Coach kann sich jeder nennen. Tatsächlich tun das auch viele und empfehlen sich als mehr oder weniger seriöse Berater in jeder Lebenslage. Management Coaching dagegen ist in vielen Grossfirmen längst Teil der Führungsausbildung. Bei Credit Suisse oder UBS etwa wird Coaching als eines von mehreren Standard-Instrumenten auf verschiedenen Hierarchiestufen eingesetzt, allerdings nicht flächendeckend, sondern «on demand».

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Auch Coop Schweiz setzt die Methode für Einzelpersonen und Gruppen ein, als individuelle Beratung kombiniert mit Betreuung, Konfrontation und Training. «Die obersten Managementstufen werden im Bedarfsfall von einem externen Coach betreut, mittlere und untere Führungsstufen durch unsere Spezialisten aus dem Bildungszentrum», präzisiert Peter Keller, Leiter Personal und Ausbildung national Coop.

Hilfe zur Selbsthilfe

Im Gegensatz etwa zu Supervision oder Organisationsberatung ist Coaching zeitlich begrenzt und hat eine klare meist auch schriftlich formulierte Zielsetzung. Die Grenzen sind allerdings fliessend. Während Supervision eher prozessorientiert und längerfristig angelegt ist, soll Coaching helfen, die berufliche Leistung des Beratenen («Coachee» genannt) zu verbessern und dabei auch sein eigenes Rollenverständnis zu klären.

Dazu wird vorwiegend auf die vorhandenen Ressourcen zurückgegriffen also Hilfe zur Selbsthilfe praktiziert, wie der Oltner Peter Bürki, Vorstandsmitglied der Schweizerischen Coaching Association (SCA) und selbstständiger Organisationsberater und Coach, bestätigt: «Ein Coach soll nicht Ratschläge geben, sondern Varianten aufzeigen.» Und damit den Klienten befähigen, sein Potenzial sowie eigene Möglichkeiten zu entdecken und sie zielorientiert einzusetzen.

Hohe Kosten - hohe Wirkung?

Zeitlich zwar begrenzt, kann ein Coachingprozess dennoch ganz schön Zeit und Geld kosten: Bei Coop etwa sind in der Regel zwischen fünf bis zehn Meetings von je zwei Stunden Dauer vorgesehen. Der Berufsverband für Supervision und Organisationsberatung (BSO) empfiehlt in seinen Richtlinen Stundenansätze zwischen 130 und 250 Fr.

Was viel kostet, soll auch viel bewirken: Alle angefragten Grossunternehmen überprüfen nach Abschluss des Prozesses seine Wirkung. Bei Coop erfolgt drei Monate nach Abschluss eines Coachings ein Feedback. Bei der Credit Suisse wird die Wirkung auf verschiedene Art und Weise kontrolliert, beispielsweise durch den Coach, indem er den Prozess erst abschliesst, wenn er und der Auftraggeber sich über dessen Wirkung einig sind. Datenerhebung vor und nach der Intervention sind vor allem bei Teamcoachings üblich.

Alle angefragten Unternehmen nennen die berufliche Qualifikation als ein wichtiges Selektionskriterium für Coaches. Da es bislang in der Schweiz keine einheitliche Coaching-Ausbildung und ungefähr so viele Titel wie Ausbildungsstätten gibt, müssen sich Kunden auf Empfehlungen, bereits gemachte Erfahrungen oder eigene Einschätzung eines potenziellen Coaches stützen.

Die SCA möchte deshalb noch dieses Jahr ein Anerkennungsverfahren beim Bundesamt für Bildung und Technologie (BBT) einleiten, das zum Titel «Coach mit eidg. Fachausweis» führen soll. «Wir sind daran, die Reglementarien zu erarbeiten», erklärt Vorstandsmitglied Peter Bürki.

Man wolle verhindern, dass sich jeder Coach nennen könne. Bis es zum geschützten Titel kommt, dürfte aber noch einige Zeit vergehen. Ein Anerkennungsverfahren beim Bund ist anspruchsvoll und dauert.

Grundsätzlich begrüsst Peter Utz, Geschäftsleiter des BSO, das Ansinnen der SCA: «Das wäre ein zusätzlicher Beitrag zur Professionalisierung.» Die Mitglieder des BSO haben am 19. März entschieden, in Zukunft den Titel «Coach BSO» anzubieten, die Ausbildung wird aber dennoch nur in Kombination mit Supervision oder Organisationsberatung angeboten. Diese besteht aus einer 75 bis 95-tägigen Ausbildung und ist entsprechend kostspielig.

Wollen die dem BSO angeschlossenen Anbieter aus Kostengründen keine Coaching-Module anbieten, weil mit ihnen entsprechend weniger zu verdienen ist? «Im Gegenteil», stellt Peter Utz richtig: «Sie tun das meiner Einschätzung nach vor allem deshalb zurückhaltend, weil sie aus Erfahrung wissen, dass es bei der Ausbildung nicht beim Vermitteln von Kniffen und Tools bleiben darf, sondern dass die Persönlichkeit, Haltungs- und Abgrenzungsfragen eine entscheidende Rolle spielen.» Diese Themen könnten in einem Kurzlehrgang nicht bearbeitet werden, stellt Utz klar.

Er fragt sich ohnehin, ob Coaching nicht einfach eine neue Etikette für etwas sei, was früher schon angeboten wurde: «Coaching hat zu grossen Teilen die gleiche Basis wie Supervision und Organisationsberatung diese beiden Formen sind aber noch nicht so bekannt in der Privatwirtschaft.» Da Coaching jedoch immer mehr verlangt werde, mache es auch Sinn, es anzubieten.

Begleiter im schnellen Wandel

Die Nachfrage steigt, bestätigt auch Peter Bürki. Häufig erfolgen Anfragen im Zusammenhang mit Generationenwechseln in Familienunternehmen, bei der Übernahme einer Führungsposition oder beim Schritt in die Selbstständigkeit. Willkommen als Sparringpartner oder als Lieferant der neutralen Fremdsicht sind Management Coaches bei Inhabern kleinerer Firmen, die im Betrieb oft isoliert sind oder schwierige Doppelrollen auszufüllen haben.

Da sich ihre Form der Beratung besonders in Veränderungsprozessen anbietet, wird den Coaches die Arbeit in Zukunft nicht so schnell ausgehen. In der gegenwärtigen Wirtschaftslage weiss ja mancher nicht mehr so recht, wo ihm der Kopf steht. Schön, wenn ihm jemand wenigstens sagen kann, wo der zu finden und wie er zu gebrauchen ist.



Gute Vorbereitung lohnt sich: Wie findet man einen guten Coach?

- Honorare: BSO gibt Tarifrichtlinien heraus. Empfehlenswert ist die vertragliche Regelung des Coaching-Verhältnisses. Auch dazu gibt es bei den Verbänden Informationen. BSO empfiehlt Honorare von 135 bis 250 Fr. pro 60 Minuten für Einzelcoaching.

- Es lohnt sich, Ausbildung, Qualifikationen, Erfahrung und Referenzen eines Coaches zu prüfen resp. sich erklären und belegen zu lassen. Inwiefern passt das Coach-Profil (Typ, Alter, Geschlecht, Arbeitsstil etc.) zum Klienten-Profil? Spezialisierung ist oft nützlich ein Coach, der behauptet, bei allen Problemlagen fit zu sein, ist es meistens nicht.

- Vorsicht vor eigenen blinden Flecken! Unbewusst wenden sich Ratsuchende oft an Personen, die ihre Schwächen pflegen. Kritikscheue suchen jemanden, der wenig konfrontativ arbeitet; Entscheidungsunlustige jemanden, der ihnen die Entscheidungen abnimmt etc. Damit der Coach Teil der Lösung und nicht Teil des Problems wird, sollte diese Ambivalenz bei der Auswahl berücksichtigt werden. Die Geschäftsstellen der Verbände bieten Hilfe bei der Vorabklärung.

- Mehrere Angebote einholen und vergleichen ist erlaubt! Längere Vorgespräche mit verschiedenen Beratern sind empfehlenswert. Fragen Sie Ihre Kandidaten, wie sie in Coaching-Situationen konkret vorgehen. Seriöse Coachs arbeiten transparent und können ihre Arbeitsweise genau erklären. Ist Erfahrung mit Ihrer Situation und Ihrem Umfeld vorhanden? Besteht ein ehrliches Interesse an Ihrer Person, Arbeit und/oder Firma?

- Nehmen Sie sich genügend Zeit, um Ihre Entscheidung zu überlegen. Unterschreiben Sie nichts unter Zeitdruck. Lassen Sie sich die Möglichkeit offen, das Coaching abzubrechen, falls Sie an der Wirkung zweifeln.

- Bilden Sie sich vor der Auftragserteilung eine klare Meinung darüber, was Sie an Beratung wirklich benötigen, warum und in welchem Zeitrahmen. Formulieren Sie mit dem Coach eine Zielvereinbarung. Seien Sie sich aber bewusst, dass ein Coach nicht Expertenwissen bietet, mit dem Sie in lockeren Trainingsrunden Ihre kurzfris-tigen Ziele besser erreichen. Ein Coachingverhältnis will nachhaltige Veränderung bewirken der Weg dorthin ist oft beschwerlich, er setzt den Willen zur Veränderung voraus.

- Coaching basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Stimmt die Chemie? Wenn nicht, sollten Sie einen anderen Coach suchen.



Empfehlenswerte Lektüre: Beratersuche: Drum prüfe, wer sich bindet... Journal 4/2004 des Berufsverbands für Supervision und Organisationsberatung. Tel. 031 382 44 82