Wenn die Credit Suisse morgen Dienstag ihre Zahlen präsentiert, werden wenige vor Spannung zittern, aber einige Bauchschmerzen haben. Die Grossbank hat im Voraus bekannt gemacht, dass sie mit einem Verlust in mehrstelliger Millionenhöhe rechnet, hier dürfte kaum eine Überraschung liegen. Im Gegenteil: «Wenn bei den Quartalszahlen eine zusätzliche negative Überraschung ausbleibt, ist das als Beruhigung zu werten», sagt Andreas Brun, Analyst von der Zürcher Kantonalbank. Die ZKB rechnet für das erste Quartal mit einem Verlust von 597 Millionen Franken und liegt damit im unteren Mittelfeld bei den Prognosen der Marktbeobachter.

Die Beruhigung allerdings wäre der Gewinnwarnung im Vorfeld geschuldet, damit sind die Probleme der Grossbank keineswegs gelöst. CS-Chef Tidjane Thiam muss ein umfangreiches Sparpaket umsetzen. Er muss die Investmentbank schrumpfen und in der Vermögensverwaltung konkurrenzfähig werden. Er will das wichtige Wachstum in Asien vorantreiben und kämpft mit dem leidigen Eigenkapitalpolster, das nach wie vor zu dünn ausfällt.

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Skepsis gegenüber Tidjane Thiam wächst

Der Aktienkurs der Credit Suisse ist seit Monaten im Sinkflug; auch, weil ein Ende der Durststrecke kaum abzusehen ist. Seit Jahresbeginn hat der Titel mit leichten Erholungsphasen 38 Prozentpunkte verloren. Zudem wandelt sich die Euphorie über die Nominierung von Tidjane Thiam zunehmend in Skepsis. «Wir können bei der Credit Suisse von einem Vertrauensverlust sprechen», sagt ZKB-Analyst Brun. «Die Erwartungen gegenüber Tidjane Thiam waren zu Beginn überhöht, weil er den Investoren vieles versprochen hat. Jetzt ist er in der Bringschuld.»

Thiams Vorgehen wirft bei Anlegern Fragen auf. Zunächst einmal aufgrund des Nachbesserns beim Sparprogramm im März. Neu sollen 4,3 Milliarden Franken bis 2018 eingespart werden, statt wie vorher geplant 3,5 Milliarden Franken. Die Zahl der Stellenstreichungen ist um 2000 auf 6000 Arbeitsplätze gestiegen, die vor allem in der Schweiz, in New York und London gekürzt werden sollen. Berichten zufolge sind in London bereits erste Jobs gestrichen worden, von dort meldete Reuters vergangene Woche 80 abgebaute Arbeitsplätze. Der Fortschritt bei der Neustrukturierung der Bank dürfte morgen im Fokus der Analysten stehen.

Prioritäten neu justiert

Auch beim Umbau des Konzerns hat Thiam seit seinem Amtsantritt einige Male Prioritäten geändert. Der Verkauf von Hochrisikokrediten an die US-Gesellschaft TSSP im Wert von 1,2 Milliarden Dollar etwa, durch den die CS im aktuellen Quartal 100 Millionen US-Dollar abschreiben muss. Im Februar, so hält die «Finanz und Wirtschaft» fest, hatte Thiam noch den Sinn und die Nachhaltigkeit dieser Positionen gelobt.

Ähnlich steht es um den Bereich «Asset Management», wie die «Schweiz am Sonntag» meldete. Die Einheit sollte der neu geschaffenen Internationalen Vermögensverwaltung zugeordnet werden. Nun werde der Bereich vielmehr eigenständiger, die Schweizer Einheit unter Thomas Gottstein mehr Einfluss erhalten. «Mit dem Joint Venture tragen wir dem Umstand Rechnung, dass das Asset Management einerseits ein globales Geschäft ist, anderseits auch sehr stark in der Schweiz verankert ist», sagt CS-Sprecher Christoph Meier gegenüber der «Schweiz am Sonntag». Damit wird die Zuordnung des «Asset Managements» erneut geändert.

Managerflucht bei der Credit Suisse

Vor allem aber kehren viele Führungskräfte und Top-Manager der Grossbank den Rücken. Schmerzhaft dürften für Thiam die Abgänge im Asiengeschäft sein, dem Bereich, in dem die Bank erklärtermassen am stärksten wachsen will. Erst vergangene Woche war bekannt geworden, dass mit Angela Bow, Leiterin Philippinen und Thailand, die dritte Asien-Expertin innert weniger Wochen von der CS zu Julius Bär wechselt.

In den vergangenen Monaten häufen sich die Nachrichten über die Ausstiege, darunter auch Topshots wie Robert Shafir, zuvor bestbezahltes Mitglied der Geschäftsleitung. Heute wurde bekannt, dass Brite Richard Burden von der CS auf den Posten des neuen Head of Investor Relations bei Zurich wechselt.

Erodierende Glaubwürdigkeit

Die erodierende Glaubwürdigkeit kann der CS-Führung wenig zupass kommen. Hat die Grossbank doch einen Marathon vor sich. Bis sich die Zahlen bessern, dürfte wohl noch mindestens ein Jahr ins Land gehen. Vor allem das Thema Eigenkapital ist nach wie vor eine Knacknuss. Erst im Herbst hatte die Grossbank 6,4 Milliarden Franken neues Kapital aufgenommen. Ende 2015 lag die Eigenkapitalquote damit bei 11,4 Prozent. «Das Polster aus der Kapitalerhöhung ist schon fast wieder verbrannt», sagt ZKB-Analyst Brun. «Ohne nachhaltig den Gewinn deutlich zu erhöhen, wird sich die Eigenkapitalquote mittelfristig nicht stark verbessern.»

Den Gewinn zu erhöhen, damit dürfte die Credit Suisse besonders zu kämpfen haben. Das erste Quartal 2016 bereitet schon vielen Banken Schwierigkeiten, die besser aufgestellt sind – für die Credit Suisse dürfte es auch mittelfristig ohne den Rückenwind sich verbessernder Märkte wenig Hoffnung auf Besserung geben.

Knacknuss Verwaltungsrat

Eine Meldung könnte den Aktienkurs derzeit wohl aus dem Niemandsland holen. «Sollte Urs Rohner von der Spitze des Verwaltungsrates zurücktreten, würde das den Aktienkurs beflügeln», sagt Analyst Brun. Er kann sich hier sogar Gewinne im zweistelligen Prozentbereich vorstellen. Der Grund: Der Verwaltungsrat der Credit Suisse gilt aktuell als das Gremium, das bereits Thiam-Vorgänger Brady Dougan unterstützte, der die Kurswende mit der Bank nicht geschafft hat. Ein Wechsel dort könnte als weiterer Schritt Richtung Neuerung gesehen werden – und die Investoren in Kauflaune versetzen.