Chat GPT im Check: Das bringt Künstliche Intelligenz im Tagesgeschäft

Auf einer Tech-Wow-Skala von 1 bis 10: Wo würden Sie Chat GPT da ansiedeln? Ich bin ein harter Bewerter und verteile selten Top-Noten. Chat GPT erhält eine 7 bis 8 von mir. Wann war Ihr erster Wow-Moment? Erstmals benutzt habe ich Chat GPT Ende letzten Jahres. Meine erste Reaktion: I love it. Was macht Chat GPT so speziell? Von der künstlichen Intelligenz (KI) wird zwar schon lange gesprochen, auch wir arbeiten schon länger mit KI-gestützten Tools. Aber mit diesem Tool steht der breiten Bevölkerung erstmals ein Interface zur Verfügung. Wer Chat GPT in den letzten Tagen benutzen wollte, war aber oft frustriert. Weil der Dienst meldete, dass er «at capacity» sei – überlastet. Warum ist die KI-Wunderwaffe so schnell ausgepowert? Wollten Sie meine These hören? Aber sicher. Es ging dem Unternehmen wohl um eine künstliche Verknappung. Was rar ist, ist auch interessant. Die Meldung sorgte dafür, dass die Leute immer wieder zurückkommen. Zur Person: Der erste «Zoogler» Tom Hanan, 51, ist Gründer und CEO von Webrepublic, der grössten unabhängigen Digitalagentur der Schweiz. Mit 250 Angestellten erwirtschaftet das Zürcher Unternehmen einen Umsatz zwischen 25 und 30 Millionen Franken. 2004 war Hanan der erste «Zoogler», wie Zürcher Google-Angestellte genannt werden. 2009 gründete er Webrepublic. 2017 wurde der «Star Wars»-Fan, der einen Bachelor in Marketing und Astronomie hat, in der Schweiz zum EY Entrepreneur Of The Year gewählt. Wird Chat GPT in Ihrer Firma eingesetzt? Ja klar. Das Tool ist beispielsweise beim Texten eine starke Hilfe. Texte ausschmücken, passende Wörter in Sekundenschnelle finden und einsetzen, Alternativ-Titel vorschlagen – hier ist das Programm sehr hilfreich. Chat GPT beseitigt auch die Angst vor dem weissen Blatt Papier. Im Nu ist ein Grundtext erstellt – und ausgehend von diesem verschriftlichten Brainstorming kann man selber weitermachen. All diese Dinge laufen hervorragend mit Chat GPT. So hervorragend, dass Sie demnächst einen Teil Ihrer 250 Leute auf die Strasse stellen? Das Tool kann Job-Funktionen durchaus verändern, bei uns zum Beispiel vom Kreieren zum Kuratieren. Vereinfacht gesagt: Chat GPT ist wie ein zweites Hirn. Aber die Gedanken kann es nicht ersetzen. Chat GPT sehe ich nicht als Job-Killer. Oder noch nicht? Mit diesem Tool stehen wir heute, verglichen mit der Smartphone-Welt, etwa dort, wo wir 2007 mit dem ersten iPhone standen. Dieses Jahr erwarten wir von Chat GPT quasi das iPhone 3. Und da wird noch sehr viel mehr kommen. Früher gefährdete der technologische Fortschritt die Blue-Collar-Welt, jetzt greift er die kreative Klasse an. In diese Richtung läuft es tatsächlich. Künstliche Intelligenz setzt dort an, wo Wissensarbeitende wie Anwälte, Analysten, Grafiker, Architekten aktiv sind. Also doch ein Jobkiller? Man darf eines nicht vergessen: Jede Technologie braucht auch Anwender und Kontrolle. Stand heute sehe ich ein Tool wie Chat GPT eher als produktivitätssteigernde Massnahme. Die relevante Frage ist: Wie können Unternehmen diese neue Möglichkeit gezielt einsetzen, um ihre Business-Ziele zu erreichen? «Produktivitätssteigernd» heisst in aller Regel: Die bisherige Arbeit kann mit weniger Köpfen erledigt werden. In unserem Falle heisst es: Gleich viele Leute können mehr erledigen. Beispielsweise dürfte die Zusammenarbeit mit unseren Kunden noch anspruchsvoller werden. Die Transformation verlangt von beiden Seiten neue Fähigkeiten. Wer jetzt digital nicht fit ist, wird den Anschluss definitiv verlieren. Unsere Teams sind vorne dabei und stehen unseren Kunden als Partner für digitale Transformation zur Verfügung. Kann Chat GPT den bisher übermächtigen Suchmaschinen-Giganten Google herausfordern? Davon bin ich hundertprozentig überzeugt. Mit Chat GPT sehen wir einen Paradigmenwechsel beim Benutzen einer Suchmaschine. Herkömmliche Suchmaschinen präsentieren eine Auswahl an Antworten, es geht um Kombinieren und Automatisieren. Ein Tool wie Chat GPT geht aber weiter. Indem es fixfertige Antworten, Konzepte oder Präsentationen liefert, steht hier Transformieren und Kreieren im Vordergrund. Klingt nicht gut für Google. Ich würde Google nicht vorschnell abschreiben. Erstens, weil Google selber sehr stark aufgestellt ist beim Thema der künstlichen Intelligenz. Und zweitens, weil KI-Anwendungen wie jene von Chat GPT sehr viel Rechenleistung brauchen. Auch hier ist Google mit seinen weltweit verstreuten Rechenzentren hervorragend positioniert. Wäre es für Ihre Arbeit von Vorteil, mit verschiedenen starken Suchmaschinen zusammenzuarbeiten – oder ist Ihnen ein einziger Player lieber, weil man so nur einen Standard kennen muss? Ich bin immer Freund einer grossen Auswahl. Wenn ich auf einen Park von zehn Maschinen zugreifen kann, dann ist mir das lieber, als wenn es nur eine Maschine gibt. Das kommt auch unseren Kunden zugute. Eine kleine Maschine ist die Suchplattform Bing von Microsoft. Wenn Microsoft mit 10 Milliarden Dollar bei der Chat-GPT-Mutter Open AI einstigen wird: Kann das Bing in eine neue Sphäre bringen? Tatsächlich könnte Bing damit relevanter werden. Google verdient Milliarden damit, neben Suchresultaten gleichzeitig auch Werbung auszuspielen. Wie sieht das aus, wenn – wie beim Modell Chat GPT – nur gerade eine Antwort kommt? Auch hier kann theoretisch Werbung eingespielt werden. Genauso denkbar ist aber auch ein Geschäftsmodell, das mit User-Bezahlung funktioniert. Chat GPT hat ja bereits Premium-Accounts eingeführt, für die man bezahlen muss. Denkbar wäre für alle anderen auch ein Modell, das die für die Anfrage erforderliche Rechenleistung in Rechnung stellt. Chat GPT zeigt den Usern fixfertige Resultate, ohne Quellenangabe. Droht hier nicht eine endlose Copyright-Schlacht? Tatsächlich ist das Urheberrecht die ganz grosse Blackbox bei Chat GPT. Eine unlösbare Sache? Nein. Gut vorstellbar ist, dass wir künftig vermehrt Ergebnisse erhalten, die mit einem unsichtbaren digitalen Wasserzeichen versehen sind. Sodass man in der Rückverfolgung erkennen kann, wer Urheberin oder Urheber war. Was steht auf Ihrer Tech-Wow-Skala aktuell über Chat GPT? Nichts. Vor fünf Monaten noch war das Metaverse das absolute Buzzword. Jetzt ist es Chat GPT beziehungsweise die Tatsache, dass plötzlich eine grosse Masse an Usern Zugang hat zur künstlichen Intelligenz. Wie wird das wohl, wenn dereinst Metaverse und künstliche Intelligenz verschmelzen? Wie wird das? Das kann wohl noch niemand sagen. Was aber feststeht: Es wird dann noch schwieriger festzustellen sein, ob eine Information, ein Gedanke oder eine E-Mail von einem Menschen stammt. Oder von einer Maschine.

Chat GPT im Check: Das bringt Künstliche Intelligenz im Tagesgeschäft

«Chat GPT ist wie ein zweites Hirn»

Auf einer Tech-Wow-Skala von 1 bis 10: Wo würden Sie Chat GPT da ansiedeln?

Wann war Ihr erster Wow-Moment?