Von Gustav Baldinger, Direktor Wirtschaftsberatung (Strategy & Operations), PricewaterhouseCoopers, Zürich

Viele Unternehmen unterschätzen die Komplexität der Integration. Die Übergangsphase nach einer Akquisition oder Fusion konfrontiert Management, Mitarbeiter, Zulieferer und Kunden mit einer neuen Situation. Als Konsequenz kommt es anstatt schneller und vorzeigbarer Erfolge zu langwierigen und teuren Transformationen. Basierend auf einer Umfrage bei Führungskräften in schweizerischen Unternehmen, welche in den letzten beiden Jahren eine Integration durchlebt haben, konnte PricewaterhouseCoopers Schlüsselfaktoren herauskristallisieren.

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Management muss motiviert sein

Die Mitwirkung des Verwaltungsrates und des Top-Managements konzentriert sich in der Regel auf den Deal selbst und sinkt während der Integration rasch ab. Die fehlende Beteiligung der Führungskräfte an der Integrationsphase ist neben operativer Steuerungsverantwortung auch vor dem Hintergrund der Corporate Governance alarmierend. Das Management muss den Balanceakt zwischen strategischen und taktischen Herausforderungen in der Integration meistern und gleichzeitig das Tagesgeschäft aufrechterhalten.

Ihm obliegt die Pflicht zur Kontrolle der Transformationsprozesse und damit auch der finanziellen und strategischen Resultate einer Integration. Nur auf diese Weise gelingt es, rasch auf Fehlentwicklungen zu reagieren und mögliche Wertvernichter zu identifizieren. Für die Motivation der Belegschaft ist für eine erfolgreiche Integration sichtbares Engagement, Führung und damit verbunden eine aktive Mitwirkung seitens des Managements unabdingbar.

Planung vor der Unterschrift

Die Planung der Integrationsaktivitäten beginnt bei rund 30% der untersuchten Firmen erst nach der Unterschrift unter den Kaufvertrag. Das ist zu knapp, um einen strukturierten und differenzierten Integrationsansatz auszuarbeiten. Das führt oft zu unkoordinierten Integrationsaktivitäten. Unternehmen, die mit der Planung der Integration frühzeitig beginnen, können diese optimal aufeinander abstimmen und die passende Umsetzungsgeschwindigkeit der Transformation festlegen. Eine saubere Planung der Integrationsaktivitäten sollte mit Vorteil rund zwei bis drei Monate vor dem Abschluss ausgearbeitet werden.

Die grössten Herausforderungen bei der Integration liegen bei den Prozessen, den IT-Systemen sowie dem kulturellen Verständnis. Diese drei Faktoren führen bei mangelhafter Berücksichtigung zu wesentlichen Verzögerungen des Integrationsprozesses. IT-Systeme wie auch Prozesse sollten im Rahmen der betrieblichen Due Diligence eingehend untersucht werden. Dabei müssen die formalen und informalen Kernprozesse der involvierten Gesellschaften auf Integrationsschwierigkeiten hin untersucht werden.

Kulturelle Konflikte verhindern

Um kulturelle Konflikte zu vermeiden, ist es wichtig, die spezifischen Unternehmenskulturen zu berücksichtigen. Menschenorientierte Führungspersönlichkeiten im Integrationsteam können kulturbildend wirken, sofern sie über Fingerspitzengefühl für den Umgang mit Unsicherheit und unterschiedlichen Wertvorstellungen verfügen. Erfolgreiche Integrationsteams binden Schlüsselmitarbeiter beider Unternehmen im Rahmen des rechtlich Möglichen frühzeitig ein und finden bei Konflikten eine gemeinsame Lösung.

Für die Realisierung des Transaktionswertes ist die Due Diligence als Basis für die Integration ausschlaggebend. Zur Identifikation der Integrationsrisiken sollte sie besonders die operative Geschäftstätigkeit, das Management sowie die rechtlichen Aspekte umfassen. Unternehmen, welche die Due Diligence bereits auf die möglichen Integrationsaktivitäten ausrichten, können den Transaktionswert realistisch bestimmen, weisen eine hohe Integrationsgeschwindigkeit auf und senken dadurch die Gesamtkosten der Integration.

Mehr als die Hälfte der Unternehmen schätzen die Kosten einer Integration auf unter 2,5% des Transaktionsvolumens, was deutlich zu niedrig ist. Eine falsche Einschätzung der Integrationskosten führt zu einer Überzahlung des Kaufobjektes und schmälert den Erfolg der Transaktion.

Obwohl eine Integration in der Regel anderthalb bis zwei Jahre dauert, müssen in den ersten drei Monaten entscheidende Integrationsaktivitäten beginnen. Solche operativen Aktivitäten betreffen etwa die Erarbeitung eines Kommunikationsplanes, die Angleichung von Lohnsystemen, die Migration von Mail-Konten inklusive Intranet oder die rechtliche Übertragung respektive Neuverhandlung von Zulieferer- und Kundenverträgen. Zentrale Aufgabe des Integrationsteams ist es, die komplexen Integrationsaktivitäten möglichst früh zu planen. Anschliessend ist die Zusammenführung reibungslos parallel zum Tagesgeschäft umzusetzen. Das Integrationsteam muss dabei durch Top-Management und Verwaltungsrat aktiv gestützt werden.