Im Ringen um die künftigen Einkaufspreise kommen sich Nestle und der Einzelhändlerverband Agecore um Edeka und Coop näher. «Wir kommen voran und wir wollen auch den Streit beilegen», sagte Edeka-Vorstandschef Markus Mosa am Dienstag bei der Präsentation der Bilanz 2017. Stand heute gebe es aber keine Einigkeit, es seien noch einige Punkte offen.

Ähnlich hatte sich zuvor ein Brancheninsider in der Schweiz geäußert. «Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist. Die Verhandlungen laufen noch.» Zuvor hatte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» berichtet, die Unterhändler beider Seiten hätten sich auf einen Kompromiss verständigt, nun werde an den Details gefeilscht.

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Mosa sagte, es liege ein Angebot von Nestle vor, das «in dieser Form aber nicht akzeptabel» sei. Der Streit zwischen Nestle und den Einzelhändlern sorgt seit Monaten für Schlagzeilen. Zwar sind erbitterte Auseinandersetzungen um die künftigen Preise in der Branche üblich.

Neu war jedoch das Ausmaß: Die sechs europäischen Einzelhändler um die deutsche Edeka und Coop in der Schweiz haben sukzessive Nestle-Produkte boykottiert und diese aus den Regalen genommen, um den Druck auf den weltgrößten Nahrungsmittelkonzern zu erhöhen.

Auswirkungen auf Nestlés Bilanz

Inwiefern sich das auf die Bilanz von Nestle ausgewirkt hat, dürfte sich am Donnerstag zeigen, wenn die Schweizer ihre Umsatzzahlen für das erste Quartal veröffentlichen. Nestle äußerte sich nicht zu den laufenden Verhandlungen mit dem Einkaufsbund.

Mosa deutete zugleich an, dass der Einkaufsverbund den Druck auf Nestle noch einmal erhöhen könnte. «Wir wären dazu in der Lage.» Kurzfristig sei jedoch keine Verschärfung geplant. Edeka stehe nicht unter Druck, der Streit wirke sich auch nicht auf den eigenen Umsatz aus. Die Erlöse seien im ersten Quartal sogar um mehr als fünf Prozent gestiegen. Das Plus könne jedoch nicht auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden, da das Osterfest diesmal früher gewesen sei.

Preiskampf schwelt seit September

Der Preiskampf, in dessen Verlauf die Agecore-Mitglieder zahlreiche Produkte von Nestlé nicht mehr nachbestellt hatten, schwelt seit September. Dabei geht es nicht nur um die Preise für das kommende Jahr. Experten zufolge kommt darin auch zum Ausdruck, dass sich die Machtverhältnisse in der Lebensmittelbranche verändern. Mit dem Vormarsch von Online-Anbietern wie Amazon werden die Karten zwischen Herstellern, Einzelhändlern und Konsumenten neu gemischt. 

Edeka hatte sich mit europäischen Supermarktketten Intermarché, Coop Schweiz oder Colruyt verbündet, um Nestlé zu Zugeständnissen bei Preisen und Konditionen zu zwingen und so seine Kosten im Einkauf zu senken.

Zusammen wickeln die Mitglieder der Einkaufsallianz rund zwei Milliarden Euro Umsatz mit Nestlé ab. Zu den bekanntesten Marken des Unternehmens gehören Nescafé, Maggi, Thomy, Wagner Pizza und Vittel. Am Dienstagmorgen berichtete die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» über eine bevorstehende Einigung.

Thomy Mayonnaise wird weiter fehlen

In den Regalen von Coop sowie bei Coopathome fehlen derzeit rund 200 Nestlé-Produkte. Verhandelt wird über den europäischen Händlerverbund Agecore. Zu Agecore gehören nebst Edeka aus Deutschland und Coop auch Intermarché aus Frankreich.

Coop schreibt auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA lediglich: «Agecore ist in Verhandlungen mit Nestlé und sucht nach Lösungen.» Mehr könne man zu den laufenden Verhandlungen derzeit nicht sagen.

Nestlé gibt keine Stellungnahme ab. Aus Nestlé-nahen Verhandlungskreisen heisst es auch, es sei noch nichts in trockenen Tüchern. Die Verhandlungen liefen.

Migros stellt vorerst keine Begehren

Sollten Coop und Edeka erfolgreich sein, dürften weitere Detailhändler Begehren stellen. Migros, die 80 Prozent Eigenmarken verkauft, aber auch etliche Nestlé-Marken, gibt sich auf Anfrage der SDA zurückhaltend.

Die Migros führe ihre Preis- und Sortimentspolitik unabhängig von ihren Mitbewerbern, sagte Migros-Sprecher Luzi Weber. Weiter: «Die Migros verhandelt stets hart mit ihren Lieferanten, um ihren Kunden auch in Zukunft ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis bieten zu können.» Dies geschehe unabhängig von der Preispolitik ihrer Mitbewerber.

(reuters/sda/mlo)