Alex Krauer schwieg lange, bevor ihm der Kragen platzte. Dann geisselte der Novartis-Ehrenpräsident öffentlich überzogene Gehälter und das Scheinargument angeblicher Marktkräfte. Er forderte «Sinn fürs Mass». Das war 2004, und seine Kritik galt den Millionenbezügen seines Nachfolgers als Verwaltungsratschef, Daniel Vasella. Der aber machte ungerührt weiter. Seit 2002 kassierte er insgesamt 300 Millionen Franken. Krauer hatte als Ehrenpräsident zu wenig Einfluss, um dies zu korrigieren.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Vasella aber macht es anders: Novartis verlieh ihrem ausgeschiedenen Präsidenten nicht nur die Ehrenpräsidentschaft, wie es üblich ist, um die langjährige Arbeit der Verwaltungsratsvorsitzenden anzuerkennen. Vasella erhält zudem ein Machtinstrument: einen Beratervertrag bis 2016, mit dem er CEO Joe Jimenez für 25 000 Dollar pro Tag und für mindestens 250 000 Dollar jährlich beraten soll. Der neue Präsident Jörg Reinhardt läuft damit direkt in einen Machtkampf hinein, denn Vasella ist intern noch immer eng mit dem Management verdrahtet.

«Das ist allgemein extrem unüblich und erscheint sehr konfliktträchtig», wundert sich Headhunter Heiner Thorborg, der viele Konzerne berät. «Es kann nur funktionieren, wenn sich diese drei Manager sehr gut verstehen.» Gerade das dürfte kaum der Fall sein, denn zwischen Vasella und Reinhardt ist das einstige Band gerissen.

Um dem neuen Amtsinhaber einen Neuanfang zu ermöglichen, geben Unternehmen Alt-Präsidenten sonst nur das wenig gewichtige Ehrenamt. Nicht umsonst gilt es längst als gute Corporate Governance, dass auch CEOs möglichst nicht direkt Oberaufseher werden und ihrem Nachfolger so den nötigen Spielraum lassen.

Heikle Hilfe. Vasella wirkt als Berater von Jimenez wie ein Block zwischen dem Konzernchef und Reinhardt. Beide beherrschen ihr Metier ausserdem gut genug. Als internationaler Topmanager werde Reinhardt sein Feld als Präsident abzustecken wissen, erwartet Headhunter Sandro Gianella. «Es kommt ganz darauf an, wie stark der restliche Verwaltungsrat auf der Seite von Vasella steht», gibt allerdings Thorborg zu bedenken. Bislang weiss Vasella den VR hinter sich – und das ist ein Problem für Neuankömmling Reinhardt.

Auch sonst tanzt Novartis aus der Reihe: Ehrenpräsident Alex Krauer erhält jährlich 62 000 Franken. Andere Ex-Präsidenten lassen sich das Ehrenamt nicht vergüten, etwa Helmut Maucher bei Nestlé, Fritz Gerber bei Roche oder Rainer E. Gut bei der Credit Suisse. Nur Raymond Bär erhält als Ehrenpräsident ähnlich viel wie Vasella als Berater. Bär leitet dafür aber ein Komitee der Bank Julius Bär zur Lösung des US-Steuerstreits – immerhin eine echte Spezialaufgabe.