Von den unzähligen Whisky-Brennereien in Schottland ähnelt keine der anderen. Jede Brennerei besitzt eine eigene Identität und somit Besonderheit. Besonderheiten, die vom Know-how der Brennerei, einer speziellen Ausarbeitungsmethode oder vom Charisma eines Managers abhängen. Bekannt ist nur, wer einen spezifischen Whisky-Bereich abdeckt und über grosse Kapazitäten verfügen kann. Wie oft, wird die Regel durch eine Ausnahme bestätigt: Die kleine Brennerei Edradour (sprich Edradaur), die kleinste Distillerie Schottlands.

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Früher unter dem Namen Glenforres bekannt, ist Edradour der letzte Überlebende einer ehemals berühmten Genossenschaft in Perthshire im Norden von Edinburgh. Die Geburtsstunde dieser speziellen Brennerei ist nicht genau bekannt. 1825 formierte sich eine lokale Gruppe auf dem heutigen Standort. Die Distillerie in ihrer aktuellen Form datiert allerdings aus dem Jahre 1837.

Zwischenzeitlich hatten Amerikaner das Sagen

Fast ein ganzes Jahrhundert zog ins Land und bis ins Jahr 1933 wechselten sich erfolgreiche Besitzer ab. Für viele Distillerien, darunter auch Edradour, war das Jahr 1933 ein wichtiges Jahr. Immer rationellere Produktionsmethoden, entwickelt von den grossen und mächtigen Brennereien, und die Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 zwangen viele Distillerien zum Verkauf ihrer Anlagen und somit zum Verlust ihrer Unabhängigkeit. Denn die Zeit der Prohibition in den USA nahm ein Ende ein Zustand, der das Interesse amerikanischer Firmen weckte. Zahlreiche Distillerien Schottlands wurden aufgekauft. Dieses Schicksal teilte auch Edradour, das 1933 von Willam Whiteley & Co., einer Tochterunternehmung der amerikanischen Gruppe J.G. Turney & Sons, übernommen wurde.

Der Spirituosenkonzern Pernod Ricard erwarb Edradour im Jahre 1982. Vier Jahre später erschien die erste offizielle Version des berühmten 10-jährigen Edradour-Whiskys. Bis ins dritte Jahrtausend existierte jedoch keine richtige Exportstrategie der Whisky wurde ausschliesslich in der Distillerie verkauft!

Nach 20 Jahren im Pernod-Ricard-Konzern folgte 2002 die Wende: Edradour wurde wieder zu 100% schottisch. Der unabhängige Abfüller Signatory Vintage übernahm die Distillerie per Mitte 2002. Signatory Vintage gleich Andrew Symington und umgekehrt für jeden Whisky-Kenner ist der Name des besten unabhängigen Abfüllers der Jahre 2002 und 2003 ein Begriff. Nach einem Artikel in «The Herald» vom 23. Juli 2002 brauchte Symington nur gerade fünf Minuten, um den Kaufvertrag mit Pernod Ricard abzuschliessen.

Die symbolischen Farben Weiss und Rot passen in die idyllische, grüne Umgebung der Brennerei. Die Produktionsanlage ist infolge der bescheidenen Grösse der Distillerie in einem Raum zu finden, der aus mehreren zusammenhängenden kleineren Gebäuden besteht. In der Anlage befinden sich unter anderem sehr antike Einrichtungen wie beispielsweise das im Jahre 1880 patentierte Kühlsystem, Umrührbehälter und Gärungsbehälter.

Drei Mitarbeiter, dafür über 100000 Besucher im Jahr

Klein und familiär man sagt, Edradour produziere in einem Jahr so viel wie andere Distillerien in einer Woche. Selbstverständlich wirkt sich dies auch auf die Arbeitsplätze aus: Das Produktionsteam besteht aus nur drei Personen. Im Gegensatz dazu gibt es in der Hauptsaison fast 20 Guides, welche die rund 100000 Besucher pro Jahr durch die Brennerei leiten.

Die Natur allerdings sträubte sich gegen die Übernahme Symington's. Die idyllische Lage zwischen zwei Flüssen wurde kurz nach dem Kauf zur Bedrohung. Sintflutartige Regenfälle zogen über die Region der Wasserspiegel der beiden Flüsse stieg bedrohlich an, die Situation wurde innert kürzester Zeit unkontrollierbar. Mehrere Gebäude, darunter das Besucherzentrum und die Parkanlage, standen unter Wasser. Kein leichter Anfang für Symington und seine Crew brauchten sie doch mehrere Wochen für Reinigung und Reparaturen.

Jetzt auf dem Weg von der «AOC» zu «Grand cru classé»

Sechs Monate nach der Übernahme der Brennerei durch Symington engagierte dieser den charismatischen Iain Henderson als Produktionsleiter. Auf Henderson, seit geraumer Zeit Manager der Distillerie Laphroaig, wartete eine ganz spezielle Aufgabe. Er nahm diverse Anpassungen vor, welche direkte Auswirkungen auf den Charakter des fertigen Whiskys hatten. War die Qualität bis anhin entsprechend einem französischen Wein «D'appellation controlée», so wurde daraus nun ein «Grand cru classé».

Momentan produziert die Brennerei zwischen 2500 und 3000 l Whisky pro Woche, was 15 Bourbon- oder fünf Sherry-Fässern entspricht. Exportiert wird in ganz Europa, nach Asien und den USA. Weder Symington noch Henderson konnten der Versuchung widerstehen, einen Torf-Whisky zu kreieren. Der Torf-Whisky mit 45/50 PPM erreicht spielend das Niveau der berühmten Whiskys der Insel Islay. Edradour wendet zurzeit zirka 20% der gesamten Kapazität für den neuen Torf-Whisky Ballechin auf. Des Weiteren kauften Symington und Henderson diverse neue Fässer: Hogsheads, alte Weinfässer usw. Die Ära, als Edradour nur für sein Besucherzentrum bekannt war, ist längst vorbei. Edradour steht mitten in der nächsten Epoche.

Andrew Symington und Iain Henderson präsentieren die neuesten Produkte aus dem Hause Signatory und Edradour auf dem Whiskyship in Zürich, dies an folgenden Daten: Freitag, 26. November, 20.15 Uhr; Samstag, 27. November, 18.00 Uhr.

Produkte Edradour

Edradour 10-jährig: Die offizielle Distillerie-Abfüllung. Wood-finishes: 8 bis 10 Jahre im Bourbon- oder Sherry-Fass, «straight from the cask-collection», anschliessend 6 bis 18 Monate in einem anderen Fass: Sauternes, Port, Burgunder, Chardonnay usw.; von Hand abgefüllt

Cream-Liqueur: Edradour-Whisky mit Rahm; 17 Volumenprozent (vergleiche Baileys).

Edradour Jahrgangs-Whisky: Von 1973 oder 1983, abgefüllt im Jahre 2003/2004 und Edradour 30y aus Fässern von 1970-1973

Decanter-collection: In verschiedenen Jahrgängen erhältlich, präsentiert im Kristall-Decanter.