Hans Schweickardt mag Sport, vor allem den Biathlon, bei dem es nicht nur Ausdauer für den Langlauf braucht, sondern auch Präzision fürs Schiessen. Das sei die bevorzugte Disziplin von Alpiq, betonte er Ende April in Lausanne an der Generalversammlung des Stromkonzerns, den er präsidiert. Und damit leitete er flamboyant auf den Tagungsort für das Aktionärstreffen über, der im jährlichen Turnus mit Olten wechselt. Vom olympischen Geist, der in Lausanne wehe, «lassen wir uns gerne inspirieren», sagte Schweickardt. Doch von seiner Bestform ist der Stromkonzern weit entfernt, vom Medaillenholen ebenfalls.

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Alpiq leistet sich nicht nur zwei Hauptsitze, sondern auch zwei Philosophien, zwei Machtzentren – mit zwei Alphatieren an der Spitze, die mehr gegen- als miteinander funktionieren: Auf der einen Seite steht Schweickardt, der langjährige Präsident und Architekt des Fusionskonzerns, der 2009 aus Atel und EOS hervorgegangen ist. Auf der anderen Seite Jasmin Staiblin, die Branchenfremde, die den Job als Konzernchefin bei Alpiq erst im Januar 2013 übernommen hat und den Neuanfang probt.

Der schwelende Konflikt ist umso erstaunlicher, als es Schweickardt war, der Staiblin unbedingt wollte. Einige Beobachter orten den Anfang des Konflikts bei der Lohnfrage, hat doch Staiblins Vorgänger Giovanni Leonardi mehr verdient. Jedenfalls drängt Schweickardt sie jetzt an den Rand, hindert sie daran, sich zu entfalten, und nennt sie hinter ihrem Rücken altväterlich «Jasminchen», wie mehrere Beobachter erzählen. Er mache nicht selten kritische Bemerkungen und streiche nicht ungern ihr – noch – fehlendes Branchenwissen hervor. Gleichzeitig erlaubt er ihr, zum Chefposten bei der hoch verschuldeten und ertragsschwachen Alpiq-Gruppe ihre Verwaltungsratsmandate bei Georg Fischer, Rolls-Royce und der Neuen Aargauer Bank zu behalten. Die Folge: Staiblin sei weder hör- noch sichtbar, intern wie extern, heisst es in Alpiq-Kreisen.

Keine Lust aufs Altenteil

Das ist genau das Gegenteil von offenen Türen, die sie bei ihrem Antritt versprochen hat. Davon wiederum profitiert Schweickardt: Denn je mehr sie anderweitig beschäftigt ist, desto grösser bleibt sein Einfluss auf Alpiq, desto mehr braucht es ihn, insbesondere jetzt, da der Konzern in der Krise steckt. «Er will das Boot im Sturm nicht verlassen», sagen mehrere Alpiq-Manager übereinstimmend. Er plane seine Wiederwahl. Kapitän Schweickardt, der nächstes Jahr 70 Jahre alt wird, will 2015 also nochmals antreten. Mindestens noch für eine Amtsperiode, die aufgrund der Spielregeln der Abzockerinitiative neu auf ein Jahr beschränkt ist. Alpiq macht keine konkreten Angaben: Zum jetzigen Zeitpunkt stehe noch nicht fest, welche Verwaltungsräte sich an der Generalversammlung 2015 zur Wiederwahl stellen würden.

Schweickardt wolle vor seinem Abgang das Haus sanieren, heisst es im Alpiq-Umfeld. Unter anderem mit dem Verkauf des Anteils an der Netzgesellschaft Swissgrid, der gemäss Analysten zwischen 800 und 900 Millionen Franken in die Kassen spülen sollte. Denn der Konzernlenker weiss, dass ihm, sobald er geht, die Schuld für den Schlamassel, in dem Alpiq steckt, zugeschoben wird. Denn es war seine Fusion, die in der Hochstrompreis-Periode angedacht wurde, in der Zeit, als die von Monopol und Staatsgarantie verwöhnten Strombarone in die Marktwirtschaft entlassen wurden und sich als Unternehmer aufspielen konnten. Die Anlagen der Westschweizer EOS wurden – aus heutiger Sicht – zu hoch bewertet, die EOS-Aktionäre, sprich die Westschweizer Elektrizitätswerke im Besitz der Kantone Waadt, Freiburg und Genf, mit 1,8 Milliarden Franken zu grosszügig entschädigt. Die Romands erhielten das Geld, die Deutschschweizer die Macht. Doch mit dem Preissturz kamen die Abschreiber.

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