Nach dem Spitzenjahr 2009 erwarten wir dieses Jahr einen zumindest guten Jahrgang», erklärt Peter Hermann aus Fläsch GR. Auf seinem Weingut in der Bündner Herrschaft keltert der Winzer nach jeder Lese rund 45 000 Flaschen. Diese werden je zur Hälfte an Privatkunden ab Hof und an die gehobene Gastronomie verkauft. Zum Angebot gehören Riesling Sylvaner und Sauvignon Blanc als fruchtige Weissweine sowie die autochthone Sorte Completer. Bei den Rotweinen ist der Winzer besonders erfolgreich mit einer Cuvée aus Zweigelt, Merlot und Pinot Noir. «Die grosse Zahl von Selbstkelterern bringt eine unendliche Vielfalt an Weinen hervor», meint Hermann zur eigentlichen Stärke der Schweizer Weinwirtschaft. Allerdings kenne der durchschnittliche Weintrinker die vielen hervorragenden einheimischen Weine kaum und decke sich lieber im preisgünstigen Supermarkt ein.

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Der Bündner Weinbauer sagt dies mit leichtem Bedauern, ohne dass er sich deswegen persönlich sorgen müsste. Denn bei seinen Tropfen übertrifft die Nachfrage die Produktion deutlich. Hermann ist nicht abgeneigt, immer wieder Neues auszuprobieren, zumal der laufende Klimawandel den Spielraum erweitert und die Pflanzung südlicher Sorten ermöglicht. «Anderseits müssen wir aufpassen, dass in heissen Jahren die bei uns traditionellen Weine sortentypisch bleiben», gibt Hermann zu bedenken. Das gilt etwa für die Weissweine und den Pinot Noir.

Hermann ist einer von rund 1700 hauptberuflichen Rebbauern in der Schweiz. Sein Familienbetrieb von 6,5 Hektaren entspricht gutem Schweizer Durchschnitt. Nebst professionellen Weinbauern, die ausschliesslich vom Ertrag der Reben leben, bewirtschaften zigtausend Nebenerwerbs- und Hobbywinzer im Schnitt kaum eine halbe Hektare.

Zur Illustration: Die Kellerei Provins in Sion vinifiziert die Trauben von rund 4400 Genossenschaftern. Zusammengezählt bebauen diese gerade mal 1100 Hektaren Rebparzellen. Die konzentrierte Verarbeitung im Wallis macht aber Provins mit jährlich rund 10 Millionen Litern zum grössten Produzenten von Schweizer Weinen. Dabei sind von den rund 50 im Wallis vertretenen Weinsorten rund 20 in den Flaschen von Provins zu finden.

Der Konsum geht ganz leicht zurück

Der Rebbau pendelt in der Schweiz schon länger um eine Anbaufläche von rund 15 000 Hektaren herum. Allerdings gingen im letzten Jahr 22 Hektaren verloren. Tendenziell werden in der Westschweiz schlechte Lagen auch mal aufgegeben, ja sogar zu Bauland umgewandelt; im Tessin und in der Deutschschweiz ist der Weinanbau hingegen auf dem Vormarsch.

Dieser Trend spiegelt sich auch beim Konsum wider: Bei den Westschweizer AOC-Weinen war dieser 2009 um 42 604 Hektoliter (-5 Prozent) rückläufig; dafür wurden 8070 Hektoliter ( +6 Prozent) mehr Deutschschweizer AOC-Weine getrunken. Gesamthaft ging der Konsum um 26 410 Hektoliter (-1 Prozent) zurück.

Deutlich mehr Bewegung als im eigentlichen Rebbau ist in der Verarbeitung und beim Handel auszumachen. Dass kleine Winzer ihre Ernte vermehrt an grössere Kellereien - Beispiel Provins - abgeben, ist auch in der Deutschschweiz zu beobachten. Bei der Rutishauser Weinkellerei in Scherzingen SH etwa gehören Lohnkelterungen für Dritte immer mehr zum Geschäft. Für die eigenen Tropfen werden die Trauben teilweise zugekauft. Das Unternehmen ist als Weinbauer, Kellerei, Importeur und Händler auch ein gutes Beispiel für einen vertikal integrierten Betrieb. Mit einem Umsatz von 40 Millionen Franken gehört es bereits zu den Grösseren in der Branche. Und es ist seit vergangenem Jahr eine Tochter der holländischen Baarsma Wine Group. Diese Internationalisierung bringt laut Geschäftsführer Reto Grubenmann nur Vorteile. «Dank der Zugehörigkeit zu Baarsma konnten wir aus dem Stand im Bio-Weinbereich ein attraktives Sortiment lancieren. Wir bauen dieses nun kontinuierlich aus.»

Trotz seiner geringen Grösse ist der Schweizer Weinmarkt offensichtlich für ausländische Händler interessant, dank besseren Margen. Dafür spricht auch die Übernahme der Global Wine in Zürich durch die deutsche Hawesko in diesem Jahr. Nicht zuletzt dürfte der Umstand die Käufer gelockt haben, dass der Durchschnittspreis pro verkaufte Flasche mit 8 Franken in der Schweiz um 40 Prozent über dem deutschen Schnitt liegt.

Schwergewichte spannen zusammen

Auch bei den Schweizer Schwergewichten tut sich was. So haben die erwähnte Provins-Gruppe aus Sion VS und die Bataillard in Rothenburg LU kürzlich einen Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Letztere gehört mit einem Umsatz von rund 13 Millionen Flaschen zu den führenden Handelskellereien in der Schweiz. Das Luzerner Familienunternehmen vertritt als Generalimporteur 50 internationale Weingüter und beliefert rund 600 Kunden im Weinfachhandel, Detailhandel und Gastronomie-Grosshandel. Provins und Bataillard wollen nun in der Logistik zusammenspannen und gegenseitig den Vertrieb der jeweiligen Sortimente übernehmen. Corinne Fischer, Chief Executive Officer (CEO) der Bataillard, erklärt: «Beide Firmen gewinnen an Schlagkraft und profitieren von Kosteneinsparungen und Synergien, was eine bessere Positionierung auf dem Markt ermöglicht.»

Der Deal erfolgt in einem Moment, in dem die Geschäfte rund laufen. Fischer jedenfalls rechnet in diesem Jahr mit einem leicht steigenden Absatz. Besonders gefragt im rund 2000 Weine umfassenden Sortiment seien mittelpreisige und teurere Tropfen aus Italien. Weine aus der Neuen Welt (USA, Südafrika, Australien, Neuseeland) gehörten hingegen zu den Verlierern.

Diesen Trend bestätigt Jakob Schuler von der St. Jakobs-Kellerei in Seewen-Schwyz SZ. Dort verkaufen sich aktuell ebenfalls italienische, spanische und Schweizer Weine besonders gut. Schuler hat die Wirtschaftskrise kaum gespürt, dank seiner Ausrichtung auf ein mittleres Segment: «Wir sind jedenfalls nicht im Luxusbereich tätig, wo die Umsätze stark von der Börsenlage abhängen», sagt er. Aufwärtszeichen registriert Schuler auch beim Handel im Internet, wo er seinerzeit zu den Pionieren gehörte. «Zwar wachsen keine Bäume in den Himmel, aber wir profitieren jetzt von einer langen Lernphase», sagt der Patron von 400 Mitarbeitern. Zu Schuler gehören mehrere Dutzend Verkaufsläden sowie Weingüter im Wallis und in der Toscana.

«Back to the roots» heisst es in diesem Jahr bei Bindella. Nebst Spanien und Frankreich steht beim Zürcher Importeur und Gastronom Italien im Vordergrund. «Vor allem der Privatkunde ist wieder bereit, mehr Geld für Wein auszugeben», stellt Bindellas Marketingleiterin Karin Fuhrer fest.

Weinhändler von der Grösse eines Bindella oder Schuler sind in der Schweiz Ausnahmen. Letztlich ist auch der Handel mit rund 2900 Akteuren kleinstrukturiert. Auf dem Markt tummeln sich mehrheitlich Hobby- oder Kleinhändler, die weniger als 2000 Flaschen pro Jahr verkaufen. Weniger als 50 Weinhandlungen kommen auf einen Umsatz von mehr als 2 Millionen Liter jährlich.