Die Geschichte riecht nach industriellem Pionierzeitalter: Ein junger Ingenieur eines grossen Maschinenbauers tüftelt an der Verbesserung eines Produktes herum. Weil der Chef ihn nicht ernst nimmt, macht er sich selbstständig. Ein Mäzen finanziert die notwendigen Basisinvestitionen. Zehn Jahre später gibt der Jungunternehmer das Startkapital zurück, beschäftigt zehn Mitarbeitende und hat Produkte auf den Markt gebracht, die als technische Meilensteine in die Branchengeschichte eingehen.

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Zugetragen hat sich die Geschichte ab Mitte der 1990er Jahre in der krisengeschüttelten Industriestadt Winterthur. Der Ingenieur heisst Alain Georg. Sein skeptischer Arbeitgeber: Sulzer Chemtech. Und Mäzen war Immobilienunternehmer Robert Heuberger. Seine Stiftung sprach 1995 drei Jungunternehmen je 100000 Fr. zu. Überlebt hat nur Fluitec. Das Wie und Warum dürfte einen Abschnitt in jeder Jungunternehmer-Bibel hergeben.

Hartnäckig weiter geforscht

Georg nennt Bescheidenheit als Rezept für den erfolgreichen Start. Er münzt sie zwar auf die Fixkosten, die ein Start-up stets im Griff haben müsse. Eigentlich skizziert Bescheidenheit aber auch einen Teil seines Charakters: «Mein erster Mischer war kein Hot Shot.» Im Nachhinein könne er verstehen, dass sein damaliger Arbeitgeber ihn nicht gefördert habe.

Doch Georg untertreibt: Sein später entwickeltes Mischelement mit spezieller X-Geometrie bot die Basis für den kürzlich lancierten Wärmetauscher (CSE-XR), der es ermöglicht, verfahrenstechnische Prozesse zu kombinieren. Er kommt in der Chemie-, Lebensmittel- oder Kunststoffherstellung zum Einsatz, wo immer noch aufwendige Kühl- und Wärmesysteme, Kneter und Extruder mit riesigen Motoren und Getrieben am Werk sind. Seine kundenspezifische Herstellung kostet sechs-, statt siebenstellige Beträge, braucht weniger Platz und bietet aufgrund der statischen, statt knetenden Mischweise mehr Sicherheit; insbesondere bei explosiven Mischungen.

Wissenstransfer mit ZHW

«Mixing and reaction solutions» lautet heute die Devise der Fluitec: Der CSE-XR mischt und macht entsprechende Reaktionen in Bezug auf thermische Homogenität kontrollierbar. «Damit am Ende auch das vom Kunden Gewünschte herauskommt etwa ein gleichmässiger Schokoladenüberzug, ein ausgewogenes pharmazeutisches Produkt oder Sprengstoff», sagt Georg. Also doch ein «Hot Shot», der unter anderem dank der Hartnäckigkeit geboren wurde, mit welcher der Firmengründer während Jahren weitertüftelte.

Doch Hartnäckigkeit allein genügte nicht: Während Georg seine Fluitec anfänglich mit einfach herstellbaren Mischern, unter anderem für die Klebstoffindustrie, über Wasser hielt, erkannte er, dass eine maximale Wertschöpfung eher in technisch anspruchsvolleren Chemielabors zu erzielen ist. Weil dies aber auch das Know-how eines Chemikers erfordert, musste Georg seinen Bekannten, den Biotechnologen und Chemiker Martin Däscher, zu Hilfe holen.

Diese Know-how-Mischung lockte Kunden in die Werkstatt, deren Probleme sich mit Fluitecs bescheidenem Maschinenpark aber nicht mehr lösen liessen. Däscher wandte sich an die Zürcher Hochschule Winterthur (ZHW), um auf deren Ausbildungslabors zurückgreifen zu können. Die ZHW stieg sofort ein. Einzelne Projekte wurden sogar von der eidgenössischen Kommission für technische Innovationen (KTI) mitfinanziert. Herausgekommen ist beispielsweise der «Fluitec-Small-Bubles-Reactor», der bei der Begasung von Flüssigkeiten eingesetzt wird.

Seit 2001 schwarze Zahlen

Heute landen teilweise auch aus den USA komplexe Problemstellungen bei Fluitec. In den ZHW-Labors wird die Lösung mit aufwendigen Verfahren berechnet. Danach kommt sie in der 2001 neu bezogenen Werkstatt in Neftenbach zur Fertigung. «Die ZHW forscht mit Kundengeldern aus der Privatwirtschaft. Wir müssen nicht in einen teuren, schlecht ausgelasteten Apparatepark investieren», umschreiben Georg und Däscher den Wissenstransfer, wie er dem Lehrbuch entnommen sein könnte. Regelmässig setzen auch ZHW-Diplomanden ihre Abschlussarbeiten bei Fluitec um.

Insgesamt ist Fluitec jährlich mit 50-%-Schritten auf «mehrere Mio Fr. Jahresumsatz» gewachsen. Nachdem Georg sich 2001 von seinem ehemaligen Teilhaber getrennt und sich einen fünfköpfigen Verwaltungsrat zugelegt hat, wirft die Mischung von Chemie und Maschinenbau auch Gewinn ab.