Grundsätzlich ist die Krankenkasse in der Schweiz Privatsache. Das gilt oft auch im Falle eines geschäftlichen Auslandaufenthaltes. Arbeitnehmer sind für ihre Versicherung selber verantwortlich. Das führt dazu, dass sie oft schlecht oder gar unterversichert ins Ausland reisen. Würden Arbeitgeber vermehrt Verantwortung übernehmen, könnten sie nicht nur ihren Expats das Leben leichter machen, sondern auch sich selber. Denn: Die Schweizer Krankenkassen bieten zwar Zusatzversicherungen an, welche weit gehend die gleichen Leistungen wie in der Schweiz garantieren, doch decken diese Zusatzversicherungen vieles nicht ab.
Auf umfassende Lösungen haben sich internationale Versicherer spezialisiert. Mit diesen Versicherern arbeiten vor allem Grossunternehmen zusammen, obwohl auch KMU davon profitieren könnten. Anders ausgedrückt: Grosse Unternehmen sehen Expats viel eher bereits als Investition, die es mit einer geeigneten internationalen Krankenversicherung zu schützen gilt.
Betrachtet man nun die Zusatzversicherungen der Schweizer Krankenkassen und die Angebote der internationalen Anbieter, stösst man auf ein Problem. Sie lassen sich nicht vergleichen. Schweizer Krankenkassen bieten zwar Zusatzversicherungen, die meistens die gleichen Leistungen wie in der Schweiz versprechen. Vergleicht man genau diese typischen Versicherungsleistungen mit denjenigen eines internationalen Versicherers, entdeckt man kaum Unterschiede, vergisst dabei aber die entscheidenden, investitionssichernden Zusatzleistungen, die nur im Ausland benötigt werden: Betreuung der Familie, Information der Arbeitgeber, Dokumentation der medizinischen Versorgung vor Ort mit Empfehlungen, Rabattvereinbarungen mit Spitälern, proaktive Planung im Falle von terroristischen Anschlägen oder bei Naturkatastrophen. Diese und viele weitere Leistungen sind bei herkömmlichen Zusatzversicherungen nicht eingeschlossen. Mit den Zusatzversicherungen ist die Investition Expat somit noch nicht gesichert. Das tun nur die internationalen Anbieter.
Unterschätzter Aufwand
Das Drei-Phasen-Modell hilft beim Verständnis: Information, Beratung, aktive Unterstützung. Expats brauchen von Anfang an Informationen über ihren neuen Wohnort. Sie müssen wissen, zu welchem Arzt sie gehen können, wo die guten Spitäler sind, wer ihnen im Notfall helfen kann und wo eventuelle Gefahren liegen. Treten erste Probleme auf, brauchen sie mindestens Beratung: Sie erhalten auf Anfrage Informationen, Arbeitgeber und Familie bleiben auf dem Laufenden und werden so weit wie möglich entlastet. Im Notfall bekommen sie aktive Unterstützung: Es steht ihnen ein Begleiter bei, der die lokale Sprache spricht und der die Formalitäten im Spital regelt, der die diplomatische Vertretung wenn nötig informiert. Der Begleiter kann Evakuationen und Überflugsrechte im Krisenfall organisieren oder Kostengutsprachen (meistens sogar innerhalb von Rabattverträgen) automatisch erteilen lassen.
Das alles sind zeitraubende Aufgaben, die bei normalen Zusatzversicherungen der Schweizer Anbieter entweder gar nicht oder nur sehr beschränkt übernommen werden. Diese und viele weitere organisatorische Aufgaben kommen zum Krankheits- oder Unglücksfall hinzu und erschweren den Aufenthalt massgebend. Sie können schliesslich entscheidend sein, ob sich der Expat und seine Familie wohlfühlen und sich so die Investition Expat bezahlt macht.
Richtig ist günstiger
Für Arbeitgeber steht der Investitionsschutz im Vordergrund. Wie oben ausgeführt, ist die Krankenversicherung aber Privatsache. Damit Arbeitgeber trotzdem die Verantwortung übernehmen, muss auch die Kostenfrage geklärt werden. Generell kann dazu gesagt werden: Eine herkömmliche Privatversicherung mit einer Zusatzversicherung ist oft teurer als die Expat-Versicherung eines internationalen Anbieters. Daraus ergibt sich ein enormes Sparpotenzial, das vor allem KMU noch viel zu wenig ausnutzen. Und wer es mit einer Allgemeinversicherung im Ausland probiert, wird es im Schadenfall vor allem in den Hochpreisländern USA oder Singapur bereuen. Somit ist auch aus Kostensicht der internationale Anbieter zu empfehlen. Im Idealfall bezahlt der Arbeitgeber die Kosten für die Expat-Versicherung, weil er sich damit gegen drohende organisatorische Aufwände versichert, die der internationale Anbieter weitgehend übernimmt.
Das bedeutet auch: Die Krankenversicherung für den Auslandaufenthalt wird zum Fringe Benefit für den Arbeitnehmer und somit zum Wettbewerbsvorteil für den Arbeitgeber im War for Talents, dem Kampf um die besten Mitarbeitenden. Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang: Der Auslandaufenthalt dauert nicht ewig. Auch die Rückkehr ist mit den internationalen Anbietern gesichert. Einige haben Kooperationen mit Schweizer Krankenversicherungen, welche die Arbeitnehmer wieder aufnehmen. Das zeigt auch, dass sich einige Schweizer Krankenversicherungen bewusst geworden sind, dass sie das internationale Angebot nur mit internationalen Partnern und nicht mit Zusatzversicherungen abdecken können.
Kai Mehnert, lic. oec. HSG, Geschäftsleiter CIGNA Schweiz, Zürich.
Formular E 111: Das wichtige Papier im Ausland
Wer zahlt bei einem Unfall oder bei Krankheit im Ausland? In 18 EU- und Efta-Staaten haben Versicherte aus der Schweiz Anspruch auf die im betreffenden Land gewährten Leistungen. Bezahlt werden diese Leistungen von den Schweizer Krankenkassen. Grundlage für die Abwicklung mit der Versicherung ist das Formular E 111. Es gilt für Auslandaufenthalte von bis zu drei Monaten. Das Formular haben einzelne Versicherte von ihren Kassen zugeschickt bekommen. Andere Versicherungen geben es auf Verlangen ab. Ab 2006 soll es durch eine Karte im Kreditkartenformat abgelöst werden. Bis dahin gilt aber: Ins Ausland E 111 mitnehmen. (res)