Bei erfolgreichen Startups drängt eine Frage oft bereits in einem frühen Stadium in die Köpfe der Gründer und Firmenleiter: Sollen wir über die Landesgrenzen hinaus expandieren? Mehr als zehnmal so viele Einwohner, die gleiche Sprache, ähnliche Kultur und Mentalität: Kein anderes Land als Deutschland bietet Schweizer Startups so viele Vorteile, wenn sie den Schritt in den EU-Markt wagen. Aber auf dem Weg dorthin lauern einige Fallstricke.

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Inzwischen häufen sich Veranstaltungen von Wirtschaftsförderern, deutschen Ansiedlungsspezialisten und Investoren zu diesem Thema, so wie kürzlich in München, wo sich rund 20 Vertreter von Schweizer Startups im bayrischen Wirtschaftsministerium über den deutschen Markt als Tor zum EU-Markt informieren liessen. Der Anlass war vom St. Galler Institut für Jungunternehmen zusammen mit dem Schweizer Generalkonsulat organisiert worden. Alle wollen die Expansion. Aber alle reden auch von den Hürden, die es zu meistern gibt. Hier sind die fünf wichtigsten:

1. EU-konformer Webauftritt

Die Rechtskulturen sind in den beiden Ländern sehr unterschiedlich. «Das deutsche Recht kennt Normen, die uns teilweise absurd anmuten», sagt Reto Finger. Der in Augsburg tätige Schweizer Rechtsanwalt erwähnt besonders das Abmahnverfahren – eine in Deutschland oft verwendete Forderung von Mitbewerbern an einen Konkurrenten, eine Handlung zu unterlassen, die den lauteren Wettbewerb gefährde. «Wer einen Brief mit einer Abmahnung erhält, soll zwar gelassen bleiben, er muss das Schreiben aber unbedingt ernst nehmen», betont der Jurist.

Doch man kann sich wappnen. Dazu gehört in einem ersten Schritt, die Firmen-Website EU-rechtskonform zu gestalten, sobald man sich nach Deutschland ausrichtet. «Abmahnungen lassen sich auch vermeiden, indem man seine Marke für Deutschland schützt», sagt der Münchner Markenrechtler Jürgen Schneider.

2. Verbraucherschutz beachten

Ein weiteres Feld mit juristischen Fallgruben ist der deutsche Verbraucherschutz. Dieser ist stärker ausgebaut als das Schweizer Konsumentenschutzgesetz. «Der Gerichtsstand ist am Wohnsitz des Verbrauchers und nicht am Firmenstandort», so Reto Finger. Das kann dem Schweizer Unternehmen bei einer Klage eine weite Reise an den Verhandlungsort bescheren. Sowohl Finger wie Schneider bereiten Schweizer Unternehmen auf den Markteintritt in Deutschland vor.

3. Starrer Kündigungsschutz

Auf den «manchmal ausufernden deutschen Juristenstaat» weist auch Stefan Huber hin. Er ist Geschäftsführer der Werbeagentur How2, gründete vor neun Jahren in München ein Startup und weist auf den im Vergleich zur Schweiz starren Kündigungsschutz hin: «Es ist sehr schwierig, einem Festangestellten wieder zu kündigen.» Halbjährige Probezeiten und befristete Arbeitsverträge helfen ihm als Arbeitgeber, im Personalbereich ein Stück weit flexibel zu bleiben. Huber rät Schweizer Jungunternehmern, geschäftlich nicht zu viel auf einmal zu wollen.

4. Handfestes statt Visionen

Doch es gibt nicht nur rechtliche Hürden, sondern auch geschäftliche: «Wer im süddeutschen Markt erfolgreich sein will, muss Handfestes bieten, besonders als Technologie-Startup», sagt etwa Carsten Rudolph, Geschäftsführer der Initiative Baystartup, die Investoren vermittelt. München als Deutschlands stärkster Wirtschaftsstandort sei businessorientiert, «B2B», also Business-to-Business. Mit «Business to Consumer»-Geschäftsmodellen komme man im bodenständigen deutschen Süden weniger weit als etwa im neuen Startup-Mekka Berlin.

5. Keine Alleingänge

Wie Stefan Huber empfiehlt auch Britta Thiele-Klapproth, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: «Sonst droht man sich im grossen Mark zu verlieren.» Ein Jungunternehmen soll nicht auf eigene Faust loslegen, sondern Hilfe in Anspruch nehmen, sagt die Ansprechpartnerin vom Münchner Swiss Business Hub, der dem Konsulat angegliederten Anlaufstelle für Schweizer Firmen im Ausland. Für einen erfolgreichen Markteintritt brauche es Multiplikatoren. Ein Jungunternehmen muss von Beginn an über die passenden Kontakte verfügen, ist Thiele-Klapproth überzeugt. Und der Swiss Business Hub könne als Vertreter der Schweiz die passenden zukünftigen Geschäftspartner einladen und an einen Tisch bringen.

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