In der Schweiz ist die Wertschöpfung im Gesundheits- und Sozialwesen real (zu Preisen von 2000) von 19,3 Mrd Fr. (1990) auf 23,7 Mrd Fr. (2001) angestiegen. Dieser Wirtschaftszweig wuchs schneller als die gesamte Wertschöpfung und erhöhte den Anteil am BIP zu laufenden Preisen im gleichen Zeitraum von 4,8% auf 5,7%. Das Gesundheitswesen ist traditionell ein Sektor, in dem personal-intensiv produziert wird. Es gibt einen zusätzlichen, eher technischen Grund, warum eine erhöhte Beschäftigung hier die gemessene Produktivität absenkt. Obwohl Spitäler als Marktproduzenten gelten, weil sie mehr als 50% ihrer Produktionskosten durch Umsätze decken, erfolgt die Bewertung ihrer Produktionsleistungen zu Herstellungskosten, da keine Marktpreise für Spitalleistungen beobachtbar sind. Im Unterschied dazu wird die Produktionsleistung der übrigen Marktproduzenten zu Marktpreisen bewertet welche eine Gewinnkomponente enthalten. Wenn eine Arbeitskraft, die beispielsweise in einer gewinnerzielenden Arztpraxis oder in einem anderen marktproduzierenden Sektor arbeitet, in ein Spital überwechselt, geht die Gewinnkomponente bei der Bewertung ihrer Produktionsleistung gewissermassen verloren. Die Produktivität dieser Arbeitskraft wird daher als geringer ausgewiesen, selbst wenn sie genau dieselbe Arbeit verrichtet wie vorher.

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Verstärkte Alterung in der demografischen Entwicklung

Dass es sich beim Gesundheitswesen um einen Wachstumssektor handelt, hängt mit sich wandelnden Konsumbedürfnissen zusammen, die einerseits durch die demografische Entwicklung bedingt sind, andererseits aber auch durch eine verstärkte Nachfrage hin zu Wellness- und Fitnessangeboten usw. In der öffentlichen Diskussion der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen wird dieser durch einen Wandel der gesellschaftlichen und individuellen Präferenzen hervorgerufene Nachfrageanstieg seltsamerweise meist ausgeblendet. Dies kommt schon in der Wortwahl «Gesundheitskosten» zum Ausdruck, wobei der Begriff «Kosten» einen Anklang des Unerwünschten hat. Wenn die Bürgerinnen und Bürger aus eigenem Entschluss mehr für Gesundheitsgüter und -dienstleistungen ausgeben möchten, muss darin nicht zwangsläufig ein Problem gesehen werden. So ist zwar der jährliche Anstieg der Gesundheitsausgaben mit 5,9% im (geometrischen) Mittel der Jahre 19802000 sehr hoch gewesen; jedoch sind auch die Ausgaben beispielsweise für Auslandstourismus um 4,4% pro Jahr gestiegen, ohne dass dies je beklagt würde und dies, obwohl diesen Ausgaben überhaupt keine Wertschöpfung im Inland gegenübersteht.

Verbesserte Gesundheit der Bevölkerung

Darüber hinaus zeichnen sich Gesundheitsdienstleistungen durch positive externe Effekte aus: Die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung wirkt positiv auf die Humankapitalbildung und somit letztlich auf das Wirtschaftswachstum. In einer Gesellschaft wie der Schweiz, in der aus demografischen Gründen mit einem Rückgang des Arbeitskräftepotenzials zu rechnen ist, gewinnt ein Zuwachs an gesunden (und damit arbeitsfähigen) Lebensjahren an Bedeutung. Zudem stellt eine wachsende Zahl rüstiger und gesunder älterer Bürger/innen, welche ausserhalb des Erwerbslebens stehen, auch einen ökonomisch interessanten Faktor für Branchen wie zum Beispiel die Tourismusindustrie dar.

«Empirische Analyse des Gesundheitssystems Schweiz» von Yngve Abrahamsen, Jochen Hartwig, Bernd Schips, vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich; 128 Seiten, broschiert, 38 Fr. Direkt über die «HandelsZeitung» zu bestellen: Fax 01 288 35 77 oder buecher@handelszeitung.ch