Die UBS spielt Powerplay gegen strengere Kapitalanforderungen in der Schweiz. Offenbar gehört ein Wegzug in die USA zu den Optionen, die die Grossbank aktuell abwägt. Daniel Zuberbühler (77) war fast sein Leben lang Bankenaufseher in der Schweiz und hat auch selber Finanzinstituten und Bankern auf die Finger geschaut. Auch der Grossbank UBS.
Die UBS denkt laut über einen Umzug in die USA nach. Neuer Regulator, neues Glück?
Die USA sind kein Bankenparadies. Dort kämpfen zahlreiche Behörden um Zuständigkeiten, Rechtsstreitigkeiten sind extrem teuer, Anwälte verdienen am Ausgang mit – und aggressive Staatsanwälte fordern Milliardenstrafen. Zudem riskiert man politische Willkür. Auch US-Firmen leiden unter Eingriffen der Trump-Administration. Wer will sich dem freiwillig aussetzen?
Die UBS prüft das offenbar trotzdem. Was würde ein Wegzug für die Schweiz bedeuten?
Ein Umzug wäre nicht erfreulich, aber auch keine Katastrophe. Das profitable Schweizer Geschäft – Retail, Kommerz und Vermögensverwaltung – bliebe hier. Eine Kreditverknappung droht nicht, schon gar nicht bei Hypotheken, wo reger Wettbewerb herrscht.
Was hätte die Schweiz beim Wegzug zu verlieren?
Mehrere Tausend Stellen in der Konzernzentrale gingen verloren. Trotzdem verkennen die Bankpersonalverbände, dass die vom Bundesrat geforderte Eigenkapital-Stärkung des Schweizer Stammhauses im Interesse der Angestellten liegt.
Inwiefern?
Solange das Schweizer Stammhaus – wie jetzt – das schwächste Glied der
UBS-Gruppe bleibt, trifft eine Krise der Bank zuerst die hiesigen Mitarbeitenden – und noch wichtiger: die Gläubiger. Umgekehrt profitieren die Steuerzahlenden enorm, wenn die Schweiz nicht mehr für die riskante Investmentbank haftet. Diese Verantwortung könnte man beruhigt den US-Behörden überlassen – und wäre deren Rettungserpressung, wie bei der Credit Suisse, nicht mehr ausgesetzt.
Sie sehen weitere Vorteile bei einem UBS-Wegzug?
Die Finma könnte sich auf das von der Schweiz aus beherrschte Geschäft konzentrieren: starke Kapitalisierung, strenge Aufsicht, im Krisenfall strikte Abschottung insbesondere zu US-Teilen – so wie es die USA und Grossbritannien im Fall CS umgekehrt vorlebten.
Was hätte die UBS selbst von einem Umzug?
Sie könnte dem Kapitalabzug entgehen, den der Bundesrat vorsieht. Doch dieser international anerkannte Grundsatz – keine doppelte Verwendung des Eigenkapitals für die Risiken von Mutter und Töchtern – gilt auch in den USA, wenn die UBS ihr bisheriges Schweizer Stammhaus in eine US-Holding einbringt.
In den USA hätte sie immerhin die Fed als Nothelferin.
Ja, bei einer Liquiditätskrise der UBS wäre die US-Zentralbank zur Stelle. Die UBS bilanziert in Dollar und hat weltweit ihre grössten Verpflichtungen in dieser Währung.
Gibt es Alternativen zum Wegzug?
Ja. Ex-SNB-Präsident Hildebrand hat auf eine Lösung hingewiesen: Mehr als die Hälfte des für die UBS-Tochtergesellschaften aufgewendeten Kapitals steckt in den USA – in der Investmentbank und im US-Vermögensverwaltungsgeschäft. Beide liefern wenig. Die Investmentbanken der beiden Schweizer Grossbanken haben pro Saldo über Jahrzehnte Verluste gemacht. Das US-Wealth-Management bringt magere Erträge – viele davon fliessen direkt zu den Brokern. Die UBS sollte sich fragen, ob sich dieser Aufwand lohnt oder ob man das Geschäft verkleinert oder verkauft.
Das ist ein strategischer Entscheid.
Richtig. Aber statt gegen die absolut notwendige Korrektur eines verfehlten
Schweizer Sonderwegs zu kämpfen, sollte die UBS endlich Kapital aufbauen – und nicht übermässig Dividenden zahlen und Rückkäufe tätigen. Das Stammhaus hat ein Loch im Dach.
Auch eine Fusion mit einer US-Bank steht im Raum. Wäre das ein Ausweg?
Kaum. Der Kauf einer US-Bank würde die Kapitalanforderungen in der Schweiz erhöhen, weil eine neue Tochter hinzukommt. Eine Fusion wäre weit komplexer als die CS-Übernahme. Und: Nur wenn die UBS absorbiert würde – nicht umgekehrt –, würde sich beim Schweizer Kapitalabzug etwas ändern. Dann aber wäre es vorbei mit der Swissness. Das widerspräche den Beteuerungen der UBS.
Welche Rolle spielt dabei die US-Vollbanklizenz, die die UBS anstrebt?
Die Übernahme einer US-Bank könnte den Weg zur Vollbanklizenz verkürzen. Diese erlaubt Kredit- und Einlagengeschäfte, bringt aber auch höhere Kapitalanforderungen und die Pflicht zur US-Einlagensicherung.
Was treibt die UBS zu solchen Überlegungen?
Möglicherweise erhofft sie sich höhere Erträge und einen Aufstieg im US-Markt – auf Augenhöhe mit den amerikanischen Grossbanken.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Blick.