Sind der Hohgant und die Schrattenflue hoch oder niedrig, ist das Emmental weit oder doch eher eng? Das kommt auf den Blickwinkel an. Für Eva Jaisli, Unternehmerin mit Produktionsgebäuden in Wasen und in Sumiswald, führen alle Wege vom Napf in die weite Welt hinaus. Sie sieht keine Grenzen. «Ich nutze jede Chance, die sich mir bietet. Für die Firma, nicht für mich.»



Sich selber stellt sie laufend Fragen wie: «Habe ich das jetzt gut gemacht? Wie kann ich mich verbessern?» Auch den Menschen rundherum schaut sie sehr genau auf die Finger. Auslandkontakte findet Eva Jaisli am spannendsten. Am japanischen Markt interessiert die Unternehmerin ihr persönlicher Gewinn an interkultureller Kompetenz. «Von unseren japanischen Partnern erfahre ich vieles über Konzept- und Strategiearbeit. Jeder Prozess- und Produktionsschritt wird hinterfragt. Zudem kennen unsere Partner den Weltmarkt viel besser als wir. Die Begegnung mit ihnen ist deshalb ein immenses Lernfeld.»

Im Austausch mit Japan sei ihr das Potenzial ihrer Firma bewusst geworden: «Wir müssen lernen zu verstehen, was man von uns erwartet. Wir stellen nicht Werkzeuge her, sondern bieten Lösungen an.» Die Existenz von PB Swiss Tools sei so lange gesichert, «wie wir die Probleme unserer Partner lösen können».

Da ist er wieder, der Begriff Partner. Nicht Kunde. Eva Jaisli spricht typischerweise von Beziehung und Kultur, wenn sie die Besuche ausländischer Gäste erwähnt. Sowohl sie wie ihr Ehemann Max Baumann kombinieren die Betriebsführung gern mit einem Pferdekutschenausflug zur Emmentaler Schaukäserei, einer Velofahrt der Emme entlang nach Ramsei oder mit einem Theaterabend auf der Moosegg. «Mit solchen Erlebnissen gesättigt, verbinden unsere Partner die Postkarten-Schweiz automatisch mit unseren hochwertigen Werkzeugen.»

Tatsächlich muss hier, mehr als 90 km von Bern entfernt, die Swissness nicht an den Haaren herbeigezogen werden. Sie findet vor den Fabrikfenstern statt: Die prächtigen Kühe auf den satten Matten werden frühmorgens, bevor die Nebel sich lichten, von denselben Händen gemolken, die später die Maschinen bedienen, welche den Stahl bearbeiten für den Schaubenzieher mit dem legendären roten Griff. Die Stanzmaschinen pulsieren unweit der Melkmaschinen. 40% der PB-Belegschaft bewirtschaften einen eigenen Bauernbetrieb.

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Jedes Jahr ein neues Produkt



Kaum ein Land hat höhere Produktionskosten als die Schweiz: Wie trimmt die Inhaberin ihr Unternehmen? «Wir haben wettbewerbsfähige Preise», stellt Eva Jaisli auf einem Rundgang durch die Produktionshallen klar. «Wir sind nicht überall besser, aber wir haben unsere klaren Stärken. Zum Beispiel unsere Innovationskraft: Wir erfinden jedes Jahr ein neues Produkt.» Sagts und zeigt auf eine der Maschinen, die ihre hauseigenen Konstrukteure gebaut haben.

Zudem sei man weltweit das einzige Unternehmen im Bereich Werkzeugherstellung, das jeden Arbeitsschritt im Ursprungsland vollziehe: «Wir entwickeln, produzieren und verpacken unsere Produkte selber.»

«Der klare USP ist natürlich die Güte der Werkzeuge», ruft Jaisli im Lärm der Maschinen und erwähnt die zeitlich unlimitierte Qualitätsgarantie. Und die Konkurrenz? Man sei froh um starke Mitbewerber, «denn das spornt uns ungemein an». Die meisten Konkurrenten hätten ein weniger breites Sortiment oder ein tieferes Qualitätsniveau.

Zwei Drittel der jährlich 8 Mio PB-Swiss-Tools-Werkzeuge gehen in ausländische Hände. Wie gelingt es den Emmentalern, ihre Nischenprodukte in 35 Länder der EU und Asiens zu exportieren und laufend neue Märkte zu erschliessen? «Für einen Alleingang sind unsere Marketingbudgets zu klein und unsere Kenntnisse zu bescheiden. Mit unseren Partnern erschliessen wir neue Märkte. Zurzeit diskutieren wir den Aufbau neuer Vertriebskanäle in Osteuropa, Russland und China. Dabei profitieren wir auch von guten Beziehungen zu Siemens und Toyota. Auf unsere rasche Ausweitung sind wir stolz.»

Stolz. Dieses Wort benutzt Eva Jaisli nur in Bezug auf ihre Firma; nie würde sie es auf sich anwenden. Dazu ist sie zu sachlich und zu zielorientiert. Ihre Emotionen gelten PB Swiss Tools – die bis letztes Jahr noch PB Baumann geheissen hat – und ihre Genauigkeit auch: Sie greift in der Werkstatt schon mal selber zur Lehre, um das Mass eines Werkzeugteils zu kontrollieren.

Es gibt kaum ein Thema, zu dem die Unternehmerin und Mutter nicht befragt wird. Eva Jaisli ist derzeit unter den KMU-Managerinnen die Vorzeigefrau schlechthin. Doch diese Ballung an Präsenz in der Öffentlichkeit wischt sie locker vom Tisch. «Das ist Zufall und wird so plötzlich wieder aufhören, wie es begonnen hat», ist sie überzeugt. Allerdings sei sie schlau genug, diese kostenlose Präsenz gewinnbringend zu nutzen: «Sie dient der sauberen Kommunikation unseres neuen Namens PB Swiss Tools. Schliesslich ist unsere Existenz davon abhängig, dass man uns kennt.»

Wie kommt es, dass die ursprüngliche Lehrerin ein derart ausgeprägtes Talent hat für Kommunikation und Marketing? Die Wurzeln ihrer Fähigkeiten liegen im Holzgewerbe ihrer Eltern. Mutter Jaisli managte das Personal sowie die Finanzen einer Holzhandlung im Oberaargau, und Vater Jaisli entwickelte eine neue Methode, Wände zu täfern: Die speziell geschnittenen Holzplatten fügte er dergestalt aneinander, dass sie einerseits die Geschichte des Baumes erzählten und andererseits ein Gesamtbild ergaben.

Tochter Eva Jaisli hat dieses Muster verinnerlicht: Die Einzelteile zu einem Ganzen zusammenzusetzen und bei allen Prozessschritten das Endergebnis im Auge zu behalten. Sie sagt denn auch oft: «Ich sehe die Lösung vor mir.» Komplexe Aufgaben zu lösen sei ihre Stärke, findet sie. «Ich kann mich geradezu festbeissen. Dann muss ich eine Runde joggen oder Velo fahren oder eine Nacht darüber schlafen, um die Lösung zu finden.»

Überzeit-Spielräume ausloten



Eine grosse Hilfe ist ihr Team. Dank Eva Jaislis Eifer und ihrer Fähigkeit, die Betriebskommission zu motivieren, arbeiten die 150 Angestellten von PB Swiss Tools oft überdurchschnittlich viel. Seit Anfang 2007 zum Beispiel sechs Tage die Woche, und dies im Schichtbetrieb. «Wir loten die Spielräume der Überzeit aus», gibt Jaisli zu, betont aber zugleich, die Belegschaft profitiere von der Jahresarbeitszeit während der Saat-, Heu- und Erntemonate. «Wir sind uns unserer gegenseitigen Abhängigkeit bewusst.»

Diese Verbindung widerspiegelt sich nicht etwa in Nähe, sondern in Distanz: Obwohl seit zehn Jahren an Bord, ist Eva Jaisli mit niemandem in der Firma per du. Sie pflegt strenge Formen und klare Strukturen. Beides fördere Innovationen, ist sie überzeugt.

Eva Jaisli muss ständig an die Limite gehen, denn sie und ihr Gatte Max Baumann haben sich stark verschuldet, als sie vor acht Jahren die in vierter Generation geführte Firma übernahmen. Weitere Herausforderungen stehen an: «Wir installieren laufend neue Maschinen, denn wir wollen weitere Prozesse automatisieren. Aber ich habe Spass an der Arbeit sowie an der Familie und handle einfach. Es ist meine Pflicht, ich kann gar nicht anders. Privilegiert fühle ich mich nicht.» Der Höhepunkt in ihrem Leben? «Als junge Frau mit dem Rucksack durch Ladakh zu trampen.» Sagts und schaut gedankenverloren zum Fenster hinaus in die Weite des Emmentals.

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ZUR PERSON



Steckbrief



Name: Eva Jaisli

Funktion: CEO PB Swiss Tools

Alter: 48

Wohnort: Burgdorf

Familie: Lebt mit Ehemann Max Baumann und vier Kindern aus zwei Ehen

Karriere:



- 1985–1988 Projektleiterin Wirtschaftsamt Stadt Bern

- 1989–1992 Stv. Sektorleiterin HEKS

- 1992–1997 Dozentin/Mitglied Schulleitung Berner Fachhochschulen

- Seit 1997 PB Swiss Tools



Führungsprinzipien

1. Voraussetzungen schaffen für Bestleistung und Erfolg.

2. Auf Kundenbedürfnisse und Marktbedarf mit innovativen

Lösungen antworten.

3. Konsequente und hartnäckige Zielorientierung.



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Firma



PB Swiss Tools

Die ehemalige PB Baumann steht seit 1878 für Schweizer Präzision und fabriziert aus hochwertigem Spezialstahl jährlich 8 Mio Handwerkzeuge für Abnehmer in 35 Ländern. 150 Personen generieren einen Umsatz von über 25 Mio Fr. Inhaber sind Eva Jaisli und Max Baumann.