Jetzt erst mal ein kühles Bierchen. Der Tag wird zwar noch einiges an Arbeit bringen, aber jetzt erst mal eine Pause in der Abendsonne am Waldrand hoch über Horgen, wo Martin Hellweg zusammen mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin und heutigen Projektpartnerin, Dolly Schwarzenbach, ein landwirtschaftliches Anwesen kaufen konnte. Ein alter, lottriger Bauernhof wartet da auf Renovation, die Partnerin wird hier Hypotherapie (Reitpädagogik) anbieten, Reiten für Behinderte. Freudiges Bellen begrüsst Martin Hellweg, ungestüm springen die beiden Hunde an ihm hoch, wollen ihn einladen zu einer wilden Jagd über die Wiese. Aber eben, Menschen haben manchmal anderes zu tun.

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Martin Hellweg ist der neue CEO der Swissmetal, ein CEO auf Zeit. Sein Job heisst: Schaffen Sie den Turnaround! Finden Sie eine langfristige Lösung für das Unternehmen und realisieren Sie diese! Der spezialisierte Turnaroundmanager ist eine in den USA bereits sehr etablierte Berufsgattung. In den USA ist das Insolvenzrecht mit der Chapter-11-Regelung so gestaltet, dass eine Firma im Gegensatz zum hiesigen Recht noch eine sehr gute Chance hat, wieder auf Kurs zu kommen, während hier zu Lande die Insolvenz nur noch wenig Raum für einen Turnaround lässt. «Aber in einigen Ländern der EU und sicher bald auch in der Schweiz wird es künftig immer mehr so sein», so Martin Hellweg, «dass die Insolvenz nicht mehr so häufig das Ende eines Unternehmens bedeutet und der kommt, sondern dass Insolvenz eine Phase ist, in der man noch einmal erfahrene, spezialisierte Manager über die Bücher gehen lässt, die eine Neuausrichtung, Restrukturierung und eventuell Refinanzierung auf die Beine stellen, das Unternehmen nachhaltig neu aufgleisen und in gesundem Zustand in eine neue Zukunft entlassen.» Martin Hellweg könnte auf Anhieb ein paar Schweizer Unternehmen aufzählen, denen man in der Vergangenheit eine solche Chance hätte geben können, und die dadurch heute wahrscheinlich wieder gesund im Markt operieren würden.

Versprechen halten

Wie so etwas ablaufen kann, hat Martin Hellweg zusammen mit Ueli Roost seinerzeit bei der Keramik Laufen erlebt. Das Unternehmen war wegen seinem Engagement in Südamerika in Schieflage geraten. Das Management vor Ort hatte durch undurchsichtige Geschäfte die gesamte Gruppe in die Krise gestürzt. Roost und Hellweg restrukturierten die Gruppe, besonders das Südamerika-Geschäft. Im Anschluss daran galt es, für Laufen einen neuen Partner zu suchen. Man fand ihn im spanischen Unternehmen Roca. Roca und Laufen gehören heute als Einheit zur Weltspitze. «Als Turnaroundmanager», so Martin Hellweg, «darf man aber nicht nur die alten dürren Äste abschlagen, nicht nur ans Cost-cutting denken, sondern man muss zugleich Projekte auf die Schiene bringen, die nachhaltig wirken. Dann erst hat man seinen Job gemacht.» So brachte Hellweg seinerzeit Laufen mit dem Design-Star Alessi zusammen. Heute produziert Laufen hochpreisige Design-Badprodukte unter der Alessi-Marke für das obere Marktsegment. Mit den dadurch erzielbaren Preisen würde, so Hellwegs Plan, der Schweizer Produktionsstandort gesichert werden, dessen Kostenposition ansonsten auf Dauer nicht wettbewerbsfähig gewesen wäre.

Nach den Erfahrungen bei Laufen haben Martin Hellweg und Ueli Roost nach einer kurzen Zeit, in der sie getrennte Wege gingen, zusammen mit einem Juristen die «Ally Management Group» gegründet. Fortan spezialisierten sie sich auf das Turnaroundmanagement. Heute bildet die Gruppe bereits ein Netzwerk von 15 hochmotivierten, hochtalentierten Leuten, allesamt mit profunder Führungserfahrung. «Man hat damals einige Kritik an Ueli Roost bezüglich seiner Kompensation für den Laufen-Turnaround hören können», erinnert sich Hellweg, «aber die ging aus meiner Sicht an der Sache vorbei. Ich persönlich kenne Roost als jemanden, der ein Unternehmen in Krisensituationen mit fester Hand führen kann, und das ist in diesem Geschäft von entscheidender Bedeutung der die Mitarbeiter konsequent nach ihrer Zielerreichung beurteilt, nicht nach Beziehungen, nicht nach Versprechungen, sondern nur danach, ob sie das halten, was sie versprechen. Roost versetzt Berge. Und wenn dies gelingt, dann darf das auch etwas kosten. Ich habe viel mehr Mühe mit Managern, die nachdem sie enorme Werte vernichtet haben dennoch abkassieren.» Es ist eh ein harter Job, und mit Kritik und Vorwürfen wird man ohnehin eingedeckt, wenn man das Steuer eines Unternehmens im letzten Moment herumreissen muss, denn meistens braucht es schmerzhafte Entscheidungen, Entscheidungen die oft viel zu lange hinausgezögert wurden und nun erst recht schmerzen, wenn das Krisenmanagement zu handeln beginnt.

Berechenbar muss man sein

«In der Schweiz wie auch in Deutschland», so Martin Hellweg, «versucht man, diesen schmerzhaften Moment noch viel zu oft solange wie möglich hinauszuzögern.» Hellweg wirft manchen Verwaltungsräten vor, dass sie oft in unverantwortlicher Weise einen dringend notwendigen Wechsel im Topmanagement verpassen, mit all den sozialen Folgen, die dies später hat. «Man behilft sich mit Beratern, wägt ab, zögert», sagt Hellweg. «Berater machen vielleicht aus einem guten Manager einen besseren, aber sie machen kaum aus einem schlechten Manager einen guten. Ein Manager, der ein Unternehmen retten will, muss aus sich heraus getrieben sein, er muss wollen, dass Dinge umgesetzt werden. Ein Berater kann ihm das nicht abnehmen.» Daher glaubt Martin Hellweg mittelfristig auch in Europa an den Erfolg seiner Dienstleistung: Turnaroundmanagement. «Als verantwortlicher Manager, der erst noch auf Erfolgsbasis angestellt wird, kann man seine ganze Erfahrung einbringen und entscheiden. Nicht raten, sondern entscheiden, das ist ein wesentlicher Unterschied.»

Wie er Swissmetal wieder auf die Erfolgsschiene oder zumindest in einen sicheren Hafen bringen will, darüber schweigt er sich im Moment öffentlich noch aus. «Wir werden kommunizieren, welchen Weg wir einschlagen werden, sobald die Entscheide gefällt sind.» Stete Kommunikation gehört sowieso zu seinem Geschäft. «Gerade in einer Krise liegen die Nerven in den Unternehmen blank, da geht es oft hochemotionell zu und her, die Leute sind schwer zu motivieren, Unsicherheit herrscht überall, und es gibt nur eines: Extrem viel kommunizieren, konsistent und konsequent sein, und dann auch halten, was kommuniziert wurde. Berechenbar muss man sein.»

Es ist «Extremmanagement», was Martin Hellweg da betreibt, und es ist «extrem spannend», wie er sagt, «mit den Leuten durch eine Krise zu gehen und am Ende mit ihnen zusammen den Erfolg zu feiern.» Wenn es denn was zu feiern gibt. «Natürlich», so Hellweg, «gehört auch eine gesunde Härte dazu. Die erste Frage lautet ja immer, wo können wir Kosten sparen. Und das betrifft zumeist kurzfristig auch das Personal. Und dann ist es halt hart, vor 100 Mitarbeitende hinzustehen und zu sagen, Leute, dieses Schiff hat für siebzig Angestellte Platz, sonst gehen wir unter. Wir können nicht alle mitnehmen.»

berufliche vision schon mit 12 jahren

Dass Martin Hellweg eines Tages im Wirtschaftsleben aktiv sein würde, das war ihm schon mit zwölf Jahren klar. Damals hatte er in der Schule einen schwungvollen Handel mit Tonbandkassetten aufgezogen, hatte dann mit einer Schülerzeitung in den publizistischen Bereich diversifiziert und wusste, auch wenn der Vater ihn lieber als Förster gesehen hätte, dass er doch von der Mutter das kaufmännische Talent geerbt hat. Von beiden Eltern lernte er, an sich zu glauben, nichts für unmöglich zu erachten, grosse Ziele zu erreichen und Berge zu versetzen.

«Etwas zu erreichen, was sehr schwierig ist, das finde ich spannend», sagt er, und erzählt, wie er damals, nach der Berufsausbildung, zur Armee eingezogen wurde und sich in den Kopf gesetzt hatte, als Flachländer zu den Gebirgsjägern eingeteilt zu werden. «Ich konnte zwar kaum fünf Kilometer am Stück laufen», erinnert er sich, «aber nach acht Monaten Training schaffte ich einen Marathon.» Sich selber Ziele setzen, Schwächen überwinden, das fasziniert ihn. Es geht ihm nicht um die Karriere. «Ich kann mir vorstellen, in der zweiten Lebenshälfte mit einem Schiff die Welt zu entdecken, oder einen Zoo mit artgerechter Tierhaltung zu gründen und zu führen, oder nach Katmandu zu reisen und die Berge zu erobern.» Hauptsache, der Schwierigkeitsgrad ist hoch genug, damit sich die Sache auch lohnt.



Steckbrief

NAME: Martin Hellweg

GEBOREN: 1967 in Essen, Ruhrgebiet

ZIVILSTAND: unverheiratet/in fester Partnerschaft

WOHNORT: Freienbach SZ

AUSBILDUNG: MBA Rochester NY, USA

FUNKTION: Managing Partner Ally Management Group/CEO Swissmetal

Schlagworte

TURNAROUND

«Ein radikaler Schnitt mit der Vergangenheit, das Erhaltenswerte stärken und eine Managementkultur aufbauen, die das Erhaltenswerte nachhaltig profitabel wachsen lässt.»

SCHWEIZ

«Die Stärken der Schweiz liegen etwa in der hohen Innovationskraft und der noch niedrigen Staatsquote. Gerade an diesen Ästen sägt man aber. So verlieren wir das, was die Schweiz als Standort so attraktiv macht und passen uns schrittweise dem europäischen Durchschnitt an.»

WELTBÜRGER

«Mir sind Menschen aller Herkunft gleich wichtig. Durch unsere protektionistischen Handelsbarrieren in den westlichen Ländern ermöglichen wir aber vielen Menschen das Partizipieren am Wohlstand dieser Welt nicht. Das ist einseitig verstandene Globalisierung.»