Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Beschuss der mittelalterlichen Burgmauer von Dubrovnik durch Truppen aus Serbien und Montenegro ertönt Kampfgetöse innerhalb der sagenumwobenen Gemäuer. Doch diesmal ist das begrüßenswert.

Die rotbedachte Stadt an der Südküste von Kroatien zieht als Drehort für «Game of Thrones» von HBO einen Pilgerstrom der Fans an, wie Bloomberg Markets in der Mai-Ausgabe berichtet. Die Erfolgsserie, die auf der Fantasy-Saga «Das Lied von Eis und Feuer» (im Englischen «A Song of Ice and Fire») von George R.R. Martin basiert, hat mit dem kompliziert gesponnenen Handlungsfaden, machtbesessenen Charakteren und unentgeltlichen Nacktszenen zahlreiche Anhänger gewonnen. Die fünfte Staffel, die auch in Spanien und Nordirland gedreht wurde, feiert am 12. April in 170 Ländern Premiere.

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Wie «Lord of the Rings» in Neuseeland

In und um Dubrovnik wurden die Szenen von King’s Landing alias Königsmund gedreht, einer Stadt voll von machiavellistischen Lennisters auf dem fiktiven Kontinent Westeros. Die Produktion schaffte Tausende Arbeitsplätze für Statisten, Zuarbeiter und Geschäfte, die von dem zunehmenden Tourismus profitieren. «Ich hoffe, dass sich ’Game of Thrones’ auf Dubrovnik genauso auswirken wird wie die ’Lord of the Rings’-Filme auf Neuseeland», sagt Bürgermeister Andro Vlahusic.

Das wäre sowohl für Kroatien als auch für seine Investoren ein Segen. Das Land mit seinen 4,2 Millionen Einwohnern war 2013 der Europäischen Union beigetreten – in der Hoffnung auf einen höheren Lebensstandard, der 61 Prozent unter dem Durchschnitt in der Union liegt. Doch dafür braucht Kroatien, das in der Bloomberg-Jahresrangliste der aussichtsreichsten Grenzmärkte den 11. Platz belegt, so viel Hilfe wie möglich.

Die kroatische Wirtschaft ist im Zuge einer seit 2009 andauernden Rezession um zwölf Prozent eingebrochen, was die drittschlimmste Konjunkturschrumpfung in der EU hinter Griechenland und Zypern darstellt. Die Staatsanleihen des Lands profitierten zwar von einer europaweiten Bond-Rally, die Rendite der fünfjährigen Papiere liegt aber noch immer bei etwa drei Prozent. Das ist das dritthöchste Niveau in der EU – wieder nach Zypern und Griechenland.

Show bringt zehn Millionen im Jahr

Der Tourismus spielt für die kroatischen Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Mit der dritthöchsten Pro-Kopf-Zahl an Auslandsbesuchern in der EU trägt der Fremdenverkehr etwa ein Sechstel zur Wirtschaftsleistung bei. Ankünfte von Touristen aus dem Ausland sind im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf etwa 13 Millionen gestiegen.

In Dubrovnik und an anderen Drehorten für «Game of Thrones» wie in Split und Sibenik – wo Ruinen aus der römischen Epoche die dalmatinische Küste übersähen – hat die Serie positive Veränderungen bewirkt. Bürgermeister Vlahusic zufolge steigert die Show die die touristischen Einnahmen von Dubrovnik um fast 10 Millionen Euro pro Jahr.

«Der Tourismus in Dubrovnik hat in den letzten Jahren eine Wachstumsrate von jährlich zehn Prozent aufgewiesen», sagt Vlahusic. «Meiner Meinung nach ist ’Game of Thrones’ für etwa die Hälfte des Zuwachses verantwortlich.»

Ansehen des Landes verbessern

Doch Vlahusic und seine Landleute hoffen auf mehr. Sie setzen auf die Begeisterung, die die Fernsehserie schürt, um auch das internationale Ansehen des Landes zu verbessern. Das scheint erste Früchte zu tragen: während die Produzenten von «Game of Thrones» nur etwa 14 Millionen Dollar für die Dreharbeiten in Kroatien ausgaben, hat Dubrovnik bereits andere Filmprojekte angelockt – ganz zu schweigen von dem geplanten «Game of Thrones»-Freizeitpark.


Da sich die kroatische Landeswährung Kuna in diesem Jahr bis zum 20. März um zehn Prozent gegenüber dem Dollar abgeschwächt hat, können Touristen aus dem Ausland durchaus Schnäppchen machen. Besucher können eine dreistündigen Tour durch die Altstadt von Dubrovnik zu den Drehorten von Königsmund buchen und dabei auch den Ort der Schlacht von Schwarzwasser sehen. Unternehmungslustige Touristen könnten auch dem verlassenden Hotel Belvedere einen Besuch abstatten, wo der Kampf zwischen «Der Berg» und «Die rote Viper von Dorne» gefilmt wurde.

Statistenrollen für Anwohner

Kroaten mit einer Statistenrolle in dem Film hatten jedenfalls Freude an der Sache und schöpften Hoffnung, dass das Land aus der Rezession kommen wird, sagt Gina Pecotic, die in dem Epos sowohl eine Rolle als Bäuerin als auch als Adelige ergattern konnte.

«Als sie mich zur Kostümprobe anforderten, habe ich meinen Job gekündigt und mir gesagt: ’Mädchen, jetzt ist die Zeit gekommen, Spaß zu haben», erinnert sie sich. «Die Serie hat die Lebensgeister Dubrovniks geweckt, und es ist ein Riesenspaß und ein Privileg daran teilzuhaben.»

(bloomberg/me/gku)