«Die aktuelle Situation in der Ukraine beunruhigt und schockiert», sagte Swiss-Chef Dieter Vranckx gleich zu Beginn der Präsentation der Jahreszahlen 2021 (siehe Box unten) am Donnerstag.

Gerade erst war die Airline dabei, sich von den Folgen der Corona-Krise zu erholen – nun kommt schon der nächste Schlag fürs Geschäft: Krieg mitten in Europa, umfangreiche Luftraumschliessungen, die vor allem den Flugverkehr von und nach Russland verhindern sowie Flüge nach Asien massiv einschränken.

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Derzeit, so Vranckx, sei die Swiss daran, zu überprüfen, welche Folgen für den Flugbetrieb sowie welche finanziellen Auswirkungen der Krieg für das Unternehmen habe. Nach Russland und in die Ukraine wurden die Swiss-Flüge eingestellt. «Ausserdem können wir nicht über Russland Richtung Asien fliegen», so der Swiss-Chef.

Besonders im Fokus seien derzeit Ziele wie Peking, Schanghai und Tokio: Auf diesen Routen sei jetzt mit deutlich längeren Flugreisen zu rechnen. So würde nun der Flug Zürich–Tokio um drei Stunden länger. Dies bedeute natürlich, so Vranckx, auch höhere Kerosinkosten. Ausserdem könne weniger Fracht transportiert werden.

«Das Russland- und Ukraine-Geschäft macht bei der Swiss weniger als 1 Prozent aus», sagte Vranckx. «Dennoch ist es für uns und unsere Fluggäste sehr bedauerlich, weil wir ein möglichst breites Streckennetz anbieten möchten.»

epa09798680 Swiss International Air Lines CEO Dieter Vranckx (R) and CFO Markus Binkert (L) attend a press conference announcing the airlines's 2021 full year results in Zurich Kloten, Switzerland, 03 March 2022.  EPA/MICHAEL BUHOLZER

Swiss-Chef Dieter Vranckx (rechts), Swiss-Finanzchef Markus Binkert: Hoher Jahresverlust, aber Verbesserung im zweiten Halbjahr 2021.

Quelle: keystone-sda.ch
Abermals Verlust für die Swiss

Die Swiss hat auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie abermals einen grossen Verlust eingefahren. Auch dank Kostensparmassnahmen konnte die Airline den operativen Verlust im Gesamtjahr jedoch um einen Drittel auf 427,7 Millionen Franken verringern.

Im vergangenen Jahr schrieb die Swiss einen Umsatz von 2,1 Milliarden Franken. Das entspricht gegenüber dem ersten Corona-Jahr 2020 einer Steigerung um knapp 14 Prozent.

Im dritten Quartal hatte das Unternehmen erstmals seit Beginn der Pandemie wieder einen kleinen Gewinn ausgewiesen. Diesen Trend konnte die Swiss allerdings im vierten Quartal saisonbedingt nicht fortsetzen und verbuchte einen Quartalsverlust von 36,6 Millionen Franken.

Von den Zahlen, die man vor der Krise kannte, ist man noch meilenweit entfernt: 2019 hatte die Airline einen Umsatz von 5,3 Milliarden Franken und einen Betriebsgewinn von 578 Millionen geschrieben.

(AWP)

Höhere Kosten werden Ticketpreise treiben

Wie die Krise sich im laufenden Geschäft im Detail finanziell auf die Swiss auswirke, wollte Finanzchef Markus Binkert bei der Präsentation der Jahreszahlen nicht beziffern.

Swiss-CEO Vranckx fügte hinzu, dass die Swiss auf jeden Fall ihr bisheriges Destinationsportfolio beibehalten wolle, aber derzeit noch nicht klar sei, ob und in welchem Mass mehr Flugzeuge und mehr Personal nötig sei, um sich auf die neue Weltlage einzustellen.

So könnten Airlines wie die Swiss wegen der längeren Flugstrecken mehr Flugzeuge auf bestimmten Strecken benötigen, weil die einzelnen Flieger nun deutlich länger unterwegs sein werden, ebenso ändert sich eventuell der Personaleinsatz. 

Das bedeute für die Swiss, «dass wir weiterhin flexibel bleiben und unser Netzwerk-Portfolio entsprechend der Nachfrageentwicklung sicherlich ab und zu anpassen müssen», so Vranckx.

Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi Pour sagte allerdings auch, dass durch die höheren Energiekosten, vor allem beim Rohöl, auch mit höheren Ticketpreisen für Passagiere zu rechnen sei. Dies sei natürlich immer auch abhängig von der jeweiligen Strecke, vom Buchungsdatum sowie von der Nachfrage.

So schnitt der Mutterkonzern der Swiss ab

Die Lufthansa hat im zweiten Jahr der Corona-Pandemie tiefrote Zahlen geschrieben, den Verlust aber gegenüber dem Vorjahr verringert. Operativ fiel 2021 ein Minus von 2,3 Milliarden Euro an – nach 5,5 Milliarden Euro im Vorjahr, als die Corona-Pandemie ausgebrochen war. 

Den Nettoverlust konnte die mit Staatshilfe vor dem Aus gerettete Airline-Gruppe um zwei Drittel auf 2,2 Milliarden Euro senken, bei einem Umsatz von 16,8 Milliarden Euro.

(REUTERS)

Noch keine Einigung mit Aeropers

Derweil gibt es immer noch keine Einigung mit den Pilotinnnen und Piloten der Swiss bezüglich eines neuen Gesamtarbeitsvertrags (GAV); der bisherige läuft Ende dieses Monats aus. «Mit Blick auf einen neuen GAV bin ich zuversichtlich, dass sich die beiden Parteien hinsichtlich der wichtigsten Punkte zeitnah finden werden», sagte Vranckx. «Wir sind noch nicht dort. Das Ziel ist natürlich, sich so bald wie möglich zu einigen.»

Kürzlich hatte es zudem öffentlich Ärger vonseiten Helvetic Airways gegeben. Im Interview hatte Helvetic-Eigentümer Martin Ebner gesagt, dass er sich während der Corona-Krise durch die Swiss schlecht behandelt sah. Vranckx wollte das Thema am Donnerstag nicht weiter befeuern und sagte lediglich: «Helvetic Airways und Swiss haben in den vergangenen Monaten intensiv über den gemeinsamen Vertrag beraten und diesen entsprechend geändert, nun freuen wir uns auf die weitere Zusammenarbeit.»

Swiss ab 2023 mit Solartreibstoff

Die Swiss will als erste Fluggesellschaft «Sun-to-Liquid-Treibstoff» nutzen, mithilfe von Solarenergie hergestelltes Kerosin. Die Swiss und die Lufthansa-Gruppe haben eine Partnerschaft mit dem Schweizer Solartreibstoff-Hersteller Synhelion geschlossen, um die Markteinführung von solarem Treibstoff voranzutreiben.

Das ETH-Spin-off Synhelion baut dieses Jahr die erste Anlage zur industriellen Produktion solarer Treibstoffe. Die Swiss soll 2023 Erstabnehmerin des produzierten Solarkerosins werden. Die vereinbarte Partnerschaft umfasse weiter die Unterstützung durch die Swiss und die Lufthansa-Gruppe bei der Entwicklung von Synhelions geplanter kommerziellen Treibstoffanlage in Spanien.

Synhelion hat eine Technologie zur Erzeugung nachhaltiger Flugtreibstoffe (Sustainable Aviation Fuel, SAF) entwickelt, bei der konzentrierte Solarwärme für die Herstellung von Synthesegas genutzt wird. Daraus wird anschliessend in industriellen Standardprozessen Kerosin synthetisiert. Der so hergestellte Treibstoff ist CO2-neutral, weil er bei seiner Verbrennung nur so viel CO2 freisetzt, wie zuvor für seine Herstellung verwendet wurde. (AWP)

Tim Höfinghoff
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