Mit einem Finanzinstitut hat das Bild-Text-Kaleidoskop auf den ersten Blick nichts zu tun. Und doch ist es eine der ältesten Schweizer Banken, die auf Facebook ihren Werbe-Superstar geschickt inszeniert. Auf der «Credit Suisse Federer Fan Wall» sorgt der weltbekannte Schweizer Tennisheld für regen Austausch zwischen den Fans.

Auch wenn Roger Federer sein Rendement in letzter Zeit nicht voll entfalten konnte: Das Online-Volk liebt ihn. Man postet ein Bild vom RF-Logo, das man in den Sand gemalt hat. Setzt Bilder von «Rotschi national» zu Herzen zusammen. Muntert sich auf der Fan Wall gegenseitig für baldige Erfolge auf.

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Geschickt kommt die CS so zu einem gelungenen Social-Media-Auftritt, der nicht gleich mit der Anpreisung von strukturierten Produkten oder Hypothekar-Kalkulationen verschreckt, sondern die User in den Vordergrund stellt. Und sie so auf emotionale Art und Weise an die Bank und ihre Angebote heranführt. Das Kalkül: Zuerst ein bisschen Spass, danach können wir immer noch über den heissesten Barrier Reverse Convertible oder eine Flex-Rollover-Hypothek sprechen.

«Dank einer gelungenen Balance zwischen aktuellen Daten aus dem Finanzsektor und ihren Engagements versteht es Credit Suisse, ihre Fanbasis weltweit ständig zu vergrössern», wird die Bank im ersten «Digital Brand Check» zur Schweizer Finanzwelt gelobt. Die Studie, verfasst von der Kommunikationsagentur Jung von Matt / Limmat, hat die Auftritte der zehn wichtigsten Schweizer Banken auf der digitalen Bühne exklusiv für BILANZ miteinander verglichen.

Dass die CS punkto Social Media einen guten Job macht, deckt sich mit dem Social-Media-Ranking, das BILANZ zu Jahresbeginn publiziert hat. Im aktuellen Fall aber hat Jung von Matt / Limmat den Radarschirm zur Performancemessung im digitalen Raum grösser angelegt. Neben Performance und Interaktion auf den Social-Media-Kanälen wurden die Aktivitäten punkto Website, Search und mobilen Endgeräten erfasst (siehe «So wurde bewertet»). «Die Basis bilden über 400 quantitative und qualitative Messgrössen», sagt Rolf Helfenstein, Leiter Beratung und Partner bei Jung von Matt / Limmat, «damit werden in vier Kriteriengruppen fundierte Vergleiche mit den Mitbewerbern geschaffen.»

Die Grossen ganz gross. Wichtig am Vergleich: Mit vier Säulen wird das Gewicht vom derzeit gehypten Bereich Social Media breiter verteilt. Ebenso relevant wie der ungezwungene Austausch auf Facebook und Twitter ist es eben auch, eine gut funktionierende Website als Nukleus der digitalen Tätigkeit zu betreiben. Im grossen digitalen Grundrauschen soll die eigene Firma gefunden werden (Search), und angesichts der stärkeren Verbreitung von Smartphones und Tablets wird es wichtiger, auf diesen mobilen Endgeräten eine gute Falle zu machen.

Im Beauty Contest der zehn Banken liefert die CS zwar im Kanal «Social Media & Talk» die beste Leistung ab; Erzrivale UBS schlägt sich auf allen Kanälen im Vergleich zur Konkurrenz sehr gut und überrundet die CS im Bereich «Mobile & Tablets» so sehr, dass der Sieg im Zehner-Gruppetto an die Bank mit dem Schlüssel im Logo geht – vor CS und Raiffeisen.

Gerade im zukunftsweisenden Kanal «Mobile & Tablets» zeigt sich, dass die Banken heute noch sehr unterschiedlich unterwegs sind. Social-Media-Meisterin Credit Suisse hinterlässt hier einen weniger guten Eindruck als etwa PostFinance, Raiffeisen oder auch Julius Bär. Der richtige Mix sei es, der die Bank zielgenau zum Kunden bringe – und nicht die Menge an Aktivität, sagt Helfenstein. Denn: «Eine grosse Menge an Apps kann manchmal auch dazu führen, dass die Kunden überfordert sind.» Wichtig ist vor allem, dass die Website optimiert ist für mobile Endgeräte. Nichts ist ärgerlicher, als wenn man auf seinem iPhone oder seinem Samsung Galaxy nicht ordentlich navigieren kann auf der Website seiner Bank. Hier herrscht dringender Nachholbedarf. «Generell fällt auf», sagt Helfenstein, «dass die Verbreitung von mobilen Websites in der Branche gering ist.»

Das explosionsartige Wachstum bei der Nutzung von Smartphones und Tablets sei ein Fakt, der in der Bankenwelt da und dort noch nicht richtig verstanden und bewirtschaftet werde, sagt Manuel Nappo. Der Social-Media-Spezialist leitet den schweizweit ersten Zertifikatslehrgang CAS Mobile Business, der an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) im November startet.

Privatbanken mit Defiziten. Insbesondere Privatbanken müssten unbedingt auf diesen Zug aufspringen, um ihrer heiklen Klientel einen nahtlosen und umfassenden Service zu bieten, so Nappo: «Gerade die Zielgruppe der Superreichen hasst alles, was Zeit kostet.» Man müsse aufpassen, dass man eine Kundschaft, die quasi als erste mit dem Blackberry unterwegs war und auch das Auto als mobilen Arbeitsplatz versteht, nicht beleidige mit einem suboptimalen Webauftritt auf mobilen Endgeräten. Wer argumentiert, dass die Privatbankenkundschaft ohnehin oft in einem Alter sei, in dem das iPad mini oder das Xperia-Tablet von Sony nicht das vorrangigste Cocktailparty-Thema sei, könnte sich laut Nappo täuschen: «Man begegnet heute oft Leuten, die zwar einen Desktop-PC nicht bedienen können, dafür aber quasi nahtlos vom Tischtelefon zum Handy oder zum Tablet gefunden haben.»

Was in der Reihenfolge der Zehner-Gruppe auffällt: Die Privatbanken rangieren am Schluss der Liste, nicht zuletzt aufgrund ihrer schwachen Leistung im Bereich «Social Media & Talk». Ein Thema, das offenbar vielerorts immer noch zu leicht gewichtet wird. Dabei sind Facebook, Twitter und Co. längst in der breiten Wahrnehmung angekommen – auch bei der US-Börsenaufsichtsbehörde: «Seit die amerikanische Securities and Exchange Commission Social Media als Kanal für Ankündigungen für Investoren zulässt, ist das Schwatzbuden-Image Geschichte», sagt Dominique von Matt (siehe Interview).

Banken verstünden Social Media auch heute noch oft falsch, sagt Nappo: «Es geht doch nicht darum, mit irgendwelchen Gimmicks virtuelle Freunde zu gewinnen.» Der Imperativ müsse vielmehr sein, «seine servicebewussten Kunden zu jeder Tages- und Nachtzeit optimal zu bedienen». Die Privatbank, die das am besten hinbekommt, ist Pictet: «Gutes und aktives Community-Management, Corporate-Blog optimal mit Facebook-Auftritt vernetzt», werden die Genfer im «Digital Brand Check» gerühmt.

Was tröstlich sein dürfte für die ganze Szene: Man kann es auch ohne Filzballgenie auf der Payroll zu einer hohen Kredibilität in der Social-Media-Welt bringen. Wenn man denn will.

Andreas Güntert
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