Auf der Grossleinwand im Zürcher Hallenstadion wird ein Firmenvideo gezeigt. Im Bild: CS-Mitarbeiter Tom Mann, Fundmanager. Er wählt pathetische Worte: «Die CS Group ist wie ein Baum, der zurückgestutzt wurde. Jetzt ist Frühling, jetzt kann es wieder losgehen.» Auf dem Podium sitzen die CS-Chefs in Reih und Glied, drehen die Köpfe nach oben zur Leinwand und lächeln zufrieden. Das hat der Mann aber schön gesagt.

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Dann reden die Chefs, Präsident Walter Kielholz sowie die beiden CEOs Oswald Grübel und John Mack. Doch keiner spricht klärende Worte, in welcher Weise der CS-Baum denn blühen soll. Stattdessen werden einmal mehr die Erfolge der vergangenen beiden Jahre zelebriert. Die CS hat in der Tat einen erfolgreichen Turnaround hinter sich. Mit dem einschneidenden Kostensparprogramm konnte sich der kriselnde Konzern in knapp zwei Jahren aus den tiefroten Zahlen hochstemmen. Gekrönt wurde die Sanierung jüngst mit dem Rekordergebnis im ersten Quartal des laufenden Jahres: 1,9 Milliarden Franken Gewinn erzielte die Grossbank in nur drei Monaten. «Klar ist, dass mit diesem guten Quartalsergebnis die Turnaround-Phase des Unternehmens endgültig abgeschlossen ist», freut sich Präsident Kielholz.

Die gute Leistung des Managements beim Turnaround ist unbestritten. Doch das ist Vergangenheit. Nun wollen die Investoren wissen, welche strategischen Prämissen die kommende Etappe prägen sollen. Die Unsicherheit spiegelt sich in der CS-Aktie: Seit rund einem halben Jahr dümpelt der Kurs vor sich hin. Mit rund 45 Franken ist er nicht viel höher als zur Zeit der Rücktrittsankündigungen der Ex-Chefs Lukas Mühlemann und Thomas Wellauer im Sommer 2002.

Grübel selber ist sich der Problematik offenbar bewusst. Schon im Februar sagte er in einem Interview mit der «SonntagsZeitung»: «Der Markt hat Erwartungen und fragt sich nun: Was machen die jetzt?» Seine Antwort auf die Frage nach einer möglichen Neuausrichtung war wenig hilfreich: «Das gegenwärtige Marktumfeld lässt kaum grosse Geniestreiche zu. Der Markt ist langweilig geworden. Wir werden in den nächsten drei Jahren schon etwas finden.»

M&A-Deals
Die Party steigt inhouse


Das Geschäft mit Fusionen und Akquisitionen belebt sich. Doch auf die Beratung durch Investment-Banken wird dabei zunehmend verzichtet.


Jüngstes Beispiel ist der Schweizer Pharmagigant Roche. Dieser prüft derzeit eine Abspaltung des Geschäfts mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten, des so genannten Over-the-counter-Business. Eine Option, die dabei verfolgt wird, ist der Verkauf des gesamten Firmensegments. Ende April berichtete die Londoner Finanzzeitung «Financial News», Roche verzichte bei diesen Verkaufsanstrengungen auf die Dienste einer beratenden Investment-Bank. Das eigene Corporate-Finance-Team werde den Zweimilliardendeal von A bis Z selbstständig durchziehen. Offenbar bisher mit einigem Erfolg: Sechs Interessenten
hätten konkrete Offerten eingereicht.


Was die Pharmamanager da machen, ist eigentlich das klassische Geschäft einer Investment-Bank vom Range einer CS First Boston, einer Goldman Sachs oder einer Morgan Stanley. Diese Banken bringen Anbieter und Nachfrager zusammen bei Käufen oder Verkäufen und beraten die betreffenden Firmen bei Kapitalmarkttransaktionen im Rahmen von Mergers & Acquisitions (M&A), also bei Fusionen und Akquisitionen. Für solche Dienste stellen CS First Boston & Co. in der Regel saftige Tantiemen in Rechnung, Grundlage für die exorbitanten Löhne der Investment-Banker von London bis New York.


Doch auf die Dienste der teuren Berater wird immer öfter verzichtet. Roche ist kein Einzelfall: Laut Berechnungen des Datendienstleisters Dealogic fand im Jahr 2003 bereits über ein Viertel aller M&A-Deals ohne beratende Investment-Banken statt; noch im Jahr 2000 waren es erst 18 Prozent, was einem Anstieg um mehr als ein Drittel entspricht. «Auch wenn die M&A-Party wieder steigt – die Investment-Banken könnten dazu nicht eingeladen sein», urteilte das Kapitalmarktblatt «Euromoney» Ende 2003.


Der Grund dafür sind nicht nur die hohen Kommissionen. Firmen wie Roche, die Milliarden an eigenen Mitteln verwalten, haben in der Regel gut bestückte Corporate-Finance-Abteilungen. Roche hat in den letzten zwanzig Jahren wiederholt Deals selber durchgezogen und sich so einiges an Expertise aufgebaut. In der Regel kennen die Firmen die Player in ihrem Markt zudem gut, sodass sie auf die Ideen der Investment-Banker für mögliche Deals oft auch gleich selber kommen.


Noch sind es vor allem die kleineren Deals unter einer Milliarde Dollar, die von den eigenen Finanzabteilungen der Unternehmen abgewickelt werden. Doch die inhouse betreuten Deals werden durchschnittlich stets grösser, wie Studien zeigen. Einzig bei den wirklichen Megadeals mit Transaktionssummen von 40 Milliarden Dollar und mehr wird auch heute nirgends auf die Beratung durch die Spezialisten der Investment-Banken verzichtet – solche Geschäfte sind schlicht zu komplex. Roche-Konkurrent Novartis beispielsweise hatte bei der jüngst geplatzten Annäherung an die französische Konkurrentin Aventis sogar mehrere Investment-Banken zur Seite.


In den Kommissionen ist der neue Trend bereits spürbar. Das zeigt sich besonders deutlich auf dem europäischen M&A-Markt. Dort nahmen in den ersten neun Monaten des Jahres 2003 die Anzahl der Deals um vier Prozent ab, die Höhe der Kommissionen aber um volle 21 Prozent.


Besonders gebeutelt werden weltweit die Preise für die kleinen Deals, wo die Banken am stärksten mit den Inhouse-Finanzabteilungen der Firmen konkurrieren. Die durchschnittliche Kommission eines Einmilliardendeals nahm von 0,29 Prozent im Jahr 1999 auf 0,26 Prozent im Jahr 2003 ab. Bei den Megadeals von 50 Milliarden Dollar und mehr stiegen indes die Kommissionen sogar noch: von 1,55 Prozent 1999 auf 1,73 Prozent 2003. Kein Wunder, fokussieren sich immer mehr Investment-Banken aufs oberste Segment – was wegen der zunehmenden Konkurrenz aber mittelfristig ebenfalls auf die Preise drücken dürfte.

Offensichtlich will sich die CS-Führung nicht festlegen. Der Vorteil: So kann sie sich sämtliche Optionen offen halten. Die Unverbindlichkeit gibt den CS-Chefs einen grossen Spielraum. Der Nachteil: Niemand weiss heute, wofür die CS eigentlich steht. Die meisten anderen Banken haben ein klareres Profil. Intern wie extern kann man sich ein – wenn auch mitunter vereinfachtes – Bild machen. Citigroup: die grösste Bank der Welt. HSBC: die globale Kommerzbank. UBS: die verlässliche Bank. Und die CS?

Unter den Vorgängern von Kielholz auf dem Präsidentensessel, Rainer E. Gut und Lukas Mühlemann, verfügte die CS über eine klare Marschrichtung. Die CS-Gruppe sah sich als «First Mover», die als erste Trends aufnahm. Rainer E. Gut expandierte in den Siebzigerjahren und damit vor allen anderen europäischen Banken ins Investment-Banking. Die CS war auch die erste Bank, die Mitte der Neunziger konsequent auf Allfinanz setzte (was sich später allerdings als wenig erfolgreich erweisen sollte). Unter Gut wie Mühlemann war die Bank für die Aktieninvestoren berechenbar: Auf Grund ihrer starken Ausrichtung aufs Investment-Banking galt sie als eher spekulativer Wert. Man wusste, dass man in guten Börsenzeiten mit CS-Papieren überdurchschnittlich gut verdienen, in schlechten aber auch überdurchschnittlich viel verlieren konnte.

Als Papier für den aufgeregten Anleger taugt die CS nach der Redimensionierung von CS First Boston nur noch beschränkt. Und der vorsichtige Anleger dürfte immer noch der UBS den Vorzug geben, die nun schon acht Quartale in Folge stabile und über den Erwartungen liegende Gewinne ausweist.

Was sich den CS-Chefs entlocken lässt, ist ein Bekenntnis zum Wachstum. Die CS wolle, so Kielholz in seiner Rede, «wieder auf den Pfad eines langfristigen Wachstums zurückkehren». Die Bank verweist auf Produkte, die gepusht, oder Regionen, die verstärkt bearbeitet werden sollen. Dass die Aussagen mitunter vage oder gar widersprüchlich sind, macht es schwierig, in der Fülle der Einzelankündigungen die grosse Linie zu erkennen.

In beiden Einheiten, der CS Financial Services, in der das Retail- und das Private Banking sowie die Versicherungsaktivitäten gebündelt sind, und der CS First Boston, die im Investment-Banking tätig ist, bestehen auch heute noch Probleme, die strategischen Ursprungs sind.

Beispiel Winterthur-Versicherungen: Hier hat der neue Chef, Leonhard Fischer, die Kosten gezielt gesenkt. Zudem wurde die hohe Aktienquote, die 2002 für den Milliardenverlust verantwortlich war, reduziert. Heute macht der Versicherungsteil wieder Gewinn.

Doch das bereits vor Jahren erkannte Hauptproblem der «Winterthur», nämlich im Vergleich zur europäischen Konkurrenz schlicht zu klein zu sein, wurde nicht gelöst. Giganten wie Allianz oder Axa beherrschen den europäischen Markt und kommen auf Marktanteile von zehn und mehr Prozent. Europaweit rangiert die «Winterthur» unter «ferner liefen» – eine dominante Marktposition hat sie nur in der Schweiz.

Grübel-Vorgänger Thomas Wellauer kam daher auf die Idee, die Länderorganisation durch eine Produkteorganisation zu ersetzen. Der Gedanke dahinter: Wenn es nicht möglich sei, in einzelnen Ländern auf über zehn Prozent Marktanteil zu kommen, so doch möglicherweise länderübergreifend bei spezifischen Produkten. Ob die Sache geklappt hätte, bleibt unbeantwortet, denn nach dem Rauswurf Wellauers hat Grübel wieder auf die alte Länderorganisation umgestellt. Dies wohl auch darum, weil sich so leichter einzelne Teile der Versicherung verkaufen lassen. Das Problem der mangelnden Grösse indes ist weiterhin da.

Unklar ist auch die regionale Stossrichtung. Im Geschäftsbericht der CS-Gruppe ist nachzulesen, man wolle die Position in Europa stärken. Just in dieser Region hat die «Winterthur» aber zwei starke Einheiten verkauft: die auf Direktvertrieb im Sachversicherungsgeschäft spezialisierte Tochter in England, Churchill, sowie die italienische Tochtergesellschaft. Offizielle Begründung der CS: Es hätten «keine ausreichenden Wachstumschancen bestanden, ohne dass wir stark investiert hätten». Die Strategie ist hier sogar im doppelten Sinn von finanziellen Zwängen geprägt, spielte doch auch bei diesem Entscheid der Wunsch mit, die leeren Kassen zu füllen.

Der Verkauf von Churchill und anderen europäischen Dépendancen hat einen weiteren Nachteil: Die Versicherung als Ganzes wird dadurch schwerer verkäuflich. Nun ist die «Winterthur» wieder schwergewichtig eine Schweizer Versicherung, geprägt vom Pensionskassengeschäft mit seinen hohen politischen Risiken. «Davon haben ausländische Versicherer bisher die Finger gelassen», sagt Christoph Ritschard, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank.

Auf die Frage, ob die «Winterthur» verkauft werden soll, haben die Verantwortlichen wiederholt geantwortet, solche Absichten bestünden «derzeit» nicht. Dass die Frage immer wieder aufkommt, liegt daran, dass die CS den Bereich wie eine Finanzbeteiligung hält und keine Anstalten macht, das Versicherungsbusiness enger mit dem Banking zu verknüpfen. Vom integrierten Bank- und Versicherungskonzept hat die Gruppe 2002 Abschied genommen. Nicht nur den Investoren ist unklar, wie weit das Commitment der Bank zur Versicherungstochter reicht. Diese Unsicherheit wirkt sich auch lähmend auf die Mitarbeiter aus.

Dann die CS First Boston: In der Investment-Banking-Sparte der Bank wurden in den letzten drei Jahren 6500 Jobs gestrichen, die Kosten um fünf Milliarden Franken gesenkt. Der Preis für die Sanierung: Die CSFB hat empfindlich Marktanteile verloren. Von 8,1 Prozent im Jahre 2000 auf 4,4 Prozent im Jahre 2003 hat sich der weltweite Marktanteil fast halbiert. Noch 2002 auf Platz drei, ist CSFB heute auf Platz sieben in den Ranglisten der grössten Investment-Banken abgerutscht. Investment-Banking ist ein People-Business: Mit dem Abbau vieler Mitarbeiter gingen auch wertvolle Kundenkontakte verloren.

Der Verlust in den Rankings sei «in erster Linie auf den für uns wichtigen Wandel vom reinen Volumendenken zu gewinnorientiertem Denken zurückzuführen», begründet die Pressestelle das Abrutschen. Grösse ist aber von entscheidender Bedeutung. Die top five erzielen deutlich höhere Margen. Das Branchenmagazin «Euromoney» warf Mack jüngst vor, «das Kind mit dem Bade ausgeschüttet» zu haben.

Mack hat reagiert und klare Ziele formuliert. So will die Bank bis 2006 die Gewinne verdoppeln und dadurch wieder unter die ersten fünf kommen. Dies soll vor allem durch die Optimierung der bestehenden Aktivitäten erfolgen, etwa des Geschäfts mit den internationalen Grossfirmen. Marktrisiken bestehen auch hier: Immer mehr Firmen machen Transaktionen inhouse (siehe Artikel zum Thema «M&A Deals: Die Party steigt inhouse»). Parallel dazu will CSFB vor allem das Business mit alternativen Anlagen – Private-Equity- und Hedge-Fund-Produkten etwa – ausbauen.

Der Erfolg wird langfristig davon abhängen, wie viel Geld die Gruppe bereit ist, in CSFB zu investieren. Anzeichen, dass sie der CSFB einen markant grösseren Eigenkapitalanteil zur Verfügung stellt, gibt es keine. Dafür machen Gerüchte die Runde, die CS Group wolle ihr Eigenkapital durch einen Aktienrückkauf generell reduzieren. Offiziell stellt die Bank solche Pläne allerdings in Abrede.

Ein Blick auf die CS Financial Services: Im Bankenbereich der Gruppe wurde der bisher klarste strategische Schritt gemacht. Per 1. Mai wurden das Private Banking (Geschäft mit den vermögenden Privatkunden) und das Retail-Banking (Kleinkundengeschäft) unter eine gemeinsame Führung gestellt. Walter Berchtold, ein enger Vertrauter von Grübel, leitet den Bereich. Damit hat die CS nun im Banking die gleiche Struktur wie Konkurrent UBS. Das Beispiel UBS hat gezeigt, dass zwischen den Bereichen Synergien bestehen. So gesehen ist die Ernennung von Berchtold ein Signal zum Aufbruch: Die Betriebsorganisation wird gestärkt, und den Kundenbedürfnissen kann noch besser Rechnung getragen werden.

Schwieriger ersichtlich ist, wo denn genau die weiteren Wachstumschancen liegen. Ende 2003 machte Grübel Schlagzeilen, als er ankündigte, die CS schaue sich in Deutschland nach möglichen Zukäufen im Retail-Bereich um. Inzwischen drückt er sich immer unverbindlicher aus. «Wenn es etwas gibt, das in unsere Strategie passt, werden wir handeln. Das könnte in einem, zwei oder drei Jahren – oder gar nie – der Fall sein», sagte er Mitte Mai der «Finanz und Wirtschaft». Was zusätzlich für Verwirrung sorgt: In die offizielle, im Geschäftsbericht 2003 deklarierte Strategie ist Deutschland nicht eingeflossen. Vermutlich will Grübel ins Ausland ausweichen, weil der inländische Retail-Markt weitgehend gesättigt ist. «Die Wachstumsmöglichkeiten im Schweizer Heimmarkt sind limitiert», räumte Kielholz in seiner Rede an der Generalversammlung ein.

Im Private Banking steht die CS vor der Herausforderung, die hohen Margen halten zu müssen. Grübel hat wiederholt betont, dass ihm Profitabilität wichtiger sei als Mengenwachstum. «Wallet-Share statt Market-Share» laute das Motto, so Bankensprecherin Claudia Kraaz. In der Tat ist die CS heute im Private Banking eine der profitabelsten Banken der Welt. Die Bruttomarge liegt bei 146 Basispunkten, einem internationalen Spitzenwert, der deutlich besser ist als beispielsweise beim Lokalrivalen UBS (107 Punkte).

Dennoch hat sich die CS auch im Private Banking zu einem Wachstumskurs bekannt. Wichtigster Wachstumsmarkt ist heute Asien. Doch dort sind die Margen schlecht, weil die wenigen gut ausgebildeten lokalen Mitarbeiter in den rasch wachsenden Märkten in Singapur oder China enorm teuer sind. Andere Regionen wiederum bieten hohe Risiken: In Lateinamerika ist die politische Lage unsicher, in gewissen Ländern Osteuropas sind die Compliance-Aufwendungen wegen der Korruption hoch.

In den Kernländern Europas hat Grübel die überteuren Expansionspläne von Wellauer, der im Private Banking auch Kunden mit Einkommen bis 250 000 Franken ködern wollte, rückgängig gemacht. Seither konzentriert sich die CS auf die vermögenden Kunden, und dies mit grossem finanziellem Erfolg. Doch das profitableste Segment ist weitgehend ausgeschöpft. Langfristig ausgerichtete Ideen, wie über dieses Segment hinweg expandiert werden kann, sind nicht ersichtlich. Einfach darauf vertrauen, dass die reichen Europäer wie in den letzten Jahrzehnten ihr Geld den Schweizer Banken anvertrauen, kann die CS angesichts einer immer einsichtigeren Steuerpolitik in vielen Nachbarländern und des steigenden internationalen Drucks auf das Bankgeheimnis nicht. Einen Ausweg aus der Zwickmühle, dass die exorbitant hohen Margen im Schweizer Offshore-Banking auf einer historischen Ausnahmesituation beruhen und wohl kaum in eine Zukunft nach Bankgeheimnis und Massenkapitalflucht gerettet werden können, hat Grübel bisher ebenso wenig gefunden wie die Gesamtheit der Schweizer Privatbanken.

Gruppenübergreifend fällt auf, dass die grossen Geschäftsbereiche untereinander immer noch kaum Berührungspunkte aufweisen. CS First Boston, CS Financial Services und «Winterthur» sind wie drei Säulen: organisatorisch, führungsmässig und geschäftlich eigenständig.

Bisher hat die Gruppe keine Anstalten gemacht, die Teile ineinander zu verweben. Sollte die Zusammenlegung von Retail- und Private Banking wirklich ein Schritt in Richtung eines integrierten Konzerns à la UBS sein, der unter einer Marke und einer Führung auftritt, dann müsste hier über kurz oder lang ein konkretes Zeichen gesetzt werden. Neu wäre dieser Weg ja nicht: Der ehemalige Konzernchef Josef Ackermann hat sich schon 1996 für einen integrierten Konzern stark gemacht. Er scheiterte am Widerstand des damaligen Präsidenten Gut, der die Teile getrennt haben wollte, damit die Lohnexzesse der CS First Boston nicht auf den Rest der Bank übergreifen.

Heute werden die Teile wohl eher aus einem anderem Grund getrennt gehalten: Man will sich die Möglichkeit nicht verbauen, eine oder gar zwei der Säulen zu verkaufen. Angesichts heute wenig attraktiver Märkte und Verkaufschancen ist das Thema jedoch erst einmal auf Eis gelegt. Ein Verkauf von «Winterthur» und CSFB sei «derzeit keine Option», so Bankensprecherin Kraaz.

Experten halten allenfalls einen Verkauf der «Winterthur» für sinnvoll. Ohne die CSFB aber würde die CS Group aus der Liga der globalen Player absteigen. Auch in der CS-Führung soll diese Einschätzung inzwischen breit abgestützt sein – weder Kielholz noch Grübel oder Mack scheinen einen Verkauf der CSFB heute noch ernsthaft zu erwägen.

So gesehen erstaunt es, dass Kielholz auch bezüglich CSFB nicht ein für alle Mal ein Bekenntnis leisten will. Einzig John Mack setzt Zeichen. So hat er seine beste Versicherungsanalystin der «Winterthur» zur Verfügung gestellt, um nach Optimierungen im Geschäft und in der Zusammenarbeit zu suchen. Zudem wur-de ein hochrangiger Managing Director der CSFB abgestellt, um sich ausschliesslich um die CSFS zu kümmern, die ja grösste Kundin der Schwesterbank ist.

Insider vermuten, die Zurückhaltung der Chefs in Fragen der strategischen Ausrichtung habe auch etwas mit dem absehbaren Führungswechsel zu tun. Grübel und Mack, beide 60-jährig, haben angedeutet, in wenigen Jahren jüngeren Managern Platz machen zu wollen. Die Suche nach einem neuen Konzernchef gehört auch zu den Hauptaufgaben, die sich Präsident Kielholz gesetzt hat. Nebst dem erwähnten Banking-Chef Walter Berchtold (42) und «Winterthur»-Chef Leonhard Fischer (41) gehört auch der neue Leiter des Corporate Center, Urs Rohner (44), ehemals Chef des Fernsehkonzerns ProSiebenSat1, zu den Papabili. «Ich gehe davon aus, dass wir unter Grübel und Mack nicht mehr die grossen Würfe sehen», so Analyst Ritschard.

Damit hält aber die Unsicherheit über den strategischen Kurs der Bank weiter an. Vor allem Kielholz, als Präsident für die Strategie letztlich verantwortlich, ist gefordert, klarere Zeichen zu setzen. Doch er ist wenig in Erscheinung getreten. Dabei würden nicht nur die Aktionäre gerne den Weg aufgezeigt bekommen, sondern offensichtlich auch die Mitarbeiter.

Im Firmenvideo anlässlich der Generalversammlung äusserten sich auch einzelne Mitarbeiter, die von Frühlingsgefühlen offenbar noch nicht richtig gepackt wurden. «Ich erwarte», so der Kadermann Veit de Maddalena unmissverständlich, «dass wir ganz klar festlegen, dass wir wachsen und wo wir wachsen. Und dass man auch wieder bereit ist, Geld in die Finger zu nehmen und zu investieren.»