«Postfinance wird zum Robo-Advisor» titelte die «Handelszeitung» vor fünf Jahren. Zusammen mit der Digitalbank Swissquote plane man ab 2017 eine automatisierte Vermögensverwaltung, berichtete Postfinance-Chef Hansruedi Köng damals. «Von Robo-Advising und wie E-Trading erhoffe ich mich einen weiteren Ausbau des Digitalgeschäfts», so der Banker, der das Staatsinstitut zum «Digital Powerhouse» machen wollte.

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Davon ist nicht viel übrig geblieben. Oder eigentlich gar nichts. Die neuen Anlagelösungen, welche die Postfinance heute – mit drei Jahren Verspätung – ankündigt, verdienen kaum noch den Zusatz «digital». Zwei der vier Pakete sind traditionelle Beratungslösungen, die auf Gesprächen in der Filiale beruhen. Beim dritten entscheidet der Kunde alleine über Buy und Sell – so wie er das schon seit Jahren tut.

Das vierte Produkt ist die «E-Vermögensverwaltung»; das «Flaggschiff», das Postfinance-Manager Daniel Mewes bereits im Februar in der HZ angekündigt hat. Doch auch dieses Angebot verdient den Zusatz «E» eigentlich nicht. Elektronisch ist vielleicht der Moment, da der Kunde im E-Banking festlegt, welche Strategie in der Vermögensverwaltung verfolgt werden soll. Er kann zwischen vier Varianten auswählen, die dann – ganz traditionell von einem Anlageausschuss – vollzogen werden.

Sorry, aber weniger Mut geht kaum. Von einem Institut, dass einst zu den Pionieren des Selbstbedienungs-Bankings und der Online-Dienstleistungen gehörte und das derzeit gross mit seinen Digital-Produkten wirbt, hätte man mehr erwarten dürfen.

«Hat die Postfinance das Gefühl, dass sie sich in der traditionellen Beratung vor Ort von den zig Banken abheben kann, die das Gleiche anbieten?»

Wo bleibt die Anlagelösung, bei der ich stufenlos den Aktienanteil meiner Anlagestrategie bestimmen kann? Startups wie die bereits etablierte Säule-3-Lösung VIAC können das.

Wo bleibt der Robo, der die Anlagestrategie automatisch dem Marktumfeld anpasst, wie beim Postfinance-Partner Swissquote? Wo bleiben innovative ETF-Lösungen? Oder persönliche Ausschlusskriterien für meine Anlagestrategie?

Hat die Postfinance das Gefühl, dass sie sich in der traditionellen Beratung vor Ort von den zig Banken abheben kann, die das Gleiche anbieten? Und die dabei auf Tradition und Erfahrung verweisen können, die dem Staatsinstitut abgehen? Nein. Mit Fondsberatung auf der Filiale gelingt das nicht.

Ein wirklich digitales Anlagegeschäft wäre eine Chance gewesen für die Postfinance, ihren Weg in das 21. Jahrhundert zu finden und das Versprechen vom «Digital Powerhouse» zu erfüllen, das sie einst abgegeben hat. Das ist Hansruedi «Powerhousi» Köng leider nicht gelungen.

Michael Heim Handelszeitung
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