Die zündende Idee kam Harry Bachmann bereits vor einigen Jahren. Der Ingenieur spazierte am Pfäffikersee entlang, dachte über Lärm nach, und schaute auf die Wellen. Aus dem Physikunterricht wusste er, dass sich Welle und Gegenwelle neutralisieren. Da durchzuckte ein Gedanke seinen Kopf: Es muss doch möglich sein, die Schallwellen von Lärm mit absichtlich erzeugtem Gegenlärm auszulöschen.

Diesen Geistesblitz brachte er zu Hause auf Papier. Und mit den Plänen für ein System, das lärmex- ponierte Räume von lästigen Geräuschen entlasten sollte, nahm er 2004 am Venture-Wettbewerb von ETH und McKinsey teil. Er gewann den Spezialpreis, was ihn ermutigte, noch im gleichen Jahr Anocsys zu gründen. Seither hat Bachmann investiert und nochmals investiert, inzwischen einen zweistelligen Millionenbetrag in Franken.

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Entwicklungsarbeit war intensiv

2005 dislozierte der Jungunternehmer seine Firma von Fehral-torf nach Altdorf, auf das Ruag-Gelände, nicht zuletzt wegen der Unterstützung durch die kantonale Wirtschaftsförderung und die Urner Kantonalbank.

Nach Jahren der intensiven Entwicklungsarbeit konnte Anocsys 2007 die ersten 20 Pilotanlagen installieren. In Wohnungen, Büros, Hotels und öffentlichen Gebäuden wurden sie allen möglichen Lärmquellen ausgesetzt.

Und es stellte sich heraus, dass das System funktioniert. «Schall ist vereinfacht erklärt eine Luftbewegung. Diese bringen wir mittels entgegengesetzter Bewegung zum Stillstand», erklärt Bachmann das Prinzip der Lärmreduzierung. Er zeigt auf die Hardware, auf der die Technologie fusst, und verrät das Geheimnis der Lärmvernichtung.

Was auf äusserst komplizierter Physik und einer geballten Ladung Software beruht, kann sich der Laie etwa so vorstellen: Ein Aussenmikrofon von der Grösse einer Zündholzschachtel nimmt die Geräusche auf. Es leitet sie an den mit mehr als 100 Prozessoren bestückten zentralen Rechner weiter, der sie blitzschnell analysiert. Nun können Lautsprecher die ermittelten Antischallwellen in den Raum aussenden. Mit dem Resultat, dass der Lärm verschluckt wird und er stirbt, bevor er ertönen kann.

«Eigentlich ist unsere Idee nicht neu, ein deutscher Physiker hat sie bereits 1937 patentieren lassen», räumt Bachmann ein. Doch verschiedene grössere Firmen seien beim Versuch der Lärmberuhigung von Räumen auf diese Art kläglich gescheitert. Das soll Anocsys nicht passieren. In der Forschungsabteilung sind gut ein Dutzend Entwickler damit beschäftigt, die Technik weiter zu verfeinern. Gefertigt werden die «Island of Silence» genannten Geräte, deren Komponenten von Zulieferern rund um den Globus stammen, in Altdorf.

Im nächsten Jahr in Serie gehen

Im Laufe des Jahres werden gegen 100 weitere Pilotanlagen installiert. «In dieser Phase machen wir dies bei technisch interessierten Kunden, die uns dabei helfen, das Hightech-Produkt zu optimieren», verrät Bachmann. Und spätestens im nächsten Jahr aber möchte Anocsys mit ihren «Lärmvernichtern» serienmässig auf den Markt kommen.

Auch wenn der Endpreis noch nicht festgelegt ist: Wer sein Haus mit dem neuen System vor Lärm schützen will, muss mit Kosten von rund 50000 Fr. rechnen. Pro Zimmer (17 m2) sind 8000 Fr. zu veranschlagen. Bereits haben sich Banken bereit erklärt, solche Ausgaben über die normale Hypothek zu finanzieren. Zudem können Bewohner von lärmgeplagten Zonen mit Subventionen rechnen, wenn sie bei den Lärmschutzbehörden ein Gesuch einreichen. Entwarnung gibt es zudem bezüglich möglicher Nebenwirkungen: Das System sei gesundheitlich völlig unbedenklich.

«In der Pilotphase hat sich gezeigt, dass das Interesse an unserem System weitaus grösser ist, als wir erwartet haben», sagt Bachmann. Er gibt zu bedenken, dass ein Drittel der Schweizer unter Lärm leidet. Mit Blick über alle Grenzen meint er: «Das Potenzial ist gigantisch.» Die Vision ist, dass der «Lärmvernichter» eines Tages genauso alltäglich ist wie der Kühlschrank.

Im Moment ist Anocsys immer noch ein typisches Start-up. Allerdings soll spätestens 2010 der Breakeven erreicht sein. Sobald schwarze Zahlen geschrieben werden, ist der Börsengang vorgesehen. Optimismus schöpft Bachmann aus der Tatsache, dass er kaum Konkurrenten zu fürchten braucht. Die Technologie gilt weltweit als einzigartig, und Anocsys hat sie über Dutzende von Patentgruppen schützen lassen.