Miteinander abgesprochen hatten sie ihre Voten nicht. Doch nach dem Auftritt der drei Unternehmer Werner Messmer (FDP), Johann N. Schneider-Ammann (FDP) und Peter Spuhler (SVP) war im Nationalrat klar, dass die Schweizer Wirtschaft zum einen die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Mitgliedsländer braucht, zum andern aber aus binnenwirtschaftlichen und sozialpartnerschaftlichen Gründen nicht auf die flankierenden Massnahmen verzichten kann.

Am reinsten vertrat die Haltung der Wirtschaftsverbände der Langenthaler Schneider-Ammann. Ja zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit, verbunden mit der Erkenntnis, dass diese ohne Zustimmung zu den flankierenden Massnahmen nicht zu haben sei, lautete das Bekenntnis des Präsidenten des Dachverbandes der Schweizer Maschinenindustrie (siehe auch «HandelsZeitung» Nr. 49 vom 1. Dezember 2004). In einem Exportland, dessen Bevölkerung jeden zweiten Franken direkt oder indirekt mit dem Ausland verdiene, sei die Wirtschaft auf internationale Abnehmermärkte angewiesen. Wenn man wolle, dass die Industrie am Standort Schweiz investiere, dürfe kein Risiko bestehen, «dass plötzlich wieder technische Handelshemmnisse oder auch nur technische Grenzschikanen aufkommen». Schneider-Ammann: «Zum bilateralen Weg gibt es für mich keine Alternative. Ergo will ich unter anderem das Personenfreizügigkeitsabkommen unter Dach und Fach haben.» Den Preis dafür - die flankierenden Massnahmen - bezeichnete er als «Kröte», die man halt schlucken müsse.

Das war der Punkt, in dem sich der Thurgauer Industrielle und UBS-Verwaltungsrat Spuhler von Schneider-Ammann abgrenzte. Es sei für ihn klar, dass die Schweiz die Märkte in Zentral- und Osteuropa brauche, «um das dringend notwendige Wirtschaftswachstum generieren zu können». Der Preis dafür aber dürfe nicht sein, dass man über die flankierenden Massnahmen die Konkurrenz- und Wettbewerbssituation der Schweizer Unternehmen unterlaufe und untergrabe. Spuhler warnte davor, die liberale Wirtschaftsordnung zu zerstören. Seiner Ansicht nach besteht auch die Gefahr, dass bei einer Benachteiligung der Exportindustrie auch der Binnenmarkt negativ betroffen sei. Wenn man die Gesamtarbeitsverträge leichter allgemein verbindlich erklären könne, verteure dies die Produktion in der Schweiz mit der möglichen Konsequenz, dass die Arbeitsplätze ins Ausland verlagert würden.

Ganz wohl schien es Spuhler in seiner Haut nicht zu sein. Nachdem er schon in seinem Votum bekannt hatte, er habe «zwei Seelen in seiner Brust», rang er sich in der Abstimmung über die flankierenden Massnahmen zu einem Ja durch.

Da war der freisinnige Bauunternehmer Messmer doch geradliniger. Mit viel Herzblut legte der Präsident des Schweizerischen Baumeisterverbandes dar, weshalb er «für griffige Massnahmen» einstehe. Nicht etwa deshalb, weil er etwa «eine neue Liebe zu den Gewerkschaften» gefunden hätte oder sich gar vor Referendumsdrohungen fürchte. Der Grund liege vielmehr darin, «dass unsere Handwerker, unsere Gewerbler, unsere Unternehmer diese Begleitmassnahmen wollen und fordern». Warum er Massnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping unterstütze? Darauf gibt Messmer die Antwort des Unternehmers, der sich auf dem Heimmarkt bewähren muss: «Es geht um gleich lange Spiesse, es geht um einen fairen Wettbewerb, es geht darum, dass in diesem brutalen Wettbewerb die Ausgangslage gleich ist. Es darf auch nicht der Beschissene sein, wer einen Gesamtarbeitsvertrag einhält.»

Mit den Gegnern der flankierenden Massnahmen ging Messmer scharf ins Gericht: «Wer Massnahmen ablehnt, der soll doch so ehrlich sein und mit unseren Handwerkern reinen Tisch machen. Er soll dann dazu stehen, dass er eigentlich empfehlen muss: Hört auf mit Gesamtarbeitsverträgen, die engen nur ein; hört auf mit der Sozialpartnerschaft, das ist veraltet; hört auf - das ist letztlich die harte Konsequenz -, teure Schweizer anzustellen, billige Ausländer tun es auch, denn der freie Markt befiehlt, und dem haben wir zu gehorchen.» Das sei nicht seine Politik.

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