Die Credit Suisse verliert – das zeigt besonders der Vergleich mit der Konkurrenz, allen voran der Vergleich mit der grössten Schweizer Bank UBS:

 

1. Aktienkurs Credit Suisse versus UBS

Seit den Pleiten um Archegos und Greensill - März 2021 - haben sich die Aktien von UBS und CS entkoppelt. Der Hintergrund: Die UBS verbesserte ihre Quartalsergebnisse und wies 2021 einen Rekordgewinn von 6,9 Milliarden Franken aus, die CS generierte im Gegensatz wegen diversen Abschreibern und Rechtsfällen einen Jahresverlust von 1, 6 Milliarden. Und sorgte beim Publikum mit Negativschlagzeile für Unsicherheit. Das Jahresergebnis der UBS zeigt, dass das Geschäftsmodell der Bank nachhaltig ist und einen steten Gewinnfluss garantiert, das gilt nicht für die Credit Suisse. Da sind viele grundsätzliche Fragen offen. Wie gut ist das Management? Wie viele Leichen hats noch im Keller? Und problematisch: Nicht eine, sondern diverse Divisionen haben mit groben Problemen zu kämpfen: Der Archegos-Verlust fiel im Investmentbanking an, die Greensill-Pleite im Asset Management, der Fall Iwanischwili im Wealth Management. Während das Team um Thomas Gottstein laufend ausgewechselt wurde und mit Vergangenheitsbewältigung und dem Verstärkung des Risikomanagements beschäftigt ist, kann sich die UBS auf Wachstumsinitiativen konzentrieren. Dazu gehört die digitale Vermögensverwaltungsplattform Wealthfront, die man kürzlich in den USA für 1,3 Milliarden kaufte. Ein Bekenntnis zum jüngeren Publikum und zum wachsenden US-Markt, wo die CS kaum präsent ist. Woher die Phantasie für weiteres Wachstum bei der Nummer 2 kommen soll, ist nicht auszumachen. Keine überzeugenden Pläne, kein Optimismus, eine Truppe mit wenig Erfahrung. Stattdessen Drehen an 1000 Schrauben. Entsprechend dümpelt die Aktie um 7 Franken. Phantasie: aktuell keine. Eine Umbau kann 2 Jahre dauern.

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2. Börsenwert von Grossbanken
 

Der Rückstellungen und Russland-Risiken bescheren der CS einen Verlust für das erste Quartal 2022 - und drücken schwer aufs Market Cap. Mittlerweile ist die UBS an der Börse dreimal mehr wert. Das befördert bei der CS Übernahme- oder Fusionsgerüchte, genannt werden Deutsche Bank in Frankfurt (Merger), Société Générale in Paris (Übernahme) oder Unicredit in Mailand (Merger). Letztere segelt mit dem ehemaligen UBS-Spitzenmann Andrea Orcel auf einem forschen Expansionskurs. Allerdings ist ein Zusammengehen aktuell unrealistisch, weil möglicherweise weitere Risiken in der CS schlummern könnten. Zudem will der eben gewählte Präsident Axel Lehmann noch länger im Amt bleiben. Zum Thema UBS mit CS Ein Zusammengehen wäre aus Sicht von Branchenprimus UBS ein Defensiv-Szenario, falls sich ein Ausländer an die CS anschleichen würde. Ein Wunschszenario einer Fusions-Grossbank UBS-CS gibt es nicht, weil ein Merger (oder besser: Übernahme durch die UBS) zu massiven Einschnitten in der Schweiz führte. Zudem wäre das nicht im Interesse der Volkswirtschaft, weil das Klumpenrisiko immens wäre - und nicht im Interesse der (Geschäfts-)Kunden, die keine Auswahl mehr hätten. Klar ist aber auch, dass die US-Grossbanken den europäischen Banken längst enteilt sind. Das liegt am dynamischen Grossmarkt USA, während der Bankenplatz Europa immer noch national geprägt ist. Eine Konsolidierung, wie seit 10 Jahren prognostiziert, hat bislang nicht stattgefunden. Crossborder-Deals sind ohnehin schwierig, weil ein Einheitsmarkt fehlt und die zusätzliche Regulierung das Geschäften (Eigenkapital) verteuern würde. Entsprechend enttäuschend sind Europas Banken im Vergleich zu den Giganten in den USA bewertet. Morgan Stanley wird mit 150 Milliarden gehandelt, die CS mit 18 Milliarden. 

3. Reingewinn

Die UBS wies per 2021 den grössten Reingewinn seit 15 Jahren aus – 6,9 Milliarden Franken. Die CS dagegen tauchte. Seit 2015 sind die Karten verteilt: Die CS musste in dieser Zeitspanne vier Mal Jahresverluste ausweisen, die UBS nie. Die UBS profitiert von ihren 4000 Milliarden under Management, die alljährlich eine Gewinnausstattung von 5 Milliarden garantieren. Selbst die Prozessrisiken der UBS im Frankreich-Fall sind stark gesunken: War früher von Busse und Entschädigung von bis 5 Milliarden die Rede, dürften die Gesamtkosten bei einem rechtsgültigen Urteil eher unter einer Milliarden liegen. Die beherzte Verteidigungsstrategie von Sergio Ermotti und seinem Longtime-Rechtschef Markus Diethelm, der kürzlich von Bord ging, scheint aufzugehen. 

4. Bonus-Pool

Der Bonus-Pool wird jeweils im Frühling festgelegt und beeinflusst die Gesamtkompensation vieler Mitarbeitenden. Während der Honigtopf der erfolgreichen UBS wächst, sinkt jener der CS. In der Vergangenheit wars allerdings ganz anders. Da war jener der CS oft grösser als jener der UBS. Das liegt am Risikoprofil der Credit Suisse, die aggressiver, unternehmerischer unterwegs ist als der Vermögensverwaltungsriese UBS. Entsprechend sind die so genannten Risk Taker bei der CS stärker insentiviert, speziell in den USA (Investmentbanking). Um die Talente in den USA nicht zu verlieren, zahlte die CS letztes Jahr Extraboni aus. Nachbessern war gefordert, weil bei den hocherfolgreichen US-Investmentbanking die Boni um 30, 40 Prozent nach oben sprangen. Krass ist der Unterschied der Cheflöhne der beiden Schweizer Grossbanken: UBS-CEO Ralph Hamers bezog letztes Jahr 11,5 Millionen, Thomas Gottstein musste sich mit 3,9 Millionen bescheiden. Sein Vorgänger Tidjane Thiam hatte das Dreifache verdient. Und Gottstein muss eine neue Kultur durchsetzen. Diese Arbeit wird dem Personal einiges abverlangen. Neu lautet nämlich die Devise, dass jeder und jede in der Bank zuvorderst ein Risk Manager sei - damit aber wird das Selbstverständnis der Grossbank in Frage gestellt. Denn bislang war man auf den unternehmerischen, stark IB-geprägten Ansatz stolz. Es wird eine Gratwanderung für den früheren IB-Banker Gottstein.

5. Vorsteuergewinn

Ausgerechnet das Investmentbanking der CS, auf das man so stolz ist, riss 2021 ein tiefes Loch in die Rechnung. Und die Vermögensverwaltung der UBS, die eher belächelt wurde, bringt richtig Geld. Und was überraschend ist: Die UBS hat zwar ihr Investmentbanking stark runtergefahren - im Gegensatz zur CS -, aber ihre Division ist seit 2018 rentabel. Konkret: Die UBS verdiente mit ihrem gezähmten Investmentbanking in den letzten vier Jahren 7 Milliarden, die CS magere 1,6 Milliarden. Das zeigt: Die UBS hat unter Ermotti ihre Kosten optimiert und dort gespart, wo der Gewinnfranken am teuersten erkauft wurde. Im Gegensatz zur CS, welche die Kosten in der Ära Thiam über die ganze Bank trimmte und das IB nie kräftig eindampfte. Für die Zukunft heisst das: Die CS wird ihre Kapitalallokation viel beherzter optimieren müssen als in der Vergangenheit. Das hat man sich im Ansatz vorgenommen: Bis 2022 sollen dem Wealth Management zusätzliche Eigenmittel zugeschanzt werden, auf Kosten des Investmentbankings. Bis diese Neuausrichtung greift, wird es dauern. Und ob der Schwenker genügt, wird man sehen. Auf jeden Fall ist Kapitaleffizienz gefragt. Auch hier hat die UBS die Nase vorn.