Ehrgeizige Pläne unter dem Motto «Ready to take the lead» verfolgen die Eisenbahngesellschaften Crossrail und Dillen & Le Jeune Cargo (DLC), die in Zukunft gemeinsam auf Europas Schienen unterwegs sind. Im Rahmen ihrer Verschmelzung mit Dillen & Le Jeune Cargo will sich Crossrail, die sich im Besitz der australischen Beratungs- und Investitionsfirma Babcock & Brown befindet, zu einer wichtigen europäischen Anbieterin transnationaler Traktionsleistungen entwickeln. Sie wird 180 Mitarbeitende (davon 16 Lokführer-Lehrlinge) in der Schweiz, Italien, Belgien, Deutschland und den Niederlanden beschäftigen sowie über eine Flotte von 37 Streckenlokomotiven sechs verschiedener Typen verfügen. Bis Ende 2009 sollen es mehr als 70 sein.
VR-Präsident Tim Duncan hält das Timing der Fusion für ideal: «Europäische Regierungen realisieren, dass Privatunternehmen das Bahngeschäft effizienter betreiben; das bedeutet weniger staatliche Mittel und bürokratische Hürden.» Die EU fördere den Aufbau eines integrierten europäischen Systems, das grenzüberschreitende Verkehre aus einer Hand ermögliche und damit das Schienennetz besser nutze. Hinzu komme das ökologische Plus des Bahngüterverkehrs. All dies biete Crossrail gute Chancen.
Verschiedene Ausbaupläne
Chief Executive Officer Jeroen Le Jeune bescheinigt dem Gemeinschaftsunternehmen diverse Vorteile, vor allem in punkto Wachstum, Reichweite, Synergien, Wirtschaftlichkeit und Servicequalität. Multimodale Verkehre erfreuten sich starken Marktzuspruchs; es herrsche bereits ein Mangel an Terminals, sagt er. Crossrail betreibt via ihre Töchter Wiler Terminal + Logistik AG und Crossrail Italia S.r.l., Domodossola, je eine Anlage. Ihr Cargodrome in Wiler, das einen Kombiterminal nebst Logistikhalle und Büroblock umfasst, werde zwar Hauptsitz der Firma, «aber nicht Teil ihres Kerngeschäfts sein, zumal die 250 m langen Schienen für unsere Zwecke zu kurz sind und ihre Verlängerung gegen behördliche Auflagen verstossen würde. Unter den heutigen Umständen müssten wir jeden Zug splitten», kommentiert CFO Paolo Alemanni. Das zu 30% ausgelastete Cargodrome steht deshalb auch externen Benutzern offen.
Im Rahmen der Joint-Venture-Gründung übernehmen Crossrails neue Eigner die in der Vergangenheit von Hupac, dem führenden Kombiverkehrsoperateur durch die Schweiz, gehaltene 40%-Beteiligung. Ronny Dillen, Crossrails Chief Operating Officer, wertet es als «wichtig, Hupac auf Basis einer Kooperationsvereinbarung auch weiterhin an unserer Seite zu wissen». Laut Duncan verfolgt die neue Crossrail das Ziel, Europas grösster unabhängiger Traktionär zu werden. Ein sehr ehrgeiziges Ziel, «das Kapital erfordert; wir haben diese Zutaten», so Duncan. Die neue Gesellschaft will das allgemein negative Image der Eisenbahnen – Stichworte: Nutzniesser von Staatsbudgets, Ineffizienz, nur bis zur Landesgrenze reichende Visionen, Unzuverlässigkeit, ungenügende Pünktlichkeit, langsame Transporte, teurer Service – korrigieren, hakt Le Jeune ein. Gut 60% der Verzögerung neuer Markteintritte sind seiner Ansicht nach auf Infrastrukturprobleme wie schlechte oder keine Trassen, fehlende Terminalzugänge oder rote Signale zurückzuführen. Solche Handicaps wiegen umso schwerer, als Bahnen – im Gegensatz zu Lastwagen, Schiffen oder Flugzeugen – an rigide Betriebsnetze gebunden seien.
Es wird interessant sein zu verfolgen, wie erfolgreich sich die neue Konkurrenz im Schienenverkehr Europas und der Schweiz in den kommenden Jahren einführen wird. Die Voraussetzungen dazu sind jedenfalls vorhanden, nun muss man sie nutzen.