Als eine der Hauptkriterien für das Ausbleiben von vielen Bildungsmassnahmen führen Sie an, dass Barrieren am Arbeitsplatz den Anwendungstransfer verhindern. Welche Hindernisse sind das?

Sabine Seufert: Führungskräfte sind nun mal ein wichtiger Faktor, wenn es um den Transfer-erfolg geht. Aber es ist auch Fakt, dass häufig der Bildungserfolg unter dem Strich ausbleibt.

Ist daran wirklich die Führungskraft schuld?

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Seufert: Es stimmt, dass Barrieren am Arbeitsplatz den Anwendungstransfer erschweren – einer der Hauptgründe dafür ist das Behindern des Transfers durch die Vorgesetzten.

Was sind die Gründe für diese Behinderung?

Seufert: Zeitmangel wird häufig als Grund angegeben. Viele Führungskräfte, besonders jene im mittleren Management, befinden sich in einer Sandwich-Position, führen ein grosses Team und sollen zugleich profitabel arbeiten. Da stossen sie schnell mal an ihre Grenzen. Oft fehlen aber auch die Anreize seitens der Unternehmensführung, die den Führungskräften klar sagen sollten, dass sie auch verantwortlich dafür sind, Personalentwicklung zu betreiben.

Die Führungskraft sollte eigentlich das Team fördern. Tatsache ist aber, dass sie nach individuellen Leistungszielen beurteilt wird. Dadurch entsteht ein Konflikt, und daher wird sich eine Führungskraft immer nach den Zielen orientieren, nach der auch sie selbst beurteilt wird.

Ist den Vorgesetzten der Nutzen der Weiterbildung zu wenig klar?

Seufert: Das ist durchaus möglich, denn häufig fehlt die Information, was der Nutzen ist, wenn sie auf den Transfer achten und sich tatsächlich einbringen. Es ist gar nicht unüblich, dass Vorgesetzte den Transfer verhindern. Angst vor Kompetenzverlust, Angst vor dem Empowerment der Mitarbeiter, das ja in den Unternehmen postuliert wird. Manche Führungskräfte, die glauben, immer alles besser wissen zu müssen, fürchten sich davor, ein Stück weit die Kontrolle zu verlieren.

Könnte nicht eine Supervision der Führungskräfte in diesem Bereich Abhilfe schaffen?

Seufert: IBM wäre da ein Vorbild. Da werden die Entscheidungen, welches die nächsten Karriereschritte sind, ganz gezielt vom Vorgesetzten abgekoppelt. Das sieht so aus, dass in einem Review-Verfahren zwei Experten letztlich beurteilen, ob der Mitarbeiter den nächsten Karriereschritt macht oder nicht. Das ist ein Verfahren, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Ein Mentor steht dem Mitarbeiter als erfahrene und doch nicht direkt involvierte Person zur Seite. Es gibt auch Firmen wie IBM, wo auch Mitarbeiter eine Führungskraft beurteilen und fragen, inwieweit sie der Vorgesetzte beim Lernen wirklich unterstützt: Was sind die Schwerpunkte des Seminars? Wie muss man Führungskräfte einsetzen, um formelle Bildungsmassnahmen zu unterstützen? Wie kann man sie in der Durchführung und natürlich auch in der Nachbereitung einsetzen? Führungskräfte sollen auch die strukturellen Rahmenbedingungen sichern, Flexibilität ermöglichen, Freiräume geben, Möglichkeiten für den Erfahrungsaustausch fördern.

Was haben die Unternehmen davon?

Seufert: Wer die Kompetenzentwicklung seiner Mitarbeiter unterstützt und sie mit verfolgt, weiss genau, wie er sie an welchen Projekten einsetzen kann. Ziele gemeinsam vereinbaren und feststecken – so kann man die neue Rolle der Führungskräfte am besten definieren.