Schmolz + Bickenbach braucht Geld, soviel ist klar. Die Generalversammlung des Schweizer Stahlkonzerns wird am Freitag entscheiden, das Aktienkapital des hoch verschuldeten Unternehmens in einer sogenannten «Harmonika» zuerst zu reduzieren und anschliessend wieder zu erhöhen.

Darüber hinaus herrscht in fast allen Punkten Uneinigkeit. Während der Verwaltungsrat mit Hilfe eines Bankenkonsortiums eine Kapitalerhöhung durchführen will, taten sich die Erben der Firmengründer dafür mit dem Milliardär Viktor Vekselberg zusammen und wollen substanziell mehr Geld in die Firma holen. Ausserdem liessen die Grossaktionäre die Abwahl des halben Verwaltungsrates traktandieren. Stattdessen wollen sie eigene wählen.

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Nachfolgend eine Aufstellung der wichtigsten Akteure:

Die Seite des Verwaltungsrates

  • Der Verwaltungsrat der Schmolz + Bickenbach unter der Leitung von Hans-Peter Zehnder wehrt sich mit allem Mitteln gegen die von den Gründeraktionären vorgeschlagene Kapitalerhöhung um bis zu 350 Millionen Euro. Als Argument führen die strategischen Lenker des Stahlverarbeiters vor allem die Verwässerung bestehender Aktionäre ins Feld. Diese müssten, um ihren jeweiligen Stimmenanteil zu halten, mehr zusätzliche Aktien erstehen, als beim eigenen Vorschlag des Unternehmens. Der Verwaltungsrat will lediglich 330 Millionen Franken Kapital aufnehmen.
  • Eine zentrale Figur im Verwaltungsrat von Schmolz + Bickenbach ist Gerold Büttiker. Dieser soll etwa 6 Prozent an Schmolz + Bickenbach halten. Mit der Gegenseite verbindet ihn ein Aktionärsbindungsvertrag. Nach Auffassung des Verwaltungsrats dürfen die Gründererben hinter der Schmolz + Bickenbach aufgrund dieses Vertrags lediglich mit 20,46 Prozent der Stimmen für die von ihnen vorgeschlagene Kapitalerhöhung stimmen.
    Stimmt Büttiker mit den 2 Prozent der Aktien, welche durch den Vertrag abgedeckt werden hingegen nicht für die von den Gründererben vorgeschlagenen Verwaltungsräte, muss er eine Konventionalstrafe von 500'000 Franken bezahlen. Noch schlimmer könnte es seinen Vertragspartnern gehen. Das implizite Vetorecht gegen ihr Stimmverhalten durch Büttiker ist der einzige Grund, weshalb diese kein öffentliches Kaufangebot für Schmolz + Bickenbach abgeben müssen, obwohl sie über 40 Prozent der Aktien halten. Normalerweise wäre ein solches Angebot schon ab einem Drittel der Aktien fällig.
  • Ebenfalls für eine weniger hohe Kapitalerhöhung und vor allem gegen eine Beteiligung von  Vekselberg stellt sich die VUSB – Vereinigung für eine unabhängige Schmolz + Bickenbach AG. Diese Gruppe von Kleinaktionären unter der Führung von ehemaligen Kadern der Vorgängerfirma Swiss Steel stört sich – wie auch die jetzigen Verwaltungsräte – an der möglichen Verwässerung bei einer höheren Kapitalaufnahme.

Die Gründererben und ihre Verbündeten

  • Unter dem Dach der Schmolz + Bickenbach GmbH & Co. KG halten die Erben der Gründer in drei Gesellschaften insgesamt 40,46 Prozent der Aktien von Schmolz + Bickenbach. Diese Gruppe suchte mithilfe der Investmentbank Rothschild schon früh nach einem grossen Investor für das Unternehmen. Neben einer Kapitalerhöhung will die Gesellschaft auch drei neue Verwaltungsräte an die Spitze des Unternehmens wählen, um so besseren Einfluss auf die künftige Strategie nehmen zu können.
  • Auf ihrer Suche nach Investoren sind die Grossaktionäre aus Deutschland bei Vekselbergs Renova fündig geworden. Das Unternehmen des russischen Investors bekäme ein Vorkaufsrecht auf alle nicht ausgeübten Bezugsrechte aus der Kapitalerhöhung. Kommt der Plan durch, hält Vekselberg über eine Zürcher Firma namens Venetos schliesslich etwa 25 Prozent an Schmolz + Bickenbach. Die heutigen Grossaktionäre hätten dann nur noch etwa 15 Prozent.
    Dass sich der Verwaltungsrat des Unternehmens so entschlossen gegen den Einstieg von Vekselberg stellt, hat scheinbar nicht nur unternehmerische Gründe. Zusammen mit mehreren anderen Investoren war auch Vekselbergs Renova ursprünglich vom Verwaltungsrat eingeladen, einen Einstieg zu prüfen. Der Russe weigerte sich allerdings, einen Geheimhaltungs- und Stillhaltevertrag zu unterzeichnen. Warum wurde klar, als er sich kurz darauf mit den Gründererben zusammentat. Selbst wenn der Einstieg – und die damit verbundene Machtübernahme – Vekselbergs für die Angestellten und Kleinaktionäre von Schmolz + Bickenbach nicht schlecht sein muss: Dass er den Verwaltungsrat umgangen hat, kann man ihm dort scheinbar nicht nachsehen.
    Die Gründererben könnten sich mit dem Russen allerdings verkalkuliert haben. Dieser half ihnen zwar mit der Refinanzierung eines anderen taumelnden Unternehmens – hat sie jedoch jetzt fest in der Tasche.

Diese Leute glauben an eine Zukunft von Schmolz + Bickenbach

  • Viktor Vekselberg ist nicht der einzige, der an eine Zukunft von Schmolz + Bickenbach glaubt. Ebenfalls an einer Beteiligung interessiert ist Michael Pieper. Mit dem Ziel einer «strategischen Neuausrichtung und nachhaltigen Wertsteigerung» will er eine substanzielle Minderheitsbeteiligung erwerben. Sein Angebot an die Gründererben liessen diese allerdings ungenutzt verstreichen. Aus dem Umfeld des Verwaltungsrats verlautet, die Erben hätten sich gerne mit Piepers Firma Artemis eingelassen – ihr Vertrag mit Viktor Vekselberg sei allerdings so eng gefasst, dass sie nicht mehr davon wegkommen. Aufgegeben hat Pieper deshalb noch nicht.
  • Sollten die Aktionäre dem Vorschlag des Verwaltungsrats zustimmen, freuen sich noch drei weitere Unternehmen: Credit Suisse, Commerzbank und BNP Paribas. Die drei Banken haben die Abnahme der Aktien bei der Kapitalerhöhung garantiert und kassieren dafür eine Gebühr. Diese soll laut den Gründererben ungefähr 30 Millionen Franken betragen. Vor allem aber, könnte das Bankensyndikat alle nicht ausgeübten Bezugsrechte ausüben oder verkaufen – und so gegebenenfalls von steigenden Kursen profitieren.

Der Showdown findet am Freitag 28. Juni um 10 Uhr statt - im Kultur und Kongresszentrum Gersag in Emmenbrücke.