China weitet den Handelskrieg in die sozialen Medien aus. Tiktok wird von Videos überschwemmt, in denen Chinesinnen und Chinesen bekannte Marken für ihre Produktion in China brandmarken oder zeigen, wie billig die Produkte hergestellt werden. Neben Zöllen auf US-Produkte setzt die Regierung in Peking also auch auf psychologische Kriegsführung – und spricht auf Tiktok gezielt junge Menschen im Westen an. So werden die Videos, die seit letztem Wochenende in grosser Anzahl auf der chinesischen Social-Media-Plattform aufgetaucht sind, engagiert auf Reddit diskutiert.
Der schwerwiegendste Vorwurf in einigen der Videos auf der chinesischen Social-Media-Plattform: Luxusmarken wie Louis Vuitton würden ihre Produkte trotz «Made in Italy»- oder «Made in France»-Auszeichnung grösstenteils billig in China produzieren. Was steckt dahinter und ist an den Vorwürfen etwas dran?
Auf Tiktok kursieren Videos, die westlichen Herstellern vorwerfen, billig in China zu produzieren.
Marken produzieren viel in China
Über einzelne Marken könne er sich nicht äussern, sagt Frank Müller (60), HSG-Dozent und Luxusmarkenexperte. «Aber die Vorwürfe sind nicht aus der Luft gegriffen. Es ist in der Branche bekannt, dass manche Luxusmarken mehr im Ausland produzieren, als sie gegenüber den Kunden offenlegen.» Dass China nun den Deckmantel des Schweigens lüfte, der vorher über diesen Praktiken gelegen habe, schade beiden Seiten, sagt Müller. «Die chinesischen Hersteller haben als Zulieferer gut gelebt.»
Ein Beispiel: In einem Clip behauptet eine chinesische Influencerin, dass eine 100-Dollar-Leggins von Lululemon in China für 5 bis 6 Dollar erhältlich sei. Zwar ohne Logo der kanadisch-amerikanischen Modemarke, aber aus derselben Produktionslinie. «Das Material und die Verarbeitung sind gleich.» Der Clip holte bisher 1,4 Millionen Likes.
Teure Leggins von Lululemon sollen nur rund 5 bis 6 Dollar «wert» sein.
Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Aber gegenüber der Wirtschaftsagentur «Bloomberg» sagte Lululemon, dass nur 3 Prozent der fertigen Produkte aus China stammten. Unklar bleibt in dem Statement, wie viel Vorarbeit in China geleistet wird.
Birkin-Tasche für 1400 Dollar?
Besonders krass ist laut den Videos der Preisvergleich bei Luxusmarken: In einem Video mit über 200'000 Likes sagt ein chinesischer Handtaschenhersteller, dass die Produktionskosten einer Birkin-Tasche von Hermès bei knapp 1400 Dollar lägen – und das bei einem Ladenpreis von 38'000 Dollar. Würde die Tasche in China statt in Frankreich gefertigt, würde die genau gleiche Tasche sogar nur 1000 Dollar kosten, so das Fazit des Videos.
Diese Schätzung scheine ihm zu tief, sagt Müller. «Doch wir können davon ausgehen, dass eine Birkin in der Herstellung nicht 30'000 Dollar kostet.» Die Margen in der Luxusindustrie seien generell gross.
Luxushersteller wie Hermès werden in den Videos für ihre hohen Margen kritisiert.
Leute kaufen Markenprodukte wegen der Marke
Dass der Plan hinter den Videos aufgehe und die Leute nun billige chinesische Ersatzprodukte statt Luxusmarken kaufen, glaubt Müller nicht. «Es geht um mehr als das reine Produkt, mit dem Kauf einer bestimmten Marke mache ich eine Aussage über meine Lebensauffassung.»
Es sei deshalb gut möglich, dass der Schuss der Chinesen nach hinten losgehe: «Mit diesen Videos wird das Vertrauen zwischen den Marken und den Zulieferern zerstört, ohne dass die chinesischen Hersteller davon profitieren können.»
2 Kommentare
Das Marken- und Nichtmarken häufig von der gleichen Produktionslinie stammen, Nicht-Marken besser sein können ist für mich eine mindestens 45 Jahre alte Erkenntnis die auch sehr vielen anderen Menschen bekannt ist.
In einigen Staaten im Mittleren Osten und Asien neigen Hersteller und Händler zum mogeln. In diesen Ländern haben Markenprodukte, sofern sie nicht inklusive Logo kopiert werden, einen Vorteil.
Je nach Persönlichkeit ist das Geltungsbedürfnis der Menschen mehr, oder minder ausgeprägt. Je nach Geltungsbedürfnis kaufen die Menschen eine Uhr, ein Kleidungsstück für x000 CHF. Viele dieser Menschen haben sich dazu einen Glauben an "Qualität" usw. zurecht gelegt und glauben fest daran. Das ist ähnlich des Glaubens an ökoreligiöses Bio-Futter.
Es ist gut das es Menschen mit ausgeprägtem Geltungsbedürfnis gibt. Diese Menschen geben vielen Mitmenschen Arbeit und Einkommen, beispielsweise in der Schweizer Uhrenindustrie.
Die alte Leier, dass die Produktionskosten den Verkaufspreis bestimmen würden. Das ist Ökonomie aus dem 19. Jahrhundert und schon lange überholt.
Die Menschen kaufen keine Taschen, sie kaufen Status, ein Gefühl, Ansehen- eben eine Marke.
Sollen doch diese chinesischen Fabriken diese selben Taschen versuchen zu einem Produktionspreis + Marge zu verkaufen für einen Preis von, sagen wir mal, USD 1'900 verkaufen.
Keiner wird es kaufen weil niemand USD 2'000 ausgibt für einen chinesische Tasche. Aber der Staat kann diese Taschen ja subventionieren damit sie in Europa für USD 490 (oder so) verkauft werden können. Da finden sich sicher ein paar Käufer.
Währenddessen die Luxusmarken weiterhin die selben Taschen zu 38k verkaufen aber nun wo anders vielleicht für USD 1600 Produktionskosten herstellen lassen.