Die Zukunft der kleinen Schweizer Firmen liegt in Asien, davon ist Google-Schweiz-Chef Patrick Warnking überzeugt. Zwei Drittel des weltweiten Mittelstandes werden 2030 dort leben, sagt Warnking bei der Präsentation des neuen Portals «Export Digital». Diese Plattform bietet Google ab jetzt gemeinsam mit dem Verband Switzerland Global Enterprise (SGE) an. Neben Schulungen finden Unternehmer dort auch ein spezielles Such-Tool, quasi eine Google-Suche für Firmen. Dort können KMU-Chefs prüfen, wie oft pro Monat in einem Land nach ihren Produkten gesucht würd.

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Der digitale Nachholbedarf von Schweizer KMU ist oft kritisiert worden. Einerseits haben 99 Prozent der Unternehmen bis zu 250 Mitarbeiter, diese erarbeiten gut zwei Drittel des BIP. Zugleich ist gerade einmal die Hälfte von ihnen bisher online aktiv. Eine aktuelle Umfrage der Commerzbank belegt aber den Willen zum Wandel: 55 Prozent der befragten Firmen sagten, die digitale Transformation sei ihr Top-Thema.

Digitalisierung für KMU sei unerlässlich, sagt SGE-Chef Daniel Küng. Er weist aber auch auf die Hürden hin, wenn kleine und mittlere Schweizer Firmen neue Exportmärkte erobern. Küng sagt: «Es braucht einen realistischen Businessplan, die richtigen Partner vor Ort und eine profunde Kenntnis der Landeskultur.»

Herr Warnking, ihr Kooperationspartner Daniel Küng sagt, bei einem Markteintritt gäbe es für KMU Stolpersteine, die nicht alle digital aus dem Weg geräumt werden können. Welchen Beitrag kann Google denn tatsächlich leisten?
Patrick Warnking*: Ein Markteintritt ist immer eine komplexe Herausforderung. Aber mit dem neuen Absatzmärkte-Check kann man in einer frühen Phase evaluieren, welche Märkte in Frage kommen, und das kostenlos.

In welchem Umfang muss ein KMU investieren, um sich digital gut aufzustellen?
Digitales Know-How ist essenziell. Zunächst sollten die Mitarbeiter der Firma einige Tage lang geschult werden. Es geht im ersten Schritt gar nicht darum, Geld zu investieren. Vielmehr ist wichtig, dass die Unternehmer Wissen aufbauen, damit sie beurteilen können, welche digitalen Kanäle Sinn machen. Dann können sie als KMU mit Test-Budgets anfangen, dafür reicht am Anfang ein Betrag zwischen 1000 und 10’000 Franken. Das Gute ist: Bei jeder Investition ins Digitale können die Initiatoren sofort sehen, ob diese Erfolg hat und die Kampagne entsprechend weiterführen oder stoppen.

Wie viel Zeit braucht eine Test-Kampagne?
Das ist ein Prozess von mindestens sechs Monaten. Das Unternehmen muss ja zuerst einmal die Internet-Präsenz in der jeweiligen Sprache vorbereiten. Dann erst kann man mit Tests beginnen und ausprobieren, für welche Begriffe – sprich für welche Produktangebote – es Nachfrage gibt und wo das Potenzial liegt.

Erfolg in der digitalen Welt ist selbst für Grosskonzerne oft eine Herausforderung. Ist ein solcher Schritt für KMU tatsächlich nebenher zu erledigen, mit der Schulung einiger Mitarbeiter oder lediglich mit einer Internetpräsenz?
Nein, nebenher geht das nicht. Es ist Chefsache, sich um dieses Thema zu kümmern, es aufzugleisen und es entsprechend zu priorisieren. Neue Märkte waren immer schon komplex und eine grosse Herausforderung. Digital können Sie aber schneller die Nachfrage analysieren und den Wettbewerb analysieren und ihren Erfolg testen, ohne dass Sie zwingend Büros mieten oder Mitarbeiter in dem jeweiligen Land ansiedeln müssen.

99 Prozent der Schweizer Firmen sind kleine und mittlere Unternehmen, bisher ist aber nur rund jedes zweite von ihnen digital präsent. Wächst diese Zahl, wächst auch die Zahl der potenziellen Anzeigenkunden für Google. Was erhoffen Sie sich an Werbeeinnahmen?
Natürlich möchten wir zusammen mit den Kunden wachsen. Aber wir haben bei dem Projekt kein Umsatzziel, das wir uns in den Plan schreiben. Der Schritt muss für die Kunden Sinn machen. Die Schweizer Exportwirtschaft steckt ja in einem schwierigen Jahr, und es ist möglich, dass das nächste Jahr nicht einfacher wird. Die Initiative mit der S-GE ist ein Beitrag zum wirtschaftlichen Schweizer Ökosystem. Wir hoffen, den Unternehmen zu helfen. Dafür müssen sie nicht direkt eine Investition bei uns tätigen.

Google Schweiz läutet ja selbst gerade eine neue Phase ein, mit dem geplanten Umzug in die Alte Sihlpost.
Ja, der Umzug wird 2016 mit einigen Mitarbeitern beginnen und dann in Etappen über einige Jahre weitergehen. Es dauert eben, bis in einem historischen Gebäude alles restauriert ist. Die Entscheidung für den Umzug ist aber ein klares Bekenntnis zum Standort Schweiz.

Aktuell arbeiten rund 1500 Mitarbeiter hierzulande für Google, der neue Standort bietet viel Platz. Wie gross wird Google Schweiz in fünf Jahren sein?
Das kann man heute nicht sagen. Aber wir sind jetzt seit elf Jahren in Zürich angesiedelt und kontinuierlich gewachsen. Wenn wir die passenden Talente finden, gehen wir davon aus, in ähnlichen Raten weiterzuwachsen.

Die Entwickler vor Ort haben sich bisher auf Google Maps, Youtube und die Google Suche konzentriert. Welche neuen Projekte sind geplant?
Google Maps, Youtube und die Suche sind die Schwerpunktbereiche, die wir weiter ausbauen wollen. Wir wollen die Tools in weiteren Märkten etablieren und etwa Google Maps um Transportfunktionalitäten erweitern, die Sprachsuche vorantreiben. Wir engagieren uns im Rahmen der Initiative «Digital Zurich 2025», kümmern uns neu auch um Start-ups und tun das umfangreicher als in der Vergangenheit. Der Bereich Export ist ebenfalls komplett neu, in dem wir uns mit dem Portal und Trainings künftig engagieren.

*Patrick Warnking ist seit 2011 Chef von Google Schweiz und damit zuständig für den Ausbau des grössten Forschungs- und Entwicklungsstandortes von Google ausserhalb der USA. Der Betriebswirtschaftler arbeitet seit 2007 für Google, zuvor war er bei SevenOne, dem Vermarkter der deutschen Mediengruppe ProSiebenSat1.