Das neue Akropolis-Museum setzt in Athen architektonisch einen besonderen Akzent. Die moderne Konstruktion aus Beton, Glas und Stahl ist bereits vor der Eröffnung des monumentalen Baus zur Pilgerstätte für Architekturliebhaber aus aller Welt geworden. Ein Augenschein in den hohen, lichtdurchfluteten Hallen, wo Spezialisten mit der Installation von rund 300 Statuten und Friesteilen sowie etwa 4000 kleineren Gegenständen aus der klassischen Antike begonnen haben, gibt eine Vorahnung, wie sich das neue Museum beim Start ab September 2008 präsentieren wird. «Wir möchten die Originale nicht belasten», sagt Professor Dimitri Pantermalis, Spiritus rector und Chef des New Acropolis Museum, beim Rundgang durch den Rohbau. Deshalb werden zunächst Kopien von den wertvollen Stücken des Parthenon-Tempels aufgebaut, um danach die Originale anzubringen.

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Kulturdiplomatie mit England

Der markante Neubau am Fusse des Akropolis-Hügels hat auch eine politische Dimension. Bereits seit Jahrzehnten bemüht sich Griechenland, jene kunsthistorischen Schätze aus der Antike wieder an den Ursprungsort zu bringen, die im Gefolge von späteren kriegerischen Wirren und Besetzungen ins Ausland gewandert sind. Premierminister Kostas Karamanlis hat bei einem kürzlichen Besuch des neuen Akropolis-Museums speziell die Rückgabe der Parthenon-Skulpturen aus dem British Museum in London gefordert. «Mit dem Bau und der Inbetriebnahme des neuen Museums wird auch das letzte Argument derer hinfällig, die unsere gerechtfertigte Forderung bisher ablehnten». Die Zeit, so Karamanlis, sei «reif für die Rückkehr der Skulpturen an jenen Ort, an den sie gehören».

Mit dem Premierminister hofft auch Archäologe Pantermalis, dass mit dem neuen Museum die Chancen steigen, die fehlenden Parthenon-Friesteile («Elgin Marbles») zurückzubekommen. Schon in vergangenen Dezember hat der spektakuläre Umzug mit antiken Gegenständen begonnen, die für 400 Mio Euro versichert sind. Allein die Zügelkosten belaufen sich gemäss dem Athener Kulturministerium auf über 2,5 Mio Euro. Mit einem Spezial-Container haben zwei Kräne die tonnenschweren Kunstwerke zum neuen Museum transportiert. Dazu gehört die Karyatide, eine von insgesamt sechs weiblichen Säulenskulpturen, die das Dach der Korenhalle am Erechtheion-Tempel auf der Apropolis trugen. Die sechste Statue befindet sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts im Britischen Museum in London. Der damalige britische Botschafter in Istanbul, Lord Elgin, hatte die am besten erhaltenen Teile des Parthenon-Fries und eine Karyatide demontieren und nach England überführen lassen. Griechenland fordert seit über einem Vierteljahrhundert ihre Rückgabe.

«Wir wollten alle wichtigen Funde rund um die Akropolis unter einem Dach haben», umschreibt Professor Patermalis den Zweck des neuen Museums. Es ersetzt auf einer Fläche von 25000 m2 das kleinere Museum auf dem Hügel mit einer Ausdehnung von lediglich 1400 m2. In den neuen Ausstellungshallen will der Experte für Antikkunst den Fries mit einer Länge von 120 m nachbauen. «Die fehlenden Teile aus London ersetzen wir vorläufig durch Kopien.» Patermalis setzt darauf, dass das Problem später dank einer engen Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Britischen Museums auf freundschaftliche Weise zu lösen ist.

Anfang dieses Jahrzehnts wurde ein Architektur-Wettbewerb für die Gestaltung des neuen Akropolis-Museums ausgeschrieben. Dabei musste eine bestehende Grabung mit urbanen Bauten aus der Zeit zwischen dem 5. Jahrhundert v. Chr. und dem 7. Jahrhundert n. Chr. für die Besucher miteinbezogen werden. In erster Linie aber galt es, eine optische Verbindung mit dem Parthenon auf der Akropolis herzustellen. Der gebürtige Lausanner Architekt Bernard Tschumi ging 2002 als Sieger des internationalen Wettbewerbs hervor (siehe Kasten). Ausgehend von seinem erfolgreichen Projekt sorgen heute Glaswände für einen ungehinderten Blick der Museumsbesucher auf die Akropolis.

Zusätzlicher Ansturm

Tourismusexperten rechnen mit einem zusätzlichen Ansturm von antiken Kunstliebhabern. In der jüngsten Vergangenheit haben jährlich rund 1,5 Mio Leute die Akropolis besucht, und diese Zahl soll mit dem neuen Museum auf deutlich über 2 Mio steigen. Professor Patermalis stuft den modernen Bau im Athener Stadtteil Marygianni als gelungenes Beispiel für eine Architektur ein, die antike Elemente mit einer zeitgenössischen Hülle verbindet.