Es ist ein boomendes Geschäft. Und es ist ein Geschäft, das immer mehr im Fokus von Politik und Behörden steht: Der Handel mit Pässen. Über 2 Milliarden Franken setzt die Branche weltweit um. Das Erfolgsmodell der Passhändler: Sie beraten Länder mit klammen Kassen beim Verkauf ihrer Staatsbürgerschaft und streichen für jeden vermittelten Pass Provisionen ein. Für die gewieften Mittelsmänner gibt es zudem auch Bares von den schwerreichen Käufern. Denn diese sind bereit, viel auf den Tisch zu legen für einen gekauften Pass, der ihnen erleichterten Zugang zu Binnenmärkten wie der EU und freies Geleit durch den Schengenraum garantieren soll.

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Doch nicht alle Käufer sind Unschuldslämmer. Im März hat Transparency International in einem Bericht auf ein «grosses Korruptionsrisiko für die EU» wegen diesen sogenannten Cash-for-Passport-Programmen hingewiesen. Auch die OECD kritisiert das Geschäftsmodell bereits seit längerem, da ein gekaufter Pass als Instrument zur Steuervermeidung missbraucht werden kann. Jetzt schaut auch die EU-Kommission genauer hin. Justizkommissarin Vera Jourová zeigt sich in der «Financial Times» alarmiert und kündigt einen umfassenden Bericht für Herbst an. Insbesondere das Programm auf Malta stört Brüssel.

Die Insel im Mittelmeer hat laut der zuständigen nationalen Behörde in vier Jahren 700 Pässe verkauft und so 590 Millionen Euro eingenommen. Die Zahl bewege sich gar zwischen 300 Millionen und 2 Milliarden Euro für die ersten zwei Jahre des Programms, schrieb hingegen Christian Kälin 2017 in einem E-Mail an die «Handelszeitung». Der Schweizer muss es wissen, profitiert er doch mit 4 Prozent Kommission auf jeden verkauften maltesischen Pass. Der Zürcher Passhändler ist Präsident von Henley & Partners, der Firma, die im Auftrag der Regierung den roten EU-Pass zum Exportschlager machte.

Pässe gegen Geld in Europa
Quelle: Handelszeitung

Fehlende Transparenz als Risikofaktor

590 Millionen oder 2 Milliarden Euro? Das Zahlenwirrwarr zeigt, was viele Kritiker bemängeln: Den Programmen fehlt es an Transparenz. Und es ist nicht klar, was mit den Einnahmen genau finanziert werden soll und wie die Bevölkerung davon profitieren kann. Immerhin hat die Regierung nun angefangen, die Namen der Passkäufer zu veröffentlichen. Trotzdem wird der Passhandel von der EU als Risikofaktor wahrgenommen.

Man könne den einzelnen Mitgliedstaaten den Verkauf zwar nicht verbieten, doch verlange man rigorose Kontrollen, heisst es in Brüssel. «Kriminelle sollten nicht die gleichen Rechte haben wie Leute, die schon lange hier leben, arbeiten, Steuern zahlen und auf ihren EU-Pass warten müssen», sagt Vera Jourová. Henley & Partners betont, dass man bei der Überprüfung der Passkäufer die höchsten Due-Diligence-Standards der Branche anwende.

Karibische Verhältnisse in Europa

Unterdessen expandiert Christian Kälin mit Henley & Partners. Mit Moldawien sei man im Gespräch und bereits ab Oktober steht auch im Kleinstaat Montenegro die Staatsbürgerschaft zum Verkauf. Den Pass der Balkanrepublik gibt es dann bereits ab 350'000 Euro. Das heisst noch mehr Konkurrenz für die restlichen europäischen Anbieter, wie beispielsweise Zypern und Malta (siehe Box). Und eine Tendenz hin zu Dumpingpreisen und Zuständen wie in der Karibik. Dort wetteifern mehrere Inselstaaten darum, das billigste Angebot im Markt offerieren zu können. Und verhökern so ihre Staatsbürgerschaften für 100'000 US-Dollar (Antigua & Barbuda). Was auch zwielichtige Käufer anziehen dürfte. Beim EU-Beitrittskandidaten Montenegro wird Brüssel auf jeden Fall genau hinschauen: «In vielen Bereichen ist Korruption vorherrschend und sie bleibt ein Grund zur Sorge», steht im neusten EU-Länderbericht zum Zwergstaat an der Adria.