Für die neuen EU-Mitgliedstaaten gelten ab 1. Mai ausnahmslos die Präferenzansätze der EG. Die von der Schweiz im Rahmen der bilateralen Landwirtschaftsabkommen für Agrarprodukte gewährten Konzessionen fallen weg. Es finden die im bilateralen Landwirtschaftsabkommen mit der EG vereinbarten Ansätze Anwendung.»

Was das Zirkular D 3, 30 der Sektion Ursprung der Oberzolldirektion mit sperrigem Amtsdeutsch verklausuliert, heisst in Franken und Rappen klipp und klar: Für die Einfuhr von 100 kg gefrorener Enten aus Ungarn sind ab sofort 30 Fr. an Zoll zu entrichten. Bis anhin waren es nur 15 Fr. Der Importzoll von 100 kg Kaninchen, ebenfalls aus Ungarn, beträgt jetzt 26 statt 11 Fr. Der Tarif für frische Cornichons steigt von bisher 3.50 auf 8.50 Fr. pro 100 kg. Und für polnischen Wodka, der bis zum 30. April 2004 zollfrei in die Schweiz eingeführt werden konnte, müssen die Importeure ab 1. Mai Zollgebühren in der Höhe von 70 Fr. pro 100 kg hinblättern, was die Flasche um rund 1 Fr. verteuern dürfte.

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Mit dem Beitritt zur EU gewinnen Polen, Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Lettland, Estland und Litauen zwar den freien Zugang zum grossen europäischen Markt. Aber gleichzeitig verlieren sie auch einige Vorteile, die ihnen einzelne Staaten mit bilateralen Freihandelsabkommen eingeräumt haben. «Solche Abkommen waren quasi eine Art Entwicklungshilfe für die Agrarwirtschaft in den Ländern Mittel- und Osteuropas», sagt Beat Hodler, Geschäftsführer im Branchenverband der schweizerischen Nahrungsmittelindustrien (Fial). Das funktionierte laut Hodler tatsächlich: «Himbeeren oder Heidelbeeren wurden in diesen Ländern eingekauft, weil sie dort dank der Abkommen günstiger waren als etwa im EU-Land Österreich.»

Zollvergünstigungen, die weit unter dem für die EU geltenden Tarif lagen, gab es bis zum 1. Mai für ganz spezifische Produkte, so unter anderem für Geflügel, Kaninchen, Futtergetreide, Gemüse, Beeren, Pilze und Alkohol. Weil das heimische Angebot in der Schweiz die Nachfrage bei weitem nicht zu decken vermochte, brauchte es auch nicht mit hohen Zöllen geschützt zu werden.

Mit Zypern und Malta hatte die Schweiz zwar ebenfalls über ähnliche Freihandelsabkommen verhandelt. Sie kamen jedoch nicht zu Stande, weil für diese beiden Länder nach Auskunft eines Beteiligten der EU-Beitritt eine viel höhere Priorität hatte als ein Vertrag mit der Schweiz.

Mehrkosten für Importeure von 3 Millionen Franken

Das von der Kündigung der Abkommen betroffene Handelsvolumen beträgt nach Schätzung der Oberzolldirektion rund 70 Mio Fr. Für die Importeure fallen Mehrkosten in der Höhe von rund 3 Mio Fr. jährlich an, was sowohl in der betroffenen Branche als auch in den betroffenen Ländern für einige Aufregung gesorgt hat.

In der Nahrungsmittelindustrie befürchtet man, dass sich die Produktion verteuert. Genau quantifizieren kann dies derzeit noch keines der von der «HandelsZeitung» angefragten Unternehmen. Doch sucht man bereits überall nach Möglichkeiten, um dem sich abzeichnenden Problem auszuweichen. Doch Aurelio Wettstein von der Bischofszell Nahrungsmittel AG will vorerst in Verhandlungen abklären, welche Preise sich unter dem neuen Regime erzielen lassen. Denkbar sei ja auch, dass eine Veränderung der Losgrössen schon etwas bringe.

Beat Hodler vom Branchenverband will die Angelegenheit nicht dramatisieren, zumal viele Unternehmen beim Einkauf von Rohstoffen weiter von der Zollvergünstigung profitieren, welche die Schweiz selber heute schon für Produkte gewährt, die keine eigenen Produkte konkurrenzieren. Nach Meinung Hodlers sollte der Bund die Zölle auf importierten Rohstoffen zur Weiterverarbeitung vergünstigen, «damit die Schweizer mit gleich langen Spiessen auf dem Markt operieren können wie die Importeure von Fertigprodukten».

Zölle: Vergünstigungen

Die Freihandelsabkommen mit den acht neuen EU-Staaten in Mittel- und Osteuropa brachten Zollvergünstigungen in der Höhe von durchschnittlich 2,8 Mio Fr. pro Jahr. Die wichtigsten Vergünstigungen betragen:

Gemüse 0.9 Mio Fr.

Geflügel 0.6 Mio Fr.

Futtergetreide 0.3 Mio Fr.

Alkohol 0.3 Mio Fr.

Früchte 0.3 Mio Fr.

Kaninchenfleisch 0.2 Mio Fr.