Wie definieren Sie Ihre neue Rolle als einfacher Holcim-Verwaltungsrat?
Thomas Schmidheiny: Mein Verbleib im Verwaltungsrat ist eine Garantie dafür, dass sich der Konzern im bisherigen Rahmen weiterentwickelt und dass eine Kontinuität gegeben ist, die dem Management erlaubt, unter klaren strategischen Vorgaben zu arbeiten.

Schmerzt Sie der erzwungene Rückzug?
Nach fünfundzwanzig Jahren an der Spitze ist es sinnvoll, dass man seine Rolle auch einmal überdenkt. In diesem Sinne war ein Führungswechsel durchaus vorgesehen, wenn auch nicht ganz so schnell.

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Inwieweit entspricht der reduzierte Einfluss Ihrem Temperament?
Bei sämtlichen Strategie- und Projektdiskussionen kann ich meinen Input als wichtigster Aktionär nach wie vor uneingeschränkt einbringen.

Bestimmen Sie die Geschicke des Konzerns künftig aus dem Hintergrund?
Solange ich dieses Aktienpaket halte, werde ich bei Holcim logischerweise auch etwas zu sagen haben. Daran gibt es nichts zu rütteln, wobei ich mich klar auf strategische Fragen beschränken werde.

Ist es denkbar, dass Sie einen Teil Ihrer Aktien verkaufen?
Daran denke ich nicht. Als Investment ist Holcim einmalig. Ein Zementkonzern mit einer vergleichbaren internationalen Abstützung liesse sich heute gar nicht mehr aufbauen.

Was für ein Verhältnis haben Sie zu Ihrem Bruder Stephan?
Wir haben ein gutes und sehr entspanntes Verhältnis. Da wir unsere Beteiligungen nicht gemeinsam halten, war das Konfliktpotenzial von jeher begrenzt. Ein Interesse, das wir heute teilen, ist der ganze Umwelt- und Sozialbereich. Mein Bruder hat hier bekanntlich eine Vordenkerrolle. Früher bin ich immer etwas erschrocken, wenn er mit seinen Ideen ankam. Heute zwingt mich die Entwicklung, viele seiner Vorstellungen in die Realität umzusetzen.

1990 haben Sie Ihrem Bruder die inländischen Eternit-Werke abgekauft. Ärgert Sie das rückblickend nicht?
Die Transaktion erfolgte im Rahmen einer Schlussbereinigung der Interessen. Mit einem Jahresverbrauch von 70 000 Tonnen Zement war die Eternit AG, Niederurnen, damals immerhin unser grösster Einzelkunde in der Schweiz. Zum Zeitpunkt der Übernahme waren ihre Produkte mit wenigen Ausnahmen schon asbestfrei. Wir hatten seinerzeit angenommen, die ganze Asbestproblematik sei bewältigt.

Holcim gerät ins Visier von Asbestklägern. Mit welchen juristischen Folgen rechnen Sie?
Weil es sich bei den Mitarbeitern aus den beiden inländischen Eternit-Werken um eine klar abgrenzbare Grösse handelt, sind wir bezüglich allfälliger Haftpflichtansprüche zuversichtlich. In der Schweiz werden diese von der Suva abgedeckt. Wir haben nicht dasselbe «exposure» wie die internationale Eternit-Gruppe von Stephan. Da muss man klar unterscheiden.

Warum haben Sie das Rechtshilfebegehren aus Italien ans Bundesgericht weitergezogen?
Die Juristen hatten bezüglich der vom Glarner Kantonsgericht getroffenen Beschlüsse schwer wiegende Bedenken. Es geht hier um rechtsstaatliche Grundsatzfragen, die vom obersten Gericht entschieden werden müssen.