Zieht die UBS in Ausland? Fusioniert die letzte Schweizer Grossbank mit einer US-Institution? Die Gerüchteküche brodelt in den letzten Tagen und Wochen. Der Kampf zwischen UBS-CEO Sergio Ermotti (65) und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) geht am Dienstagvormittag in eine neue Runde.
Nachdem sich Keller-Sutter gegenüber Blick am Rande der Uno-Vollversammlung letzte Woche in New York geäussert hat, bricht jetzt Ermotti sein Schweigen. Seit seinem Auftritt bei «Bloomberg TV» Anfang September hat sich der UBS-Chef nicht mehr zum Streit mit KKS ums Eigenkapital geäussert – und liess die Gerüchteküche damit wohl bewusst weiterköcheln. Jetzt hat er die Medien an den Hauptsitz am Paradeplatz eingeladen.
Der Wegzug ins Ausland sei «nicht ein Thema, das wir initiiert haben», stellt Ermotti klar. «Das sind Spekulationen und Optionen. Wir haben damit nie gedroht. Mein Präsident und ich haben nie so etwas gesagt.»
Ermotti gibt aber auch zu: «Es gibt sicher Druck von den Aktionären. Die Unsicherheit hilft nicht, den Druck zu meistern. Bis jetzt haben wir geschafft, die Leute ruhig zu behalten». Die UBS ist nicht glücklich, dass die politischen Prozesse so lange dauern. Dies sorge für Unsicherheit, dabei wäre jetzt Klarheit wichtig.
«Wir können uns nicht selbst einladen»
Etwas mehr Klarheit könnte Keller-Sutter schaffen – eine Schlüsselfigur für die UBS. Mit der Bundespräsidentin scheint gerade Eiszeit zu herrschen. Auf die Handelszeitung-Frage antwortet Ermotti: «Ja, ich wäre bereit, Frau Keller-Sutter zu treffen.» Aber der UBS-CEO stellt klar: «Für einen Kompromiss müssen wir eingeladen werden. Heute sieht es nicht so aus. Wir können uns nicht selbst einladen.»
Für persönliche Gespräche sei man aber immer bereit. Bei den Wirtschaftskommissionen von National- und Ständerat sei man eingeladen, um die Position zu erklären. Ermotti greift zu deutlichen Worten: «Wir anerkennen die Besonderheit der Schweiz. Und wir sind offen für alles, was Sinn macht.» Was heute aber vorliege, sei «Blödsinn». Die UBS sei stabil und habe bei der CS-Rettung mitgeholfen. Das Ausland verstehe nicht, wie die Grossbank nun angefasst werde. «Sie fragen: Was ist los?»
UBS-Chef geht in den Angriff über
Ermotti und Keller-Sutter kommen sich aktuell nicht nur bei den beinharten Eigenkapitalvorschriften (bis zu 26 Milliarden mehr für die UBS!) ins Gehege. Auch bei der sogenannten Eigenmittelverordnung gibt es keine Einigkeit. Dieses Papier hatte die Bundespräsidentin schon im Juni präsentiert. Am Montag lief die Frist ab, während der sich Parteien, Firmen und Kantone äussern konnten. Und just einen Tag später ist Ermotti nun zum Angriff übergegangen. Denn am Medientermin will der UBS-Chef vorwiegend darüber sprechen.
Ein Punkt im Paket: Aktiven wie Software oder Steueransprüche sollen bezüglich Kapital strenger bewertet werden: Denn diese sind aus Sicht des Bundes in einer Krise nicht mehr viel wert.
Auch bei den AT1-Anleihen, die einer Bank in der Krise helfen sollen, gibt es Meinungsunterschiede. Die geplanten Regelungen seien zu stark auf den spezifischen Fall der Credit Suisse ausgerichtet, findet die UBS. Eine neue Krise komme aber nicht in der gleichen Form. Er wolle keine «Hexenjagd» gegenüber der Ex-CS betreiben, so der UBS-CEO. «Aber im 4. Quartal 2022 war ganz klar, dass die Kapitalerhöhung nicht mehr gross genug war. Deshalb hätte man schon damals die AT1 killen müssen.» Diese hätte der Bank 16 Milliarden Kapital gebracht.
«Die Vorschläge bestrafen die UBS unangemessen»
Ermotti schmecken diese Berner Regeln nicht. Sie seien im Vergleich mit dem Ausland zu streng und brächten der Schweizer Grossbank international Nachteile. Die UBS wolle eine «vernünftige Lösung finden, die uns erlaubt, weiterhin aus der Schweiz in einer wettbewerbsfähigen Position zu handeln».
«Die Vorschläge bestrafen die UBS unangemessen», sagt Ermotti am Dienstagvormittag. Bei der UBS fühlt man sich unfair behandelt, gerade mit Blick auf die CS-Rettung. Die UBS sei 2023 in der Lage gewesen, «glaubwürdig einzuschreiten und die Credit Suisse zu retten. Damit hat die UBS im März 2023 zur Stabilität des Schweizer und globalen Finanzsystems beigetragen.»
Ist der Bund für einen Kompromiss oder für weniger strenge Regeln zu haben? «Wenn ich schaue, was am Freitag gekommen ist, scheint es nicht in diese Richtung zu gehen», sagt Ermotti mit Blick auf Keller-Sutter, die am Freitag erst neue Regeln zum Eigenkapital präsentiert hatte. Allerdings kommt das Paket noch ins Parlament. Vielleicht ändere sich die Stimmung nach der ersten Aufruhr nach dem CS-Ende noch. «Mal schauen, wohin die politischen Prozesse gehen», so Ermotti.
Angriff auf die Finanzmarktaufsicht
Die Bank greift die Finanzmarktaufsicht und die Nationalbank an. Mit ihnen sei bezüglich der Bankenkapitalisierung «ein ergebnisoffener, transparenter Dialog unmöglich» gewesen. Die Aufsichtsbehörde Finma verhalte sich wie ein Regulator, das sei aber nicht ihre Aufgabe, so Ermotti.
Schützenhilfe erhält Ermotti vom Zürcher Regierungsrat. Dieser hält wenig von Keller-Sutters Plänen, wie eine Stellungnahme aus Zürich zeigt. «Wir beantragen einen Marschhalt, um die Regulierung des Finanzmarkts insgesamt zu überdenken», schreibt der Zürcher Regierungsrat. Keller-Sutters Regulierung gefährde den Schweizer Bankenplatz. Es brauche jetzt unbedingt einen Vergleich mit dem Ausland, bevor reguliert werde.