Das 1996 gegründete Softwarehaus Fantastic steht symbolisch für die Exzesse der Internetblase. Die beiden Gründer, Frank Ewald und Lars Tvede, wollten zusammen mit dem später hinzugestossenen CEO Peter Ohnemus die eigene Software zum Weltstandard bei Breitbandübermittlung über Datennetze machen. Drei Jahre nach dem Start ging das Unternehmen an die Börse. Die Aktie erreichte im Februar 2000 das Allzeithöchst bei 55 Euro, die Marktkapitalisierung lag damals bei 10 Mrd Fr.

Liquidation war nicht möglich

Der Wendepunkt kam kurz darauf, und der Abstieg verlief rasch. Ende 2000 wurden nur 17 statt der versprochenen 50 Mio Dollar Umsatz erreicht. Der versprochene Turnaround wurde nie geschafft, und seit Sommer 2003 ist die Firma praktisch ohne Mitarbeiter inaktiv. Eine geordnete Liquidation von Fantastic konnte nicht vorgenommen werden, weil sich Investoren nicht auf die Verwendung verbliebener Aktiva einigen konnten. Die Jahresrechnung 2003 wurde nie genehmigt, weil keine ordentliche GV zustande kam. Die Revisionsstelle von 2003, PricewaterhouseCoopers, wollte sich dazu auf Anfrage der «HandelsZeitung» nicht äussern, man habe das Mandat seit 2004 nicht mehr.

Jetzt kommt aber Bewegung in Fantastic. Der gegenwärtige Verwaltungsrat - einziges Mitglied ist Pete Hirsch - möchte an der kommenden Generalversammlung vom 16. August auf der Basis der bestehenden flüssigen Mittel, der Börsenkotierung in Frankfurt und neuer Technologie die operative Tätigkeit wieder aufnehmen. Fantastic soll im Zuge eines «Reverse Takeovers» das deutsche Unternehmen Fenkart Informatik und Telekommunikations KG übernehmen, Peter Fenkart soll Technologiechef werden. Sein Unternehmen hat eine Software entwickelt, mit der Fernsehzuschauer bestimmte Online-Anwendungen direkt auf ihren Geräten parallel zum laufenden Programm benutzen können.

Laut Peter Fenkart, dem künftigen Cheftechnologen von Fantastic, stecken drei Jahre Entwicklungsarbeit und 1,4 Mio Euro privat investierte Entwicklungskosten in der Lösung. Im Gegensatz zur Datenübermittlung per Internet und mit einem PC würden hier die Daten (Fernsehen, Spiele, Internetcontent) zentral aufbereitet. Auch Haushalte ohne Internetanschluss könnten damit erreicht werden. Vorzeigbare verkaufbare Produkte und Kunden hat Fenkart noch nicht gewonnen. Mit einem mittelgrossen deutschen Kabelnetzvermarkter besteht eine Absichtserklärung, die Funktionsweise im grösseren Feldversuch zu demonstrieren. Für den Feldversuch rechnet Fenkart mit Auslagen von 500 000 Euro, bis zu einem Rollout seien 1,5 Mio Euro erforderlich. Mit Peter-Paul Abt konnte ein ehemaliger deutscher IBM-Manager gewonnen werden.

*Fragezeichen zur Technologie*

Die Generalversammlung steht indes erst noch bevor. Grossaktionär Global Derivative Trading (GDT), der 22% des Fantastic-Aktienkapitals hält, verfolgt offenbar andere, bisher unklare Pläne. GDT möchte jedenfalls den Verwaltungsrat anders zusammensetzen und um drei weitere Vertreter ergänzen.

Bei Fantastic ist die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt. Nach einem Kapitalschnitt von 3,8 Mio Fr. auf 1,28 Mio Fr. soll eine Kapitalerhöhung in zwei Schritten auf 5,118 Mio Fr. erfolgen.

Ob der Neustart jetzt gelingt, ist fraglich. Denn die Technologie ist weder neu noch exklusiv, in den USA haben Kabelnetze seit Jahren ähnliche Angebote für Home Shopping, und in Europa können Gäste in vielen gehobenen Business-Hotels per Fernseher surfen. Bei den Kabelnetzanbietern und den Hotels hat sich gezeigt, dass Internet via TV nur bei einfachen Anwendungen wie Spielen, Wetten und Shopping funktioniert. Zudem muss das auch für die Netzbetreiber attraktiv sein. Schliesslich kommen auch die Endnutzer nicht um zusätzliche Infrastruktur wie Settop-Boxen und Tastaturen herum. Bis heute ist der Erfolg dieser Internetzugänge via TV bei Kabelnetzbetreibern und Hotelbesitzern bescheiden.

Der Kurs der Fantastic-Aktie hat sich seit Mai, als erstmals das Interesse von neuen Investoren publik wurde, verdreifacht. Für die mehreren 1000 Kleinanleger ist das nur ein schwacher Trost - viele sitzen auf hohen Buchverlusten, und ob die Neuausrichtung diese Verluste verringert, ist ungewiss. Ein Verkauf über die Börse kostet minimal 100 Fr. Eine Liquidation Ende 2004 hätte 2 Rp. pro Aktie eingebracht.

Partner-Inhalte