Nach monatelanger Vorbereitung ist es nun soweit: Das indonesische Fintech Achiko ist an der Schweizer Börse kotiert. Bereits im Juni sagte Achiko-CEO Kenneth Ting in einem Interview mit der Handelszeitung in Zürich: «Die Kotierung in der Schweizt bringt uns gegenüber unseren Konkurrenten einen Vorteil, denn sie verhilft uns zu mehr Vertrauen potenzieller Investoren und ermöglicht somit die geplante Expansion». 

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Das Unternehmen mit Firmensitz in der indonesischen Hauptstadt Jakarta bietet Zahlungsdienstleistungen für Menschen ohne eigenes Bankkonto oder Kreditkarte. Und zwar über die Zahlungsplattform Mimopay, die es in Indonesien bereits seit 2012 gibt: Dort wird sie von 2 Millionen Kunden genutzt. Vergangenes Jahr wurde sie von Achiko übernommen.

Nun will die Firma in ganz Südostasien und Indien expandieren: Es ist ein riesiger Markt von 1,9 Milliarden Menschen, wovon etwa die Hälfte kein Bankkonto besitzt. Achiko setzt dabei nicht nicht nur auf Mimopay, sondern auf eine breite Entertainment-Plattform nach dem Vorbild des chinesischen Wechat. Über die Plattform werden Messaging-Dienste und Spiele angeboten, welche die Nutzer per Mimopay bezahlen können.

Anders als die grossen sozialen Netzwerke wie Facebook setzt Achiko dabei nicht auf Werbung, um Geld zu verdienen. Facebook sei mit diesem Geschäftsmodell in vielen asiatischen Ländern gescheitert, denn Werbung als Einnahmequelle funktioniere in Südostasien nicht, sagt Achiko-CEO Kenneth Ting

Das Startup verfolgt ein anderes Geschäftsmodell. Es ist vergleichbar mit dem von Tencent, das mit Wepay Zahlungsdienste und das führende soziale Netzwerk im Reich der Mitte Wechat sowie weitere Dienste anbietet.  

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten: 

Was macht Achiko?

Was Tencent in China für Wechat ist, will Achiko für den südostasiatischen Markt werden: Ein Holding-Unternehmen, dass verschiedene Zahlungs- und Unterhaltungsplattformen bereitstellt. Das Potenzial ist gross: knapp 600 Millionen Menschen in Südostasien und 1,3 Milliarden in Indien.

Zudem gibt es ausser Facebook derzeit kein dominierendes soziales Netzwerk in diesen Ländern. Denn Facebook habe mit seinem One-size-fits-all-Modell dort nie richtig Fuss fassen können. Ganz anders macht es Achiko mit seiner Plattform: In jedem Land bietet das Fintech massgeschneiderte Produkte an.

Das Startup startete 2012 mit einer Messaging-Plattform, dazu kam eine elektronische Zahlungs-App – ein digitales Portemonnaie. Mittlerweile bietet Achiko auch eine Gaming-App und eine Art Influencer-Portal an.

Was ist Mimopay?

Mimopay ist besonders interessant für Achiko – weil allein in Indonesien die Hälfte der rund 260 Millionen Einwohner kein Bankkonto besitzt. Gleichzeitig ist die Handynutzung sehr hoch: fast 70 Prozent der Menschen besitzen ein Smartphone, sagt Ting. 

Um online einzukaufen oder im Internet zu spielen, müssen die Nutzer jedoch ein Bankkonto oder eine Kreditkarte besitzen. Mimopay umgeht diese etablierten Zahlungskanäle: Die Nutzer können per Prepaid-Handyguthaben, in 10'000 Lebensmittelläden, mit denen Mimopay in ganz Indonesien kooperiert, oder am Geldautomaten im ganzen Land bezahlen. Dafür behält sich Mimopay eine Gebühr von 3 bis 5 Prozent des Umsatzes ein.

Bisher konzentriert sich das Fintech auf den Gaming-Markt, der Online-Handel könnte als nächstes folgen.

Menschen ohne Bankkonto den Zugang zu Zahlungsdiensten zu ermöglichen ist ein hehres Ziel, doch wie passt das mit Dienstleistungen wie Gaming, die nur der Unterhaltung dienen, zusammen, wenn jene Menschen teilweise viel dringlichere Probleme haben? Für Kenneth Ting ist das kein Widerspruch. Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern habe Online-Entertainment und -Gaming einen hohen Stellenwert: «Diese virtuelle Welt bietet den Menschen dort ein Fenster zu Aussenwelt, das sie sonst nicht haben», sagt Ting. 

In welche Länder expandiert Achiko?

Mimopay gibt es bisher nur in Indonesien. In den nächsten anderthalb Jahren sollen Myanmar, die Philippinen und Vietnam folgen, denn auch in diesen Länder sei der Anteil der Bevölkerung ohne Bankkonto und die Smartphone-Nutzung ähnlich hoch wie in Indonesien – dem bevölkerungsreichsten Staat in der Region. Auch in den neuen Märkten verspricht sich das Unternehmen ein schnelles Wachstum. Danach will das Fintech Malaysia sowie den riesigen indischen Markt in Angriff nehmen. 

Bei seinen Expansionsplänen legt Ting grossen Wert auf massgeschneiderte Lösungen für jedes Land. «Dafür brauchen wir Kapital und ausgebildete Leute. Und zwar vor Ort». Heute hat Achiko 35 Mitarbeiter, innerhalb des kommenden Jahres sollen es 60 werden.  

Wie finanziert sich das Fintech?

Achiko hat nach eigenen Angaben zwischen 80 und 90 Anteilseigner, grösster Investor ist der indonesische Medienkonzern MNC. Auch die chinesische Risikokapitalgesellschaft MOX hat Anteile. 35 Prozent der Aktien gehören dem Management und weiteren Mitarbeitern.

Heute wurden rund 89,6 Millionen Aktien zu einem Referenzpreis von 0,70 Dollar das Stück an der SIX kotiert. Davon sind rund 41 Prozent im Streubesitz. Zu einer Kapitalerhöhung kam des im Zuge des «Direct Listing» nicht.

Die für Anfang Oktober geplante Kotierung an der SIX war verschoben worden. Zu den Gründen hatte sich das Unternehmen nicht geäussert. 

Wieso erfolgt die Kotierung in der Schweiz?

Achiko wählte die SIX für seine Kotierung unter anderem wegen der institutionellen Anleger, die hier präsent sind. Auch wegen den starken Banken und der stabilen Regulierung sei die Wahl auf die Schweiz gefallen, erklärt der CEO. Gerade in Asien geniesse die Marke Schweiz ein sehr hohes Ansehen und vermittle Vertrauen – für potenzielle neue Investoren, welche Achiko für seine Expansionspläne benötigt.

Nicht zuletzt will Achiko auch von der starken Präsenz anderer Fintech-Unternehmen in der Schweiz profitieren. Derzeit seien zwar noch keine Kooperationen mit hiesigen Banken oder Fintechs geplant, aber langfristig durchaus möglich. Bald könnte Achiko auch ein Büro in der Schweiz eröffnen. 

Dass sich auch Facebook die Schweiz als Standort für seine digitale Währung Libra ausgesucht hat, mag kein Zufall sein. Das Vorhaben ist vergleichbar mit Facebooks Plänen, denn Libra will ebenfalls Menschen ohne Bankkonto den Zugang zu Zahlungsdiensten ermöglichen. Und mit dem Sitz der Libra-Stiftung in Genf möchte auch Facebook Vertrauen und Glaubwürdigkeit gewinnen.