Gewährsentzug, Berufsverbot, eingezogene Gewinne: Wenn die Finanzmarktaufsicht (Finma) ein sogenanntes Enforcement-Verfahren durchführt, kann das für die betroffenen Banker oder Banken (auch Versicherungen können betroffen sein, sind es aber eher selten) unangenehm werden.

Zusammen mit dem Jahresbericht hat die Finma diese Woche auch ihren Bericht zu diesen Enforcement-Verfahren publiziert. Wir haben einen Blick hineingeworfen. Insgesamt schloss die Finma im vergangenen Jahr 34 Verfahren ab. Das hier sind die interessantesten: 

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Geldwäscherei: Venezuela

Bekannt ist, dass die Finma gegen zahlreiche Banken ermittelte, die Gelder aus dem Umfeld des venezolanischen Ölkonzerns PDVS gewaschen haben sollen oder Geldwäscherei nicht aktiv genug verhinderten. Zuletzt schloss sie ein Verfahren gegen die Banca Zarattini & Co. sowie die CBH Compagnie Bancaire Helvétique SA ab. Dabei habe es sich um das letzte Verfahren aus dem PDVSA-Komplex gehandelt, schreibt die Finma. Insgesamt kontaktierte sie 30 Schweizer Banken. Gegen 5 Banken führte sie ein Enforcement-Verfahren.

Mehr «Handelszeitung»-Berichte zum Thema PDVSA finden Sie hier

Credit Suisse 1: Mosambik

Die Credit Suisse (CS) taucht gleich mehrfach namentlich in der Fallstatistik auf und wird – auch davon abgesehen – so oft im Finma-Jahresbericht genannt wie keine andere Bank. Für Schlagzeilen gesorgt hatte der Fall Mosambik, wo die CS Kredite in Milliardenhöhe an Staatsunternehmen vergeben hatte. Die Finma wirft der CS «schwerwiegende Mängel» im Risikomanagement vor und setzte unter anderem einen Prüfbeauftragten ein.

Mehr zum Fall Mosambik der Credit Suisse unter anderem hier

Das Logo der Schweizer Bank Credit Suisse an einem Gebaeude in Zuerich Oerlikon, am Donnerstag, 10. Maerz 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/Michael Buholzer)

Wird überdurchschnittlich oft von der Finma genannt: Die Credit Suisse.

Quelle: Keystone
Credit Suisse 2: Beschattungsaffäre

Ebenfalls in die Schlagzeilen kam die Beschattung des damaligen CS-Managers Iqbal Khan im Auftrag der Konzernleitung. Zwischen 2016 und 2019 habe die Bank insgesamt siebenmal Personen observieren lassen, ohne dass diese Observationen sauber dokumentiert worden seien, so die Finma. Die Entscheide darüber seien «formlos» gefällt und anschliessend «verschleiert» worden. Hinzu komme, dass die Bank falsche Angaben gemacht habe: «Öffentlich und gegenüber der Finma gemachte Aussagen der Bank erwiesen sich in der Folge als teilweise unvollständig oder gar unzutreffend», heisst es im Bericht. Auch hier setzte die Finma einen Prüfbeauftragten ein.

Mehr zur Beschattungsaffäre hier

Bank W: Datendiebstahl zu einfach gemacht

Kurz vor Weihnachten schloss die Finma ein Verfahren gegen eine Bank, mutmasslich in der Romandie, ab, bei dem es um Datendiebstahl ging. Die Bank sei Opfer einer «umfangreichen Datenabschöpfung» geworden, insbesondere von Kundendaten. Sie sei nur ungenügend gegen einen solchen Diebstahl gewappnet gewesen – und habe das auch vor dem Diebstahl schon gewusst, schreibt die Finma. Die Bank habe über «keine angemessene und wirksame Organisation, kein angemessenes und wirksames internes Kontroll- und Risikomanagementsystem» verfügt, was eine schwere Verletzung des Aufsichtsrechts darstelle.

Zur Anonymisierung: Die «Handelszeitung» verzichtet auf Spekulationen darüber, welche Bank hinter einem nicht offensichtlich zuordenbaren Pseudonym steckt. Wir nehmen aber gerne entsprechende Hinweise per Mail entgegen.

Bank X: Interessenkonflikte eines Verwaltungsrats

Im Oktober schloss die Finma ein Verfahren gegen einen nicht namentlich genannten Verwaltungsrat einer Bank ab. Hintergrund waren Investitionen der Bank. Der Verwaltungsrat habe kritische Informationen dazu gehabt, habe es aber unterlassen, diese genauer abzuklären und seine Kollegen zu informieren. Auch sei der Verwaltungsrat in dieser Sache nicht in den Ausstand getreten, obwohl er das hätte tun müssen. Insgesamt sei es gleich zu mehreren schweren Verstössen gekommen, der Verwaltungsrat sei mit- oder hauptverantwortlich für die entsprechenden Verletzungen durch die Bank.

Die Finma erlegte den Verwaltungsrat mit einem zweijährigen Berufsverbot. Dieses wurde nicht angefochten.

Bank Y: 60 Millionen Dollar gewaschen

Über mehrere Jahre hinweg habe die Bank «Durchlauftransaktionen» im Umfang von 60 Millionen Dollar durchgeführt, wobei Hintergrund und Zweck der Zahlungen «unklar» geblieben seien. Auch habe es «intransparente personelle Verflechtungen» gehabt, so sei etwa die betagte Mutter eines Beteiligten als wirtschaftlich Berechtigte aufgeführt worden. Das Ganze sei durch eine mangelnde Risikokultur der Bank noch begünstigt worden. Insgesamt habe die Bank ihre Sorgfaltspflichten und Meldepflichten bezüglich Geldwäscherei vernachlässigt, weshalb die Finma Gewinn im Umfang von 240’000 Franken einzog.

Wertpapierhaus Z: Schwere Interessenkonflikte

Einen Interessenkonflikt der besonderen Art bemängelt die Finma in diesem im Dezember abgeschlossenen Verfahren. Das Wertpapierhaus betrieb einen eigenen alternativen Anlagefonds, in den es teilweise «in erheblichem Anteil» Gelder der eigenen Kundinnen und Kunden investierte. Bei der grössten Kundin, einer Stiftung, sei es zu einem «gravierenden Interessenkonflikt» gekommen, sass einer der aktiv am Geschäft beteiligten Verwaltungsräte des Wertpapierhauses doch gleichzeitig auch im Stiftungsrat. Ähnliche Konstellationen seien auch bei anderen «(Familien-)Stiftungen» vorgelegen.

Die Fima drohte dem Wertpapierhaus aufgrund der vielen Verstösse mit dem Entzug der Bewilligung, zog 1,66 Millionen Franken Gewinn ein und entzog dem involvierten Verwaltungsrat für fünf Jahre die Gewähr als Manager oder Verwaltungsrat, was einem faktischen Berufsverbot in dieser Stellung gleichkommt.  

Kryptobude A: Unerlaubte ICO

Zunehmend tauchen auch Fälle aus dem Umfeld der Krypto-Finance in den Berichten der Finma auf. So berichtet sie von einem sogenannten ICO, bei dem eine Firma Kapital über die Ausgabe digitaler Coins aufnehmen wollte. Zwar habe die Finma im Vorfeld festgehalten, dass das Unternehmen unterstellungspflichtig sei. Dennoch habe das Unternehmen sich weder einer Geldwäscherei-Kontrollstelle (SRO) unterstellt noch mit einem Unternehmen zusammengearbeitet, das eine solche Unterstellung hatte. Auch habe das Unternehmen Auskunftspflichten im Enfocement-Verfahren verletzt, was möglicherweise damit zu tun hatte, dass es bereits im Niedergang war. So sei noch während des Verlaufs des Verfahrens die Liquidation der Gesellschaft durch ein Gericht angekündigt würden. Die Gesellschaft hatte sogenannte Token im Wert von 9,4 Millionen Franken ausgegeben.

Michael Heim Handelszeitung
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