Viele Vorgesetzte und Personalchefs stehen zurzeit vor unliebsamen Schritten: Sie müssen Leute entlassen. Doch nicht alle meistern die schwierige Aufgabe mit Stil und Professionalität. Es liessen sich hier haarsträubende Geschichten erzählen: Etwas diejenige vom Teamleiter, der krank zuhause liegt und das Kündigungs-Telefonat erhält. Die von der treuen Empfangsdame, die eines Morgens ihren Kündigungsbrief auf ihrem Schreibtisch vorfindet, oder von der engagierten Architektin, die nach einem Streit mit dem Vorgesetzten per E-Mail von ihrer Freistellung erfahren muss.

Gemeinsam haben diese Vorfälle gleich mehrere Punkte: Die Kündigungen kamen überraschend, trafen Mitarbeitende, die sich mit ihrer Arbeit identifizierten, und wurden nicht korrekt durchgeführt. Das Resultat sind gebrochene Betroffene, eine verunsicherte Restbelegschaft und ein Reputationstief des Arbeitgebers.

Und es ist nicht etwa so, dass solches Verhalten in Zeiten des Massenabbaus die Ausnahme ist. Zwar hat sich etwa für Pia Rebekka Herrli, Consultant beim Human Competence Center in Basel, die Situation stark verbessert, denn «die Firmen können sich unfaire Entlassungen heute gar nicht mehr leisten». «Trotzdem geschehen noch immer die fürchterlichsten Dinge», heisst es hingegen bei Toni Nadig, Geschäftsführer und Berater von DBM in Zürich. Zwei gegenteilige Aussagen, die dennoch wahr sind, denn ob eine Kündigung vom entlassenen Mitarbeitenden als «fair» empfunden wird, hängt in sehr grossem Masse vom Kündigungsgespräch ab. Für Toni Nadig «die schwierigste Führungsaufgabe überhaupt».

*Professionelles Ende*

Dem oder der entlassenen Mitarbeiterin gegenüber sitzen, in die Augen schauen, die Kündigung aussprechen, ihre Reaktion abwarten... Für die meisten Führungskräfte ein Graus, verständlicherweise. Hinzu kommt häufig der Umstand, dass sie nicht einmal Entscheidungsträger sind, sondern von der Geschäftsleitung den Auftrag fassen, eine bestimmte Anzahl Stellen abzubauen. Gerade in Grossbetrieben ist das eher die Regel denn die Ausnahme. Doch weder ausführender Vorgesetzter noch entlassener Mitarbeiter sind einfach Opfer, vorausgesetzt, die Kündigung wird professionell durchgeführt.

Dazu gehört in erster Linie eine gründliche sachliche und menschliche Vorbereitung. Es muss klar sein, wer aus welchen Gründen entlassen wird. Ebenso muss der Vorgesetzte sich Gedanken über die Persönlichkeit und die Lebensumstände seines Mitarbeitenden machen. Hat er Familie? Ist er depressiv veranlagt? Könnte er gar aggressiv werden?

«Je adressatengerechter eine Kündigung ausgesprochen wird, desto fairer wird sie empfunden», ist Pia Rebekka Herrli überzeugt. Allerdings sei das auch ein schwieriges Vorgehen und die Vorbereitung aufwendig. Doch es ist auch die beste Lösung. Das beweist die Vorgehensweise einiger derzeit im grossen Stil abbauenden Unternehmen.

Bei der Swisscom zum Beispiel können Führungskräfte den Kurs «Schwierige Gespräche» besuchen. «Darin werden die Fairnessregeln für alle Beteiligten aufgezählt und den Führungskräften ein Instrumentarium nahe gelegt», erklärt Rolf Kurath, Verantwortlicher für das Restrukturierungsprogramm ´03. Die Kurse seien immer gut belegt, denn bei der Swisscom führe der Vorgesetzte das erste Gespräch mit dem Mitarbeitenden.

Ebenso bei der Credit Suisse: «Das Bad-News-Gespräch macht der Linienverantwortliche», erklärt Pressesprecher Georg Söntgerath. Das werde bei der Ausbildung für Führungskräfte geübt. Auch gebe es einen Gesprächsleitfaden. «Letztlich wird aber individuell entschieden, ob dieser Leitfaden befolgt wird oder nicht», meint Söntgerath weiter.

*Nötig sind Kraft und Mut*

Eine Kündigung sollte immer persönlich mitgeteilt werden, wobei jedes Kündigungsgespräch anders verläuft. Ob einem bestimmten Schema gefolgt wird oder nicht, hängt in hohem Masse von der Personenkonstellation ab. Der Vorgesetzte brauche für das Gespräch Mut und Kraft, ist Toni Nadig vom Outplacement-Spezialisten DBM überzeugt, eine klar festgelegte Vorgehensweise könne dabei eine Stütze sein.

Als erste Regel gilt es, Ort und Zeit richtig zu bestimmen. Das Gespräch sollte im Büro des Vorgesetzten, idealerweise an einem Montagmorgen stattfinden. Wer will denn schon bei einem Mittagessen im Restaurant von seiner Entlassung erfahren?

Und wer seinen Mitarbeitenden an einem Freitag oder etwa vor den Ferien kündigt, belastet deren Privatleben übermässig. Das Gespräch selbst sollte direkt und kurz sein. Die Nachricht der Kündigung sollte innerhalb der ersten fünf, höchstens zehn Minuten fallen.

«Dann muss eine Pause folgen, damit der Mitarbeitende reagieren kann», führt Toni Nadig aus. Enttäuschung, Schock, Ärger müssen Platz finden und es gilt, diese auszuhalten. Dies teilweise auch aus praktischen Gründen, denn wird eine Kündigung unter Schock unterschrieben, kann sie später rechtlich angefochten werden.

Die Wortwahl sollte während des ganzen Gespräches unmissverständlich sein, der Kündigungsgrund klar erläutert werden. Floskeln, Mutmassungen oder defensive Erklärungen können falsche Hoffnungen wecken oder schlicht deplatziert sein. «Man kann ruhig Mitgefühl zeigen, auch wenn jemand weint, dabei muss man sich aber immer klar abgrenzen», erklärt Toni Nadig weiter.

Als weiterer wichtiger Teil des Gespräches sollten ganz konkret die nächsten Schritte erläutert werden, sodass der gekündigte Mitarbeitende nicht einfach durcheinander und orientierungslos ist, sondern zumindest weiss, worüber er nachzudenken und was er zu entscheiden hat.

Schliesslich sollte ein Kündigungsgespräch von Seiten des Vorgesetzten beendet werden und nicht mehr als 15 oder 20 Minuten dauern. Es sei wenn immer möglich zu vermeiden, dass die gekündigte Person weder physisch noch psychisch «umfalle», so Pia Rebekka Herrli vom Human Competence Center. Im besten Fall könne die neue Situation auch als Chance erkannt werden.

*Die Aufgabe zu Ende führen*

Noch ist aber die Aufgabe nicht beendet. Unmittelbar nach dem Gespräch gilt es, den Rest der Belegschaft zu informieren. Dies sollte mündlich erfolgen, weil so das nächste Ziel am ehesten erreicht wird: Nämlich, dass die Motivation der Verbleibenden keinen Schaden erleidet. Oft genug sorgt eine falsche interne Kommunikation für Verunsicherung und Angst und hat eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung zur Folge.

Dieses Risiko gehen die meisten Unternehmen, die eine Kürzung der Stellen ankündigen, nolens volens ein. Ob Grossbanken, Industrie- oder Dienstleistungsbetriebe: Hunderte von Stellen können nur innerhalb mehrerer Monate abgebaut werden. Eine Zeitspanne, in der bei vielen Mitarbeitenden die Angst um den eigenen Arbeitsplatz wohl mitarbeitet.

Eine adressatengerechte, fair durchgeführte Kündigung bewirkt, dass die entlassene Person und die restlichen Mitarbeitenden sie nicht nur verstehen, sondern gar Bewunderung für die Korrektheit des Vorgesetzten aufbringen. Dieser sollte sich danach vom Psychostress erholen und sich, im schlimmsten Fall, für das nächste Kündigungsgespräch vorbereiten. Dabei kann er auch immer eine ganz einfache Frage zu Hilfe nehmen: Wie hätte er es denn gerne, wenn es ihn treffen sollte?

Weiterführende Literatur

- Laurenz Andrzejewski, Trennungs-Kultur. Luchterhand. 2002. 98 Fr.

- Vera Bloemer, ...und verlässt unser Haus auf eigenen Wunsch. Walhalla Fachverlag. 2002. 26.70 Fr.

- Richard N. Bolles, Durchstarten zum Traumjob. Campus. 2002. 38.70 Fr.

Partner-Inhalte