An der Klausurtagung von Ende Juni in Arosa konnte man sich endlich etwas intensiver beschnuppern. Zweieinhalb Tage zogen sich die designierten Chefs, die erweiterte Geschäftsleitung sowie die Bereichsleiter der geplanten Clariden-Leu-Bank in die Bündner Berge zurück. Thema war das derzeit anspruchsvollste Fusionsprojekt der Schweizer Finanzindustrie: Gleich fünf Banken, die Clariden Bank, die Bank Leu, die Bank Hofmann, die BGP Banca di Gestione Patrimoniale sowie die CS Fides – allesamt im Besitz der Grossbank Credit Suisse –, sollen bis im Januar 2007 zu einem Institut namens Clariden Leu verschmolzen werden. Die Bank wird dann die Nummer fünf im Schweizer Private Banking sein, noch vor etablierten Playern wie Lombard Odier Darier Hentsch (LODH) oder Pictet.

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Aus der Klausurtagung kam die künftige Geschäftsleitung der Clariden Leu mit neuem Schwung zurück nach Zürich. «Wir haben zwar verschiedene Firmenkulturen, doch uns auch klar auf einen gemeinsamen Nenner eingeschworen: den Kunden», so der designierte CEO F. Bernard Stalder. Jetzt gelte es, die neue Strategie zügig weiter vorzubereiten und dann ab Januar 2007 umzusetzen. Mit der Präsentation der neuen Marke konnte Stalder Anfang September nach innen wie nach aussen einen ersten wichtigen Meilenstein setzen (siehe neues Logo unten). «Wir sind», sagt Stalder, «voll im Fahrplan.»

Es war höchste Zeit, den Teamgeist bei Clariden Leu zu stärken. Denn die Monate zuvor waren von einer Verunsicherung geprägt, speziell im Kader, denn die Gestaltung der neuen Führung ging nicht ohne Widerstände vonstatten. Kein Wunder: Für jeden Chefposten in der neuen Organisation standen im Prinzip fünf Kandidaten in Wartestellung. Schnell zeichnete sich ab, wer die Taktgeber im Quintett sind: die Chefs von Clariden und Leu. Bei der Bank Hofmann gab es enttäuschte Gesichter: In der neunköpfigen Gruppenleitung finden je vier Manager von Leu und Clariden, aber nur ein Repräsentant der Bank Hofmann Einsitz. Dabei spielte offenbar nicht nur eine Rolle, dass die Bank Hofmann nur halb so gross ist wie die anderen beiden Banken, sondern auch, dass sie es im Gegensatz zu Clariden und Leu zuletzt an Dynamik hat fehlen lassen. So arbeitete Hofmann zwar sehr profitabel, der Zuwachs an Kundengeldern gestaltete sich aber im Vergleich zu Clariden oder Leu weniger berauschend. Beat Spühler, der bisherige CEO der Bank Hofmann, wird als Chef Wealth Management Services zwar bei der Bank bleiben, ist aber nicht Mitglied der Gruppenleitung. Diese Ehre wurde seinem bisherigen Untergebenen Roland Herrmann zuteil, der als COO von Clariden Leu wirken wird. Einzelne Hofmann-Topleute, etwa Geschäftsleitungsmitglied Frank Ramsperger, der in der Branche einen guten Ruf geniesst, haben beschlossen, die Bank zu verlassen.

Wer die Schlüsselfiguren der neuen Bank zu sein haben, hat der Besitzer Credit Suisse bereits vor Bekanntgabe des Zusammenschlusses bestimmt. CS-CEO Oswald Grübel und CS-Private-Banking-Chef Walter Berchtold, der als VR-Präsident von Clariden Leu wirken wird, haben offenbar jene Banker identifiziert, die sie als entscheidend für den Erfolg der neuen Bank betrachten: F. Bernard Stalder und Beat Wittmann von Clariden sowie Hans Nützi von der Bank Leu. Es waren die einzigen personellen Nominationen seitens des Besitzers. Das übrige Führungsteam stellte der designierte neue CEO F. Bernard Stalder nach seinen Vorstellungen zusammen. «Dabei wurde jeweils die nach unserem Dafürhalten beste Person ausgewählt, ganz unabhängig davon, aus welchem der Institute sie kommt», betont Stalder. Bestehende Seilschaften seien dabei vielerorts aufgebrochen worden. «Wir wollen keine faulen Kompromisse, wir wollen eine ganz eigene, neue Struktur. Wir haben ganz bewusst kräftig durchgeschüttelt.»

Stalder, Nützi und Wittmann arbeiteten bereits vor der Bekanntgabe der Fusion vom 27. April an der Konzeption der neuen Bank mit. Dabei blieb wenig Zeit: Rund zwei Monate lagen zwischen dem Entscheid des CS-Verwaltungsrats und der Mitteilung an Medien und Mitarbeitende.

Liegt es auf der Hand, dass Stalder und Nützi als bisherige Chefs von Clariden und Leu eine Schlüsselposition einnehmen, so sticht die wichtige Rolle heraus, die Clariden-Mann Beat Wittmann (45), Sohn des Ökonomieprofessors Walter Wittmann, zugeteilt wurde. Als Leiter der Division Investment Products ist Wittmann für die Fonds- und Finanzprodukte zuständig. Dies wird als Zeichen gewertet, dass dieses bisher schon mit grossem Erfolg geführte Business bei der Clariden Leu zukünftig eine noch grössere Rolle spielen wird.

Nächster Schritt ist nun, die 14 Standorte der Banken auf vier Orte zu straffen; Hauptsitz wird das Leu-Gebäude an der Zürcher Bahnhofstrasse. Viele Mitarbeiter werden ihre gewohnten Büros räumen müssen – dies geht nicht ohne Missstimmung vonstatten. Trotz Kritik und Unsicherheit ist es Stalder angesichts des Konfliktpotenzials, das eine Fünffachfusion birgt, erstaunlich schnell gelungen, das Gros der Führungskräfte auf einen gemeinsamen Kurs einzuschwören. Geholfen hat dabei sicher, dass die Fusion objektiv viel Sinn macht. Im Konsolidierungsprozess in der Branche kann die nun grössere Bank ein gewichtiges Wort mitreden. Die Geschäftsbereiche der fünf Banken ergänzen sich zudem fast idealtypisch. Clariden ist stark im Fondsgeschäft, Leu bei strukturierten Produkten und alternativen Anlagen, Hofmann bei Spezialitätenfonds. Liegt die Stärke von Clariden bei der internationalen Kundschaft, so ist Leu im deutschsprachigen Raum und Hofmann in Deutschland gut verankert.

«Dass in einem Fusionsprozess Unsicherheiten auftreten und bestimmte Erwartungshaltungen entstehen, ist normal und unvermeidbar», sagt Leu-Chef Hans Nützi, der zukünftig das Private Banking von Clariden Leu leiten wird. Dem versuche die Bank mit einer offenen Informationspolitik zu begegnen. Die meisten Mitarbeiter hätten positiv auf die Fusion reagiert, die ja auch einiges an neuen Chancen und Perspektiven bringe. Das habe ihn gefreut. «Ärgern tue ich mich indes über undifferenzierte Zweifler und Skeptiker, die es bei einer solchen Fusion halt immer gibt.»

Man habe vereinzelt Leute aus dem Management verloren, vor allem auch im zweiten Glied, gibt CEO Stalder zu. Doch wichtig sei, dass bei den Kundenberatern kein Exodus stattgefunden habe. Die Fluktuationsrate bei den Kundenberatern ist laut Nützi unter dem Durchschnitt der Vergangenheit.

Für Beständigkeit sorgt auch das Beteiligungsmodell. Bei der Clariden Bank sind rund 12 Prozent des Aktienkapitals im Besitz des Managements, was in der Branche als Erklärung für die Dynamik der Bank gilt. Auch Clariden Leu wird 12,35 Prozent der Aktien für die Topleute reservieren. Der Kreis der Begünstigten beträgt auch in der neuen Organisation rund fünf Prozent der leitenden Mitarbeiter. Dabei werden laut Stalder auch die wichtigsten Kundenberater in das Programm eingebunden: «Das hilft, Kontinuität zu erhalten.»

Trotz Fusionsanstrengungen haben die Banker das eigentliche Geschäft nicht vergessen. Der Betriebsgewinn konnte laut Stalder im laufenden Jahr gegenüber dem Semester 2005 sowohl bei Leu als auch bei Clariden beinahe verdoppelt werden. 4,5 Milliarden an neuen Kundengeldern seien im laufenden Jahr pro forma in die Gruppe geflossen. «Die kundenseitigen Reaktionen auf den Zusammenschluss waren überwiegend positiv», so Leu-Chef Nützi.

Rechtlich wird die Fusion im Januar 2007 vollzogen, doch von einem integrierten System kann man erst sprechen, wenn auch die IT auf einer gemeinsamen Plattform steht. Derzeit wird die IT von Clariden und CS Fides auf die CS-Plattform transferiert und im Herbst 2007 mit den Plattformen von Bank Leu, Bank Hofmann und BGP, die bereits über die Credit Suisse laufen, zusammengeführt. Ab 2008 soll die Fusion voll zum Tragen kommen. CEO Stalder rechnet mit einem zusätzlichen Reingewinn von rund 100 Millionen Franken im Jahr.