Fall, so wird argumentiert, muss man die Filme eben gratis anbieten und das Geld über Werbung einspielen.

Die Werbeindustrie steht bereits Schlange: Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte dürften die Ausgaben für digitale Anzeigen in Indien sich in den nächsten fünf Jahren mehr als verfünffachen auf umgerechnet 4,7 Milliarden Euro. «Anzeigenkunden haben in Indien eine höhere Reichweite über Handys, weil es dort ganz einfach mehr Handys gibt als TV-Bildschirme», erläutert Deloitte-Experte Hermant Joshi.

(reuters/ccr)