Die Aktie auf Rekordtief, beim Gewinn meilenweit hinter die Konkurrenz zurückgefallen und im öffentlichen Ansehen weit unten: Die Deutsche Bank kommt auch unter Christian Sewing nicht aus der Krise. Seit gut einem Jahr ist der Vorstandschef im Amt. Auf seiner zweiten Hauptversammlung als Konzernlenker kündigte er am Donnerstag in der Frankfurter Festhalle abermals einen Umbau der darbenden Investmentbank an. «Wir sind zu harten Einschnitten bereit», rief der 49-Jährige den Aktionären zu - und warb einmal mehr um Vertrauen. «Wir werden die Transformation beschleunigen - indem wir unsere Bank konsequent auf die profitablen und wachsenden Bereiche ausrichten, die für unsere Kunden relevant sind. Dafür stehe ich. Darauf können Sie sich verlassen.» Konkret wurde Sewing allerdings nicht.

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Die Investmentbank von Deutschlands grösstem Geldhaus war vor der Finanzkrise eine Gewinnmaschine, hat sich in den vergangenen Jahren aber zum Sorgenkind entwickelt. Vor allem in den USA, wo frühere Deutsche-Bank-Chefs mit den grossen Wall-Street-Häusern auf Augenhöhe konkurrieren wollten, ist das Institut inzwischen abgeschlagen. Sewing hat bereits vergangenes Jahr im Aktienhandel oder bei Dienstleistungen für Hedgefonds den Rotstift angesetzt. Vielen wichtigen Aktionären reicht das aber nicht, weil die Erträge weiter erodieren. Zu Jahresbeginn schrieb das Kapitalmarktgeschäft sogar einen Verlust, obwohl das Auftaktquartal normalerweise das stärkste ist.

«Koloss auf tönernen Füssen»

Etliche Grossinvestoren sind unzufrieden und fordern einen erneuten Kurswechsel. «Es ist traurig und schockierend, was aus der Deutschen Bank geworden ist», sagte Alexandra Annecke von der Fondsgesellschaft Union Investment, einem der mittelgrossen Einzelaktionäre der Bank. «Das einstige Vorzeigeinstitut ist nur noch ein Koloss auf tönernen Füssen.» Das lässt sich auch am Aktienkurs ablesen, der von Rekordtief zu Rekordtief fällt - am Donnerstag gab die Aktie im frühen Handel um vier Prozent auf nur noch 6,35 Euro nach.

Das sind mehr als 70 Prozent weniger als vor sieben Jahren, als Aufsichtsratschef Paul Achleitner an Bord gekommen war. Auch an ihm wird die Kritik aus der Investorenschaft lauter. Der 62-Jährige will an den globalen Ambitionen der Investmentbank festhalten. Auch er gab sich vor den Aktionären optimistisch: «Trotz aller Schwierigkeiten - ich sehe, dass wir auf dem richtigen Weg sind.»

Grossrazzia wegen Verdachts auf Geldwäsche

Sewing setzt auf stabile Geschäfte wie die Transaktionsbank, die Zahlungsverkehrslösungen anbietet, und die Fondstochter DWS. «Es muss unser Ziel sein, hier einen der zehn grössten Vermögensverwalter der Welt zu formen», erklärte er. Dies sei erreichbar, «wenn wir organisch weiter wachsen und gleichzeitig offen sind für andere strategische Optionen, wenn sie sich uns bieten. Die Akquisitionswährung dafür haben wir mit dem Börsengang geschaffen.» Die DWS verhandelt derzeit mit der UBS über eine mögliche Zusammenlegung mit deren Fondsparte. Allerdings stocken die Gespräche Insidern zufolge. Auch andere grosse Vermögensverwalter wie Amundi aus Frankreich sind Finanzkreisen zufolge an der DWS interessiert.

Nachdem im Herbst Bilder von einer zweitägigen Grossrazzia bei der Bank wegen des Verdachts auf Geldwäsche weltweit über die Fernsehbildschirme flimmerten, will Sewing nun zudem jene Bereiche zusammenlegen und stärken, die dafür verantwortlich sind, dass alle Geschäfte sauber und legal ablaufen. Wer diesen neuen Bereich leiten soll, liess Sewing in seiner Rede offen. Formal zuständig ist die einzige Frau im Vorstand, die Französin Sylvie Matherat. Sie gilt aber als angezählt, seit die Finanzaufsicht Bafin im vergangenen Jahr einen Sonderaufpasser bei dem Institut eingesetzt hat.

Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand offen

An der Hauptversammung nahmen in diesem Jahr ähnlich viele Aktionäre teil wie 2018. Damals waren es mehr als 4000. Es wird erwartet, dass sich die Debatte bis in den Abend zieht - im vergangenen Jahr war erst um 21 Uhr Schluss. Ob es am Ende für eine Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand reichen wird, ist offen. In den vergangenen Wochen hatten wichtige Aktionärsberater wie Glass Lewis und ISS ihren Kunden empfohlen, dies nicht zu tun. Sollte es so kommen, wäre das eine schwere Schlappe für Sewing, Achleitner & Co.

(reuters/gku)