Jetzt also doch, im komplexen Grossreich Volkswagen mahlen die Mühlen ja immer etwas langsamer. Schon seit Jahren ventiliert Porsche-Finanzchef Lutz Meschke, der das Vertrauen der Eigentümerfamilien Porsche und Piech geniesst, dass der Sportwagenbauer mit einem Börsengang mehr Sichtbarkeit gewänne, und die Eigentümer gewaltige Werte heben könnten.

Bisher wurde immer halbherzig dementiert, nun also erstmals die Bestätigung: der VW-Konzern bereitet den Börsengang der Stuttgarter Sporttochter vor und verhandelt die Modalitäten aktuell mit der Holding Porsche SE, in der die Familien ihre Anteile gebündelt haben: Die ebenfalls börsenkotierte Porsche SE hält 31,4 Prozent des Kapitals an VW, der Konzern wiederum hat sämtliche Anteile an Porsche. Die Familie hält alle Stammaktien an der SE, an der Börse sind nur stimmrechtslose Vorzugsaktien im Umlauf. 

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Mehr Spielraum für Porsche

Schon 2018 schätzte Meschke, inoffiziell, den Börsenwert von Porsche auf rund 60 Milliarden Euro. Inzwischen könnten es rund 100 Milliarden sein, damit wäre Porsche nominell ähnlich viel wert wie aktuell der gesamte VW-Konzern inklusive Porsche – in dieser Kluft spiegelt sich der Bewertungsabschlag für das Konglomerat VW und der Strukturwandel, den VW durchmacht, zudem gilt der Konzern zwar als zugkräftig geführt von CEO Herbert Diess, der kraftvoll Richtung Batterie-Antriebe umsteuert – aber infolge der mächtigen Gewerkschaften, die zudem vom 20-Prozent-Aktionär, dem Bundesland Niedersachsen, meist Flankenschutz erhalten, auch als schwerfällig in der Modernisierung und von zu viel Innenpolitik gelähmt. 

Porsche könnte sich der Umklammerung durch VW mit einem Börsengang zumindest teilweise entziehen, die hoch rentable Porsche hätte dann die Investoren als mächtige Partner an der Seite. Zudem dürfte dann der bisher geltende Gewinnabführungsvertrag, wonach Porsche grosse Teile der Rendite nach Wolfsburg überweisen muss, neu geschrieben werden – Porsche bekäme mehr Spielraum, die Gewinne für eigene Investitionen zu nutzen. Und ausserdem könnten die Eignerfamilien wieder direkt auf Porsche zugreifen – derzeit, seit der Integration von Porsche in VW, haben sie nur mittelbaren Einfluss. 

Weitere Perlen im Blick

Finanzielle Hintergründe dürften allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen – von Geldnöten bei Familienmitgliedern ist nichts bekannt, und VW-Chef Diess betont immer wieder, dass VW schon jetzt über genügend Mittel verfüge, die E-Wende zu finanzieren. 

Vielmehr dürfte es darum gehen, der Finanzgemeinde die Werte der Konzernteile aufzuzeigen, die im Konglomerat VW verborgen liegen. Auch Premium-Tochter Audi, die auf einem Cashbestand in Höhe einer zweistelligen Milliardensumme sitzen soll, wird immer wieder mit einem neuen Börsengang in Verbindung gebracht, als weitere Perle gilt Audi-Tochter Lamborghini. Allerdings sind aus alter Zeit noch einige Audi-Aktien im Umlauf.

Dirk Ruschmann
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