Es gibt Autos, die polarisieren. Es gibt Autos, die sind im Grunde genommen völlig unnötig. Doch gerade deswegen strahlen sie eine besondere Faszination aus. Zu dieser Kategorie gehört die Chrysler Viper, die nach zehn Jahren Produktion jetzt völlig überarbeitet neu aufgelegt wird. Erstmals konnten sich Journalisten in Kalifornien hinter das Steuer der Viper mit der Bezeichnung SRT-10 klemmen. Jeder Fahrer, jede Fahrerin liess sich von der Faszination vereinnahmen, die vom Boliden ausgeht

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Vor allem die Motorleistung begeistert. Eine Rolle spielt aber auch das Karosseriedesign, das dem Wagen ein elegantes Äusseres, aber auch garantiert Dynamik verleiht. Den optischen Anreiz bietet die langgestreckte, geschwungene Motorhaube, die das monströse V10-Triebwerk abdeckt; der Hubraum beträgt ganz amerikanisch 8277 ccm, die Leistung exakt 503 PS, und das maximale Drehmoment 712 Nm. Der letztgenannte Wert wurde früher nur von Lastwagen erreicht. Eine kleine Fahrgastzelle bietet Platz für zwei Personen und die Bezeichnung Kofferraum ist eine masslose Übertreibung. Ein völlig unnötiges Auto also. Aber trotzdem schön und faszinierend.

Ein Ventil pro Zylinder reicht aus

Will man die Viper zum Leben erwecken, reicht eine Drehung am Zündschlüssel nicht aus. Als Reminiszenz an die Sportwagenklassiker früherer Jahre ist ein roter Starterknopf zu drücken. Dann kommt Leben in die Schlange. Zuerst gibt das V10-Triebwerk lediglich ein Gebrummel von sich, allerdings unüberhörbar. Nach dem ersten Tritt aufs Gaspedal wird klar, dass diese Viper höchste Aufmerksamkeit vom Fahrer verlangt.

Motorblock und Zylinderkopf bestehen aus Aluminium. Sie wurden, wie das Ansaugsystem, neu konstruiert, doch zuviel Hightech wollten die Chrysler-Ingenieure nicht in dieses Urbild eines amerikanischen Sportwagens packen. Deshalb verzichteten sie auf die Vierventiltechnik, jeder Zylinder weist lediglich ein Ein- und Auslassventil auf. «Grosser Hubraum, einfache Technik, wo es sich vertreten lässt» das ist der Weg zu hoher Leistung auf dem herkömmlichen, traditionellen Weg.

Und dieser Weg kann einem schon die Luft nehmen, schliesslich beschleunigt die Viper aus dem Stand in 3,9 Sekunden auf 100 km/h. Der erste Gang reicht über 70 km/h hinaus, mit dem zweiten lässt sich die Marke von 130 km/h ankratzen. Noch später wird der Sound der zehn Zylinder infernalisch, er überspielt problemlos die 310-Watt-Lautsprecheranlage des Autoradios. Die Tachonadel bewegt sich erst dann nicht mehr, wenn die Marke von 305 km/h erreicht ist.

Während der Testfahrt zeigte sich: Die Sitze bieten guten Seitenhalt, das Fahrzeug liegt satt auf der Strasse, an Querbeschleunigung verträgt das Fahrwerk einiges, was auch auf die hohe Steifigkeit der Karosserie zurückzuführen ist, aber auch auf seine Konstruktion, bestehend aus Doppelquerlenkern, Schraubenfedern, Stossdämpfern sowie Stabilisatoren vorne und hinten zusammen.

Damit die Traktion nicht so schnell verloren geht, wirkt an der Hinterachse ein progressiv arbeitendes Differential mit begrenzter Sperrwirkung. Doch bitte, auch in diesem Fall geht man den «Old fashioned way», funktioniert es doch auf mechanischer Basis. Die Elektronik ist für das ABS, Airbag und die Gurtstraffer reserviert. So fehlt auch ein elektronisches Stabilitätssystem (ESP). Modernste Technik kommt allerdings bei den Bremsen zum Einsatz, geliefert von dem auf Rennbremsen spezialisierten Zulieferer Brembo.

Europäer müssen sich in acht nehmen

Alles in allem gesehen ist die neue Viper das geblieben, was sie schon während der letzten zehn Jahre war, eine exklusive Fahrmaschine, die sich auch vor der europäischen Konkurrenz nicht verstecken muss. Die Karosserie hat sich nur wenig verändert. Einige Retuschen an Front und Heck sowie neue, markante Öffnungen zur Abführung der Hitze von Motor und Bremsen gleich hinter den Radkästen prägen das Styling der neuen Viper.

Wenn das Modell, wahrschein-lich im Herbst 2003, nach Europa kommt, muss allerdings die Auspuffanlage geändert werden. Die Rohre enden jetzt unter den seitlichen Schwellern. Das ist wegen der Hitzeabstrahlung unpraktisch und etwas zu viel der Nostalgie. Der Preis in Europa dürfte rund 100000 Euro betragen.