Als der Informatiker Hervé Falciani 2006 und 2007 vertrauliche Kundeninformationen der Privatbank HSBC Schweiz entwendete, begann eine Odysee. Bevor die Datensätze ausgewertet wurden, kam es unter anderem zu Falcianis spektakulärer Flucht aus der Schweiz und seinem Versuch, die Informationen zu Geld zu machen.

Jetzt hat das Internationale Konsortium von investigativen Journalisten (ICIJ) die umfassenden Unterlagen ausgewertet. Journalisten in über 40 Ländern haben die Resultate einer gemeinsamen Recherche unter dem Stichwort «Swissleaks» veröffentlicht. Sie geben Aufschluss über 106'000 Kunden – nur sechs von ihnen haben nachweislich Steuern gezahlt. Handelszeitung.ch gibt einen Überblick über prominente Kunden. Nicht allen konnte kriminelles Verhalten nachgewiesen werden.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Via Interpol gesuchte Personen waren HSBC-Kunden

Zu den HSBC-Kunden zählten brisante Persönlichkeiten wie der libanesisch-belgische Diamantenhändler Emmanuel Shallop. «Der Kunde ist derzeit vorsichtig», heisst es laut «Tagesanzeiger» in den Bankunterlagen. «Er spürt den Druck der belgischen Steuerfahndung. Sie untersuchen seine Aktivitäten im Bereich Diamantenhandel … Steuerbetrug.»

Aus Shallops Fiche geht hervor, dass er zeitweise 2,8 Milliarden Dollar beim Geldhaus lagerte. Das war in den Jahren 2006 und 2007. Kurz darauf wurde er in Belgien wegen Handel mit Blutdiamanten verurteilt.

Auch von Interpol dringend Gesuchte zählten zu den HSBC-Kunden, darunter die Diamantenhändler Moses Victor Konig und Kenneth Lee Akselrod. Die Bank pflegte aber  nicht nur Kontakte zu Händlern von Blutdiamanten, sondern auch zu Personen, die im Verdacht standen, Terroristen und terroristische Verbindungen wie Al-Qaida zu finanzieren. Einige der Top-Sponsoren der Al-Qaida konnten laut «Tagesanzeiger» als Kunden der HSBC identifiziert werden. Ironischerweise hatte aber auch Elias Murr ein Konto bei der Bank. Murr ist Präsident von Interpols Stiftung für eine sicherere Welt.

Hollywood-Stars zählten ebenfalls zum Kundenstamm

Unter den Prominenten finden sich auch Politik-Grössen des Nahen Ostens. König Abdullah II bin Al-Hussein, der sich als direkter Nachfahre des Propheten Mohammed versteht und 1999 den jordanischen Thron bestieg, gehört seit 2006 zum Kundenstamm der Genfer Privatbank. Drei Bankkonten konnten dem König zugeordnet werden, in der Spitze lagen fast 42 Millionen Dollar darauf. Die Falciani-Daten geben aber keinen Hinweis auf kriminelle Machenschaften.

Unter dem Decknamen der Star-Trek-Figur «Captain Kirk» führte auch der US-Schauspieler Christian Slater zwischen 1996 und 1997 ein Kundenkonto. Zwei Adressen waren mit dem Konto verbunden, eine in den USA und eine in Grossbritannien. Slaters Aktivitäten über dieses Konto zeigen die veröffentlichten Daten nicht auf.

Rund 1,4 Millionen Dollar parkte auch Fussball-Star Diego Forlán bei der HSBC Schweiz. Der Top-Kicker und Rekordnationalspieler für Uruguay (36 Tore in 112 Länderspielen) hat mit seinen Einsätzen für Manchester United, Atlético Madrid und Inter Mailand Millionen verdient. Er war seit dem Jahr 2006 Kunde bei der HSBC und besass  zwei Kundenkonten, die wiederum in jeweils zwei Bankkonten aufgeteilt waren. Die Daten zeigen genauere Aktivitäten nicht auf, Forlán selbst wollte sich zu den Ermittlungen gegenüber ICIJ nicht äussern.

Playboy Briatore lagerte auch Geld

Die Bank hatte auch gute Kontakte zu einem weiteren Star der Sportwelt: Flavio Briatore. Der Formel-1-Manager ist nicht nur für sein Playboy-Image bekannt – begründet auch durch Beziehungen etwa mit den Top-Modells Naomi Campell und Heidi Klum –, sondern geriet seit dem Beginn seiner Karriere immer wieder in Konflikt mit dem Gesetz. Schon vor seinem Einstieg in den Motorsport Ende der Achtziger Jahre entzog sich der Italiener mehreren Haftstrafen durch einen längeren Auslandsaufenthalt in der Karibik.

Bei der HSBC wurde die Verbindung Briatores zu neun Kundenkonten festgestellt. Bei mindestens sechs profitierte er als Besitzer. Sein Guthaben war verteilt auf 38 Bankkonten und belief sich 2006/2007 auf 73 Millionen Dollar. Fünf Konten waren 2008 noch offen. Da die betreffenden Konten in eine Zeit von vor über zehn Jahren zurückreichen, könne Flavio Briatore die Angaben weder bestätigen noch dementieren, so sein Antwalt Philippe Ouakra gegenüber ICIJ. Briatore habe Konten und Firmenanteile in der Schweiz besessen, das sei wahr – alles legal und offiziell besteuert Ouakra.

Kunden aus dem Nahen Osten schätzen die Bank

Auch der Sultan von Oman hat Verbindungen zum Geldhaus. Qabus ibn Sa'id Al Sa'id, der das Land seit 1970 als absoluter Monarch regiert, ist seit 1974 HSBC-Kunde. Zehn Bankkonten der Falciani-Daten führen letztlich zum Herrscher des Wüstenreiches. Bis zu 45 Millionen hortete der Sultan gesamthaft bei der Bank. Der Sultan wollte sich zu den Konten nicht äussern. Gesetzesbruch kann ihm nicht nachgewiesen werden.

Salman bin Hamas Al-Khalifa ist ebenfalls in den Kundendaten zu finden. Al-Khalifa ist der Kronprinz und Verteidigungsminister von Bahrain. Dem Prinz kann nachgewiesen werden, dass er via Hedgefonds an zehn Konten beteiligt war. Rund zwei Millionen Dollar waren so beim Schweizer HSBC-Ableger investiert. Ein Sprecher des Verteidigungsministers betont, dass sich der Prinz dadurch keinerlei Steuervorteile verschafft habe.