Stephan Schmidheiny ist vom Schwurgericht Novara in Norditalien zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden wegen schwerer fahrlässiger Tötung von 392 Menschen. Diese waren in Casale Monferrato und Umgebung an Asbest gestorben. Die Verteidigung kündigte Berufung an.

Stephan Schmidheiny wurde im Eternit-bis-Prozess in Novara im erstinstanzlichen Verfahren Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft gefordert, die Verteidigung Freispruch.

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Über 100 Millionen Euro festgesetzt

Für den Schweizer Unternehmer verhängte das Gericht ausserdem ein fünfjähriges Verbot öffentlicher Ämter und setzte eine vorläufige Summe von mehr als 100 Millionen Euro fest, davon allein 50 Millionen Euro für die Gemeinde Casale Monferrato. Die Familie Schmidheiny hatte von 1976 bis 1986 das Eternit-Werk in Casale in der Region Piemont geleitet.

Kritik kam umgehend von Schmidheinys Sprecherin Lisa Meyerhans. Das Gericht in Novara habe «in seinem Urteil die klaren Beweise für die Unschuld von Stephan Schmidheiny nicht in vollem Umfang» gewürdigt, hiess es in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vom Mittwochabend.

«Urteil klar widerrechtlich»

Das Gericht habe einen Vorsatz klar ausgeschlossen, weshalb «zahlreiche der angeblichen Taten» verjährt seien. Allerdings sei das Urteil «klar widerrechtlich», da Stephan Schmidheiny auch kein fahrlässiges Handeln zur Last gelegt werden könne, hiess es weiter von dessen Sprecherin.

Die von Schmidheiny geleitete Gruppe Eternit SEG war von 1973 bis zur Pleite 1986 Grossaktionärin der Eternit Italia S.pA. Stephan Schmidheiny, der 1976 als 28-Jähriger die Führung der Eternit SEG übernahm, ist der jüngere Bruder von Thomas Schmidheiny, des Grossaktionärs des Schweizer Zementherstellers Lafarge-Holcim.

Die Anwälte von Stephan Schmidheiny haben stets argumentiert, dass ihr Mandant keine direkte Verantwortung für die Leitung des Unternehmens getragen habe.

Dass Asbest gefährlich für die Gesundheit ist, war schon länger kein Geheimnis. Bereits in den 1930er Jahren war die Asbestose oder Asbest- Staublunge bekannt geworden. Wer Asbestfasern einatmet, muss zudem Lungenkrebs und Mesotheliom - ein Krebs des Brust- und Bauchfells - fürchten. Dies bewies ein Wissenschaftler Anfang der 1960er Jahre. Seither starben zehntausende Menschen an diesen Krankheiten.

(sda/gku)