Darum setzen Airlines wie Swiss nun auf Premium Economy

In der Regel gibt es drei Klassen an Bord der Passagierflugzeuge: First, Business und Economy. Viele Airlines verzichten mittlerweile zwar auf die First, doch bei der Swiss steht sie nicht zur Disposition, auch wenn sie nach der Coronakrise wohl kleiner ausfallen dürfte. Jetzt kommt eine weitere, vierte Klasse bei der Swiss hinzu: die Premium Economy. Lange geplant, dann den Start wegen der Pandemie verschoben, lanciert die Swiss jetzt ihre Premium Economy und hat sie am Montagnachmittag erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Swiss baut sie in ihre Langstreckenflieger vom Typ Boeing 777-300ER ein, jeweils 24 Sitze: Es gibt also ab November 2021 dann drei Reihen Premium Eco in den ersten umgerüsteten Maschinen. Ab Juni sei die neue Reiseklasse buchbar, aber erst für Reisen ab April 2022. Mehr Platz, mehr Service Wirklich neu ist die Premium Economy nicht, viele Airlines auf der Welt fliegen schon seit vielen Jahren, teilweise schon seit Jahrzehnten damit umher. Nun nimmt der Trend aber auch in Europa an Fahrt auf. Ziel ist, neue Kundengruppen zu erreichen. Richtig einheitlich ist dabei nichts: Manchmal heisst das Angebot Premium Eco, andere nennen es Eco Plus oder Eco Comfort. Einheitlich ist die Idee, Passagieren mehr Platz zu bieten, inklusive grösseren Sitzen, mehr Abstand plus besseren Service. Kurzum: Mehr als das, was man in der schnöden Eco bekommt. Doch so viel Luxus wie in der Business und sogar in der First soll es auch nicht geben. Sonst fliegt ja niemand mehr in der Luxus-Klasse. Typisch ist, die Premium Economy zwischen Eco und Business anzusiedeln. In der Regel gibt es rund 20 Prozent mehr Sitzabstand und weniger Sitze in einer Reihe, also etwa eine 2-4-2 Konfiguration wie bei der Swiss. Aber: Den Sitz kann man nicht wie in der Business und in der First in ein komplettes Bett verwandeln. Bei der Swiss hat der Sitz immerhin einen um 25 Prozent grösseren Neigungswinkel, bei der Breite sind es 10 Prozent mehr Platz. Ausserdem bieten Airlines in der Premium Economy noch etwas mehr: besseres Essen, bessere Headsets, früheres Boarding und so weiter. So wirbt Swiss-Mutterkonzern Lufthansa damit, dass es in ihrer Premium Economy «bis zu 50 Prozent mehr Platz nach allen Seiten» gebe, plus mehr Freigepäck und mehr Service. Verliert die Business oder die Eco? Dies führt zwangsläufig zur Frage: Wen sprechen die Airlines mit der Premium Economy an? Eco-Kunden, die upgraden oder Business-Kunden, die downgraden? Die lukrativen Business-Kunden zu verlieren, will kein Airline-Manager. Aber die Antwort lautet wohl: sowohl Eco- als auch Business-Kunden werden wechseln. Sicher ist: Die Premium Economy ist in erster Linie ein Produkt für die Langstrecke. Und wer als Eco-Kunde mehr Komfort möchte, aber nicht ein Business-Ticket bezahlen will, für den könnte die Premium Economy eine interessante Option sein. Ebenso dürften sich Geschäftsreisende überlegen, die sonst in der Business unterwegs sind, ob sich nicht viel Geld sparen liesse, wenn man die Premium Eco wählt. In Zeiten, in denen Unternehmen ihre Reiserichtlinien überdenken, könnte die Premium Eco Vorteile haben. Was ein Premium-Eco-Ticket kostet, ist nicht einheitlich: Typisch ist ein Aufschlag von etwa 20 oder 30 Prozent gegenüber einem Eco-Ticket, es kann aber auch das Doppelte sein. Das alles hängt von der Airline, der Reiseroute und dem Zeitpunkt der Buchung ab. Natürlich ist dies immer noch deutlich günstiger als ein klassisches Business-Class-Ticket. Bei der Swiss soll die Premium Eco pro Wegstrecke im Schnitt 250 bis 300 Franken mehr kosten als die normale Eco.Premium Economy: Fakten zum neuen Swiss-Sitz Die neue Premium Economy der Swiss wird ab November 2021 für Passagiere erst auf wenigen Flügen nutzbar sein. Der Einbau in weitere Flieger vom Typ Boeing 777-300 ER folgt in den weiteren Monaten. - Der Premium-Eco-Sitz hat eine Beinfreiheit von 99 cm (Eco: 78,7 cm) - Sitzbreite: 46 - 48 cm (Eco: 43,3 cm) - Max. Neigungswinkel: 31 Grad (Eco: 13,5 Grad) - Bildschirmgrösse: 15,5 Zoll (Eco: 11 Zoll) - Menüauswahl: 3 Hauptgerichte (Eco: 2 Hauptgerichte) - Bevorzugtes Einsteigen (bei Eco nicht der Fall) Hohe Umbaukosten für die Airlines Daraus folgt der Spagat für Airlines: Wie lassen sich Premium-Economy-Sitze so attraktiv vermarkten und entsprechend hohe Erlöse erzielen, dass sich die hohen Investitionen auch lohnen? Zumal die Flieger komplett umgebaut werden müssen, denn es werden neue Sitze eingefügt und weniger Passagiere transportiert als in den engen Eco-Reihen. Allein bei der Swiss betrugen die Umbaukosten rund 40 Millionen Franken. Hinzu kommt: Wie viele Flieger ihrer Flotte stattet eine Airline mit der Premium Eco aus? Kein Passagier will Premium Eco buchen und dann doch in der normalen Eco landen, weil es kurzfristig einen Maschinen-Wechsel gab. Und können und wollen Passagiere auch mal mischen? Nach dem Motto: Hinflug in Eco, zurück in Premium Eco. Oder einmal Business und dann weiter in Premium Eco? Die Pandemie hat die Grundsatz-Debatte befeuert, wie viel Business-Sitze an Bord noch nötig sind, zumal sich nach Corona der Freizeit-und Ferienflugmarkt schneller erholen sollte als der Geschäftsreiseverkehr. So gesehen spricht einiges für einen Ausbau von Eco und Premium Eco auf Kosten der Business-Class. Entsprechend hatte sich auch schon Lufthansa-Chef Carsten Spohr geäussert. Alles in allem ist Premium Eco eher nichts für Billigflieger, die primär auf der Kurz - und Mittelstrecke unterwegs sind. Kein Wunder, dass auch Emirates, die stark auf der Langstrecke unterwegs sind, ebenfalls auf Premium Eco setzt: Die Grossraumflieger vom Typ A380, die im Juli wieder auf der Route Zürich - Dubai unterwegs sind, haben ebenfalls neue Premium-Eco-Sitze verbaut. Luxuriös abheben nach Corona: Die wichtigsten Trends der Privatfliegerei (Abo)