Anders handeln als in einer von Gewinnmaximierung bestimmten Weltwirtschaft fordert heraus: Vor fünf Jahren war die seit den 1970er Jahren gewachsene Fair-Trade-Bewegung fast am Ende. Dann wurde aus der Importstelle OS3 die Claro Fair Trade AG mit Sitz in Orpund und seither geht es aufwärts, freut sich die Geschäftsleiterin Gertrud Meyer: «Der Umsatz stieg um rund 6% pro Jahr. 2002/2003 wurde mit gut 50000 Fr. erstmals ein echter Gewinn erzielt, ein Meilenstein.»

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Allerdings, auch die «faire» Claro musste hart sparen: Ein Viertel des Personals wurde abgebaut. Jetzt sind es wieder 26 Beschäftigte, nicht zuletzt, um die hohen Überstundenzahlen zu senken, wie Meyer sagt. Zudem beschloss die letzte Generalversammlung, das bei Hilfswerken, kirchlichen Organisationen und Privaten zusammengesuchte Kapital von 2,8 Mio Fr. um gut 1 Mio Fr. abzuschreiben. Damit fällt der gleich nach der Sanierung aufgelaufene Verlustvortrag von 1,02 Mio Fr. weg.

Mehr Liquidität und Professionalisierung

Zukunftsgerichtet ist die Ausgabe von 4500 neuen Aktien mit 316 Fr. Nennwert. Künftig 3,2 Mio Fr. Aktienkapital bedeuten Liquidität für weiteres Wachstum. Laut Meyer wird für 2003/2004 bei kleinem Umsatzwachstum, vor allem im Inland, ein Gewinn von knapp 40000 Fr. budgetiert. Sobald genügend Reserven bestehen, könnten auch bescheidene Dividenden bezahlt werden. Diese nachhaltige Aussicht lockt vielleicht neben den gut 1200 Aktionärinnen und Aktionären weitere Geldgeber zum Engagement in den fairen Handel.

Wichtig sind Meyer ferner die Professionalisierung und der Wandel der einstigen Weltlädeli zu «Fachgeschäften des fairen Handels». Die gut 130 Claro-Läden sollten in der Öffentlichkeit als eigentliche Ladenkette Claro wahrgenommen werden. Merkmale sind die Beratung und Information durch engagierte und oft langjährige Betreiberinnen sowie die Qualität der Produkte, die auf einem nachvollziehbaren Weg zu uns gelangen. Sichtbar ist der Wandel in den immer ausgefeilteren und ansprechenden Verpackungen, allen voran dem bald weltweit bekannte Reis-Dreieck mit fünf unbekannten Sorten aus Thailand. Passend ist im neuen Budget eine zusätzliche Marketingstelle vorgesehen.

Ladenkette und Netzwerk

Um Claro als Marke zu stärken, dürften in den Städten eigenständige Geschäfte entstehen, die auch branchenübliche Löhne bezahlen. Beispielhaft ist der im Sommer 2002 eröffnete Laden im Luzerner Grabemärt, der einzig Claro-Produkte führt. «Auch andernorts sollte der faire Handel den Mut haben, sich in Einkaufszentren einzunisten», wünscht sich Meyer. Dafür wurde eigens die Tochterfirma Claro Fair Trade Shops AG gegründet. Für Freiwilligenorganisationen sei das kaum möglich.

Im ersten Jahr hat der im Franchising geführte Laden Verlust geschrieben. Als Muster- und Schulungsbeispiel erlaube er jedoch, die Claro-Identität besser herauszuarbeiten und zu verbreiten, sagt Meyer. Weitere geeignete Standorte müssten noch gefunden werden. Chancen sieht Meyer für diese Art Läden vor allem in Städten. Doch auch Biosfaire im regionalen Zentrum Weinfelden arbeite gut. Die Genossenschaft entstand 1997 durch Fusion des Claro-Weltladens und der WWF-Verkaufsstelle.

Auf dem Land hingegen dürfte Claro ein Netzwerk bleiben, das über die verkauften Produkte die Diskussion über Gerechtigkeit in Handel und Produktion in Gang hält. Da bildet Freiwilligenarbeit die Basis. «Das ist nicht unfaires Handeln nach innen. Es ist eine Initiative der Zivilgesellschaft, um Ungleichgewichte auszugleichen», wehrt sich Meyer gegen den Vorwurf ungleicher Massstäbe. «Wer sieht, wie die Leute in produzierenden Kooperativen dank fairer Preise gesünder werden und bessere, marktfähigere Produkte herstellen, ist auch ohne Lohn entschädigt.»

Die Fachkompetenz wird auch andernorts erkannt. Ob Anbieter von Himalaya-Salz, Schuhen, Duftessenzen oder Biowein, sie alle setzen gerne auf die enge Bindung der Kundschaft zu den Claro-Läden. Die weniger erfreuliche Kehrseite ist, dass 20 bis 80% der Umsätze der Verkaufsstellen auf Produkte anderer Herkunft entfallen. Dabei bietet Claro unter seiner Marke knapp 1600 Artikel von 138 Produzentengruppen in 37 Ländern an, von Lebensmitteln, Haushalt und Papeterie, Kunsthandwerk, Textilien bis zu Sport und Spiel.

Die Parallelen zwischen Bio und gerechtem Handel will Meyer so nutzen, dass Claro zum «Sortimenter mit viel Sympathie für Bio» wird. So werde mit der Firma Held, der Vorreiterin ökologischer Wasch- und Reinigungsmittel, an der Idee eines Fair-Trade-Waschmittels gearbeitet.

Die Produzenten will Claro ernst nehmen

«Es war ein langer Prozess, bis die Ananas schön gelb, sorgfältig getrocknet und sauber verpackt im Klarsichtbeutel gut präsentieren», erklärt Meyer. Dazu gehörte auch streng sein und ungenügende Produkte zurückzuweisen. «Umgekehrt unterstützt Claro die Produzentinnen in Afrika und finanziert den halben Preis der Ware im Voraus. «Damit nehmen wir uns gegenseitig ernst und respektieren uns», charakterisiert Meyer das Vorgehen. Vorfinanzierung durch den Abnehmer statt von Geldverleihern zu Wucherzinsen ist ein wichtiger Unterschied zum meist anonymen üblichen Handel. Geringe Abhängigkeit von den spekulativ geprägten Preissprüngen an den Warenterminbörsen ein anderer.

Das hat Folgen. Eine Bienenkrankheit in China trieb den Weltmarktpreis für Honig über 3 Dollar je Kilo. Das übertrifft die 1,85 Dollar deutlich, welche Max Havelaar ein aus den Niederlanden stammendes Fair-Trade-Label als fairen Preis mit den Produzenten ausgehandelt hatte. «Auch wir wenden diesen Preis an. Bis auf eine Kooperative sind alle abgesprungen und entsprechend fehlte Claro im letzten Jahr viel Honig», blickt Meyer zurück. «Wir waren verärgert, auch wenn wir die Entscheide der einzelnen Bauern verstehen. Dafür, dass sie sich vom Mehrerlös verlocken liessen, würden diese nicht bestraft doch «wir erinnern uns». Beim Kaffee, dessen Weltmarktpreis seit einiger Zeit völlig abgesackt ist, hält Claro den Preis weiterhin hoch. «Jetzt melden sich viele Produzenten, auch solche, welche die Bedingungen des fairen Handels nicht einhalten wollen.» Häufig liegen die fairen Preise 10 bis 20% über dem Marktpreis. Oft leitet Claro den Ankaufspreis auch von den Lebenshaltungskosten der Bauern ab. Das belaste den Ladenpreis gar nicht so, fügt Meyer an. «Besonders wenn wir Verarbeitung möglichst im Herkunftsland und die Transporte optimieren sowie selber kostengünstig arbeiten.» Wie bei Bio darf der Mehrwert des fairen Handels etwas kosten doch nicht jeden Preis.

Claro-Läden

Beispiel Grabemärt in Luzern: Die Claro Fair Trade AG will künftigzur anerkannten Kette von Fachgeschäften des fairen Handels in der Schweiz werden. Wie diese Läden aussehen könnten, zeigt der Claro-Laden im Grabemärt in Luzern. «Er dient als Muster- und Schulungsbeispiel», umschreibt Geschäftsführerin Gertrud Meyer das Ziel. Deshalb sei der Verlust des ersten Betriebsjahres zu relativieren.

Zugleich setzt Claro auf die Kombination mit «Bio». Mit einem ausgezeichneten Bioladen und einer auf Biofleisch spezialisierten Metzgerei sowie dem Claro-Geschäft mit allen rund 1600 Produkten der fairen Handelsmarke will der Grabemärt eine breite Kundschaft ansprechen. «Auch andernorts sollte der faire Handel den Mut haben, sich in Einkaufszentren einzunisten», wünscht sich Meyer. Zur Unterstützung möglicher Projekte wurde die Tochterfirma Claro Fair Trade Shops AG gegründet. (uw)

Claro in Zahlen

Umsatz 16 Mio Fr. +8.9 %

davon:

Schweiz 10.1 Mio Fr. 1%

Export 16.3 Mio Fr. +16.2%

Cashflow 10.4 Mio Fr. +72.5%

Gewinn 50207 Fr.

Eigenkapitalrendite 2.5%

Beschäftigte 26