Sie brauchen viel mehr Strom, als sie produzieren: Die Italiener importieren mit rund 60 TWh jährlich soviel Elektrizität aus dem Ausland wie die Schweiz verbraucht. Und das zu den europaweit höchsten Preisen. Der italienische Strom kostet fast doppelt soviel wie in der Schweiz. Kein Wunder zieht es auch Schweizer Stromunternehmen nach Italien. Sie investieren dort insgesamt über 2 Mrd Fr. in den Kraftwerkbau.

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Stromunternehmen und Analysten im In- und Ausland sehen in Italien ein gutes Geschäft. Neben dieser Euphorie gibt es auch kritische Töne: Von Ignacio Font, Analyst bei der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein in London. Er hat den italienischen Strommarkt untersucht und kommt zum überraschenden Schluss: «Die Kapazitäten wachsen im Durchschnitt um 5 GWh pro Jahr, während die Nachfrage nach Strom um weniger als 1 GWh wächst. Ein Überangebot an Strom ist unvermeidbar», schreibt er in seiner aktuellen Studie, die der «HandelsZeitung» vorliegt.

In spätestens zwei Jahren sei deshalb der heute unterversorgte Strommarkt in Italien überversorgt. Das werde die Preise schneller drücken als erwartet: Laut Fonts Berechnungen wird italienischer Strom im Jahr 2008 44Euro pro MWh kosten statt wie heute rund 55 Euro.

Im Gegensatz zu anderen Analysten hat Font bei jedem Stromunternehmen einzeln geprüft, wie viele neue Kraftwerke geplant sind, und wie weit diese im Bau stecken. «Normalerweise basieren die Analysen lediglich auf den Angaben auf der Homepage des italienischen Energieministeriums, wo die Liste der bewilligten Kraftwerke publiziert ist», sagt Font.

Die Liste habe aber einen Haken: «Sie reicht nur bis ins Jahr 2002 zurück, was früher bewilligt wurde, ist nicht mehr drauf», sagt Font. Zudem würden Kraftwerke abgestellt, aufgerüstet und mit höheren Kapazitäten wieder in Betrieb genommen. Auch das werde kaum beachtet.

Stromer reagieren gelassen

Die Schweizer Stromunternehmen reagieren gelassen auf die Warnung, in einen Markt zu investieren, wo schon bald zuviel Strom produziert werden könnte: «Wir erwarten, dass Italien noch für mehrere Jahre unterversorgt bleibt», sagt Karl Heiz, Chef von Rätia Energie. Seine Meinung deckt sich mit jener von Atel, EGL und BKW. Heiz sagt aber auch:«Es ist nicht ausgeschlossen, dass Energie in Zukunft einmal von Süden nach Norden fliessen wird.»

Milliardeninvestitionen

Stromer in Italien