Für 1,9 Milliarden Franken holte sich Rolf Dörig den Poltergeist ins Haus: AWD-Gründer Carsten Maschmeyer kassierte erst, avancierte dann zum Verwaltungsrat und Grossaktionär bei seinen neuen Konzernherren und trieb sie dann in eine Beteiligung an seinem deutschen Konkurrenten MLP, wo sich Swiss Life eine blutige Nase holte.

Die Voraussetzungen für eine funktionierende Beziehung waren also durchzogen. Und doch haben es die ungleichen Partner geschafft: Der flamboyante Maschmeyer führt keineswegs das grosse Wort im Swiss-Life-VR, wie Manager bestätigen (nicht nur Dörig), die dort an Sitzungen teilnehmen. Er sei «sehr angenehm» und bringe sich bei seinen Themen – Vertrieb oder Markt Deutschland – ein. CEO Bruno Pfister telefoniert ab und an mit Maschmeyer und holt sich dessen Expertise direkt. Maschmeyer, betont Rolf Dörig, war «immer loyal – auch wenn ihm manche Entscheide wehgetan haben».

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Denn Swiss Life hat damit begonnen, dem Finanzvertrieb eine moderne Organisation und IT zu verpassen. In der Krise hart getroffen, bessern sich nun auch die Geschäftszahlen wieder.

Es bleibt eine teure Akquisition, auch wenn Dörig tapfer versichert: «Wir würden den AWD wieder kaufen.» Schliesslich habe keiner wissen können, dass die Finanzkrise kurz darauf die Preise verhageln würde. Dass er sich dennoch nicht völlig frei von Sünde fühlt, zeigt sich an Dörigs neu entwickelter Begründung für den Kauf. Hiess es früher lediglich, der AWD sei als Vertriebskanal ein Zugewinn, sagt er heute: «Für unser Geschäftsmodell als Lebensversicherer ist AWD eine wertvolle Diversifizierung» – soll heissen: Swiss Life gewinnt über die Kommissionen der AWD-Berater eine Ertragsquelle, die unabhängig ist vom versicherungstechnischen Geschäft, das an Zinsentwicklung und Börse gekoppelt ist.

Offen bleibt die Frage, was der AWD-Mann vorhat. Immer strebte Maschmeyer Richtung altes Geld, und der Sitz im Verwaltungsrat der «alten Tante» Swiss Life war ein Schritt dahin; den wird er nicht durch Provokationen gefährden wollen. Seinen Aktienanteil hat er inzwischen auf fünf Prozent zurückgefahren. Aber für einen Maschmeyer, der sich seine Adrenalinschübe im Finanzbusiness verschafft, sind zwei monatliche Sitzungen in Zürich kein ausreichendes Beschäftigungsprogramm. Einer seiner deutschen Bekannten bestätigt: «Carsten sucht Arbeit.» Die neue Beratungsfirma, die er mit den deutschen Renten-Namensgebern Riester und Rürup gegründet hat, kommt offenbar noch nicht vom Fleck.